Samstag, 20. April 2024
Home > Wirtschaft > Unternehmerfreude über zerstörende Prüfung

Unternehmerfreude über zerstörende Prüfung

Zerstörende Prüfung: Fischbauch-Verbundlamellen-Träger

Diplomingenieur Hans-Jürgen Fröde aus Pankow hat den Bogen raus: er entwirft moderne Bogendachkonstruktionen, und nutzt dazu eine innovative Holzbautechnik. Realisiert werden die Konstruktionen mit der „biogenen Faserverbundlamelle“ – kurz „Arkus BioLamelle“ genannt.

Zerstörende Prüfung: Fischbauch-Verbundlamellen-Träger
Zerstörende Prüfung: Fischbauch-Verbundlamellen-Träger im Plattendrucktest

Die Lamellen bestehen aus dünnen geschichteten Holzscheiben, die übereinander „gestapelt“ und dabei zusätzlich mit Glasfasern verstärkt werden. Die Tragfähigkeit wird damit enorm verstärkt.

Stabile und leichte Bogenkonstruktionen

Als Bogen und als Dachtragwerk eingesetzt, bieten die ´“biogenen Faserverbundlamellen“ viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Balkenkonstruktionen von Flach- oder Steildächern. Dächer mit der neuen Konstruktion sind sehr filigran und belastungsfähig und fügen sich mit gebogenen Formen harmonisch in die Landschaft ein.

Verändert ist auch der Raumeindruck im Innenraum: die übereinander gekreuzten Bretter vermitteln einen angenehmen optischen Eindruck und eine fast sakrale Wirkung.

Fröde formuliert die konstruktiven Vorteile seiner Erfindung in einem Satz:

„Werden diese Faserverbundlamellen anstelle von massiven Holzleim-Bindern aus Vollholz eingesetzt, so ermöglichen die gebogenen Faserverbundlamellen erheblich größere Lasten, im Verhältnis zum eingesetzten Holz, im Gewicht und in der möglichen Spannweite.“

Erfindung nach langer Vorarbeit

Fröde ist schon lange im Geschäft mit Holzbauten aktiv, hat große Sporthallen, Reithallen und viele andere Bauten nach seinen Ideen und Bauprinzipien realisieren können. Doch Fröde ist nicht einfach nur Bauingenieur, sondern auch Tüftler, Praktiker und zugleich umweltbewußt – auf der Suche nach nachhaltigen Konzepten im Holzbau.

Schon als Kind umwehte ihn der Geruch des Waldes und frisch geschlagenen Holzes. Sein Großvater war Forstarbeiter im Domstift Meisen/Bautzen und nahm den Jungen oft mit in den Wald. Eine besondere Beziehung und Leidenschaft zum Holz bestimmte auch die Berufswahl. Mit einer abgeschlossenen Tischlerlehre bei einem alten Zunftmeister und einem Bauingenieurstudium wurde der Grundstein für einen kreativen und konstruktiven Umgang mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz gelegt.

Fröde lebt und arbeitet seit 1984 in Pankow, er engagiert sich nebenbei als Sänger im Kammerchor Friedrichstadt – und genießt auch gern die Ruhe in der freien Natur als Angler und Bergwanderer.

Diplomingenieur Hans-Jürgen Fröde, Arkus AG
Diplomingenieur Hans-Jürgen Fröde, Arkus AG

Faszination Bögendach

Fasziniert haben ihn schon immer gebogene Dachkonstruktionen, die man früher wegen mangelnder Leistungsfähigkeit von Computern nur sehr schwer berechnen konnte. Doch dieses Hindernis ist längst überwunden – und neue Bauweisen werden möglich, und vor allem auch „bezahlbar“.

Grundlage eines Bogendaches waren bisher übereinander gestapelte Bretter die miteinander verschraubt oder vernagelt werden. Diese Bretter jedoch in einer Stapelbauweise zu verwenden ist neu, einfach und genial zugleich.

Der natürliche Rohstoff Holz wird bei dieser Einfachtechnologie in seiner ursprünglichsten Form genutzt. Holz kann außerdem viel besser genutzt werden: dünne Bretter erlauben eine bessere Ausnutzung des rohen Stammholzes, im Sägewerk können rund 20% mehr „Konstruktionsholz“ gewonnen werden. Das ist ein außerordentlicher Vorteil in der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der Holznutzung, der weltweit sehr gefagt sein wird.

Bessere konstruktive Belastbarkeit als Ziel

Außergewöhnliche konstruktive Ergebnisse werden auch rechnerisch nachgewiesen und erreicht:

Werden die Brettstapel in eine Bogenform gebracht, wird eine enorme Spannkraft erzeugt, die auch Dachlasten tragen kann. Ähnlich wie bei einem Jagdbogen wird diese Spannkraft herkömmlich durch eine äußere Kraft, etwa durch ein Spannseil gehalten. Bei einem Fischbauch-Verbundlamellen-Träger übernimmt ein Zuganker am unteren Bogen diese Aufgabe.

Die „ARKUS Biolamelle“ wurde als neues Bauteil entwickelt und kann mit und ohne Glasfaserverstärkung eingesetzt werden. Ein wichtiger Vorteil: die Bogenform bleibt formstabil erhalten. Weiterhin bietet sie rechnerisch wesentlich höhere Traglasten und weist eine enorme Festigkeit auf.

Für den Holzbau ergeben sich damit ganz neue, und konstruktiv schlanke und elegante Gestaltungsmöglichkeiten. Ob Carports, Einfamilienhäuser, Hostels und Gästehäuser oder große Hallenkonstruktionen – es werden neue Dimensionen des nachhaltigen, waldschonenden Holzbaus möglich.

Aufschluß über die tatsächliche Belastbarkeit mußte jedoch eine „bis zur Zerstörung des Bauteils“ führende Belastungsprüfung geben.

Fischbauch-Verbundlamellen-Träger im Plattendrucktest
Fischbauch-Verbundlamellen-Träger im Plattendrucktest

Forschungszusammenarbeit mit der TU-Berlin

Der Plattendruckversuch im Prüffeld der TU-Berlin in der Peter-Behrens-Halle wurde mit großer Spannung erwartet. Eine neuartige Lamellenkonstruktion als Fischbauchträger mit glasfaserverstärkten Zuganker, glasfaserverstärkten Beschlagteilen und glasfaserverstärkten Lamellen wurde einem „zerstörenden Lastversuch“ ausgesetzt.

Der Bruchlastversuch als Großversuch ist der zugleich Höhepunkt eines zweieinhalbjährigen ZIM-Forschungsprojektes (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand), das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als Kooperationsprojekt gefördert wurde. Die Teilnahme am Pankower Innovationstag bei der AiF-GmbH in Niederschönhausen hat sich für Fröde auch ausgezahlt, denn die ersten wichtigen Kontakte zur Innovationsförderung sind hier auch entstanden.

Eine Gesprächsrunde des Bundestagsabgeordneten Klaus Mindrup (SPD) zum letzten Innovationstag 2014 brachte auch die neue Kooperation mit TU-Professor Volker Schmid und dem Fachgebiet „Entwerfen und Konstruieren – Verbundstrukturen“ zusammen.

Spannender Belastungstest im TU-Prüffeld

Der Belastungstest war sorgfältig vorbereitet worden. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Faschgebietes „Entwerfen und Konstruieren – Verbundstrukturen“ Instituts für Bauingenieurwesen hatten das zu prüfende Bauteil genau positioniert und gegen ein seitliches Ausscheren oder Wegknicken gesichert.

Die einwirkenden Kräfte waren so groß, dass zu prüfende Doppelbogen-Lamelle mit 10 m Spannweite durch seitliche Stützen in Position gehalten werden mußte. Dies entspricht aber immer auch genau den Bedingungen eines Holzbaus. Das tragende Bauteil soll möglichst nur lotrechte Lasten tragen und aufnehmen können.

In diesem Fall waren 3 Tonnen potentielle Dachlast berechnet, wobei die Statiker noch die zweifache Last als Sicherheit obenauf nach geltenden Baunormen anfordern. Demnach sollte das Bauteil bis zu 6,0 Tonnen Last tragen können, ohne zu versagen.

Die Hydraulikzylinder der Plattendruck-Biegemaschine summten infernalisch laut, die Spannung der Zuschauer und Mitarbeiter des Prüfelds und der beteiligten Professoren und Kooperationspartner stieg.

Die Last nahm quälend langsam zu. Die Doppelbogen-Lamelle begann sich unter Druck zu verformen, zu verbiegen. Nach über einer Stunde waren schon über 9 Tonnen Tragfähigkeit erreicht, das Bauteil stand erst unter dieser Last kurz vor der Versagensgrenze.

Zerstörende Prüfung erfolgreich!
Das Tragwerk des Fischbauch-Verbundlamellen-Trägers nach dem Plattendrucktest

Dann knackte es, eine auf Druck ausgelegte Verbindung wurde durch die Biegung des oberen Balkens plötzlich auf Zug beansprucht, ein Bolzen wurde herausgezogen, mehrere Lamellen brachen nun – der Versuch war zu Ende.

TU-Professor Volker Schmid und die wissenschaftlichen Mitarbeiter, Stephan Arndt und Kolya Dietzel vom Prüffeld freuten sich, die „zerstörende Prüfung“ war erfolgreich verlaufen.

Auch Diplomingenieur Hans-Jürgen Fröde war als Unternehmer über die Zerstörung hoch erfreut: die Stabilität der ARKUS Lamelle hat nicht nur die Berechnungen, sondern auch alle Erwartungen übertroffen.

Das Ergebnis, eine über dreifache Bruchlasterhöhung durch den neuen Hybridholzträger! Damit wird eine spannende und zugleich zukunftsweisende Innovation auf dem Gebiet des Holzbaus genehmigungsfähig!

Unternehmerfreude über eine „zerstörende Prüfung“, Freude über das Bruchverhalten bei den Ingenieuren und Technikern – rund 1 Million € Forschungsgelder wurden erfolgreich für das Projekt ausgegeben. Eine Forschungsinvestition hat sich nun bewährt, und kann künftig wirtschaftlich genutzt werden.

Weltweit große Nachfrage nach innovationen Holzbautechnologien

Holz als nachwachsender Rohstoff ist umweltfreundlich, hoch belastbar und bei richtiger Verwendung langlebig und vielseitig einsetzbar. Die Nachfrage nach den innovativen und holzsparenden Holzbautechnologien und Projekten ist schon jetzt sehr groß.

Die neue Bauweise hilft Holzressourcen zu schonen, und die Wertschöpfung integrierter Waldbewirtschaftungsprojekte enorm verbessern. Fröde sucht auch schon nach neuen Produktions-Standorten und führt Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern und Lizenznehmern.

Nicht nur in Baustatik und Konstruktion hat Fröde investiert, auch in sein Unternehmen: als Aktiengesellschaft ist die „Arkus International AG“ ein hoch innovativer Lichtblick für Anleger im Markt der „noch“ nicht börsenotierten Aktiengesellschaften.

ARKUS AG: Carport mit Bogendach
ARKUS AG: Carport mit Bogendach – Selbstbausatz

Die neue Bauweise erlaubt noch viele weitere Ideen und Entwicklungen. Nach einer Messepräsentation in Dresden ist ein neu entwickelter Car-Port mit Bogendach ein weiterer Renner, der sogar als Selbstbausatz angeboten wird.

Als Doppel- oder Einfach-Carport mit den faserverstärkten V-Stützen zeigt der Carport filigrane Designqualitäten, der auch mit Dachbegrünung oder Solardach zu bekommen ist.

Weitere Informationen:

Arkus International AG | Kreuzstr. 4 | 13187 Berlin Pankow | www.arkus.de

TU – Berlin Fakultät IV Planen Bauen Umwelt
Institut für BauingenieurwesenEntwerfen und Konstruieren – Verbundstrukturen – Link

Terminvorschau:
22. Innovationstag Mittelstand des BMWI am 11. Juni 2015
AiF Projekt GmbH in Berlin-Pankow – Link

m/s