Mitte Oktober 2012 veröffentlichte die Künstlerinitiative aus dem Atelierhaus in der Prenzlauer Promenade 149-152 in Pankow einen dramatischen Appell, um den Verkauf des Gebäudes durch den Liegenschaftsfonds des Landes Berlin zu verhindern. Die Initiative zur Rettung der rund 70 Ateliers fand auch schnell politisches Gehör. Die BVV-Pankow hat sich noch im November 2012 mehrheitlich für den Erhalt des Gebäudes ausgesprochen. Ein tragfähiges Zukunfstkonzeot soll bis zum Frühjahr 2013 erarbeitet werden.
Nach dem Verlust von über 700 Ateliers in den letzten Jahren in ganz Berlin, hätte der schlagartige Verlust von 70 Ateliers ganz erheblich zu Buche geschlagen.
Die Künstlerinitiative fand viele Unterstützer, denn das Gebäude der ehemaligen „Akademie der Wissenschaften der DDR“ ist eines der größten Atelierhäuser in Pankow. Leonie Baumann, Rektorin Kunsthochschule Weißensee, Herbert Mondry, Vorsitzender des bbk berlin und Vertreter anderer Künstlerinitiativen forderten den Erhalt des Gebäudes für die Kunst – und dessen Einbindung in die neue Liegensschaftspolitik, die vom Rat der Künste und vielen anderen Kulturinitiativen unterstützt wird.
Das ca. 20.000 m² große Grundstück wurde von der Berliner Wissenschaftsverwaltung nach der Aufgabe der Büros verschiedener Institute der Humboldt-Universität (Akademie der Wissenschaften der DDR) in den Liegenschaftsfonds übertragen.
Auf Initiative des Bezirks Pankow und der Kunsthochschule Weissensee nahm der Liegenschaftsfonds Zwischennutzungen im Gebäude auf. Aktuell sind 50-60 Bildende Künstlerinnen und Künstler und ca. 20 Kleingewerbetreibende auf der Basis von unbefristeten, mit gesetzlicher Kündigungsfrist kündbaren Gewerbemietverträgen angesiedelt.
Die Mieten liegen zwischen 2,50 € und 6,90 € warm /m² mtl. Aktuell werden Räume für 6,90 €/m² mtl. warm auf Anfrage vermietet.
Ein bereits 2007 durchgeführtes Bieterverfahren wurde ohne ein Ergebnis eingestellt. Der Liegenschaftsfonds beabsichtigte 2012, ein erneutes Verfahren durchführen. Eine zu Letzt stattgefundende Steuerungsrunde hatte dies aber abgelehnt, weil zuerst die Zuordnung an eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft geprüft werden sollte.
Vor dem Hintergrund der drängenden wohnungspolitischen Lage ist die Schaffung von kostengünstgen Wohnraum ein politisch ebenso vordringliches Ziel, das in Konkurenz zu den Interessen der Künstler steht.
Tatsächlich gibt es auch Interessenten wie die „GPU Gesellschaft für Immobilien- Projektentwicklung und Unternehmensberatung mbH aus Dernbach, deren Geschäftsführer Lamkomski und Ulrich eine Art „Wohnungsaldi“ gründen wollen, um hier den dringenden Bedarf an (vom Jobcenter) bezahlbarem Wohnraum decken wollten.
Der Gebäudezustand
Der Stahlbetonskelettbau hat eine vorgehängte Fassade, die sanierungsbedürfig ist. Der Raum umfasst zusammen mit dem Keller 7 Geschosse. Das Haus hat 5 Eingänge und zugehörige Treppenaufgänge. Die vorhandenennAufzüge sind teilweise stillgelegt, um Kosten zu sparen – sind aber technisch betreibsbereit.
Zusammen mit dem Keller hat das Gebäude ca. 15.000 m² Nutzfläche. Die vorhanden Raumaufteilung umfasst viele Dutzende Büroräume zwischen 20 und 250 m² (Raumhöhe ca. 3 Meter). Dazu gibt es mehrere Säle im Hochparterre, ehemalige Kantinenräume, Bibliotheks- und Vortragssäle (ca. 3,60 Meter).
Die Räume verfügen über Normtüren 220x90cm und große Fensterflächen. Zwischen den Fenstern befinden sich Blechfassadenelemente, hinter denen sich Kondenswasser bildet, das herunterläuft und die Brüstungen teilweise zersetzt hat.
Die Sanitär- und Elektroinstallationen sind in brauchbarem Zustand. Die Zentral-Fernwärmeheizung funktioniert und verursacht Heizkosten in marktüblicher Höhe. Die Fenster sind überwiegend gang- und schliessbar, teilweise undicht.
Der Nordflügel weist Versatzrisse auf und ist sicherheitshalber stillgelegt. Nötige Sanierungsmaßnahmen: Ersetzen der Blech-Fassadenelemente durch dämmende Materialien, Dachreparaturen, Sanierung der Brüstungen. Eine Kostenschätzung wäre durchzuführen. Die Baukosten werden sich nach aller Erfahrung in einem für eine Weiternutzung des Gebäudes vertretbaren Rahmen halten.
Der Liegenschaftsfond des Landes Berlin verwaltet treuhänderisch das Gebäude, und möchte es natürlich gemäß seiner Hauptaufgabe schnellsmöglich veräußern und damit die defizitäre Stadtkasse füllen.
Doch das Gebäude der ehemaligen Akademie der Wissenschaften an der Prenzlauer Promenade 149-152, ist seit über 5 Jahren ein Ort der Kunst. Über 70 Künstler arbeiten hier und haben sich gut eingelebt. In den 5 Jahrenn treuhänderischer Vverwaltung sind rund 3.000 Quadratmeter Räume als Ateliers und Gewerbe vermietet worden. Weitere ca. 3.000 Quadratmeter stehen noch leer und werden zur Sicherung des Gebäudes beheizt.
Das Atelierbüros des BBK (Kulturwerk des Berufsverbandes Bildender Künstler e.V.) berät die Vertreterinnen der Künstlerinnen und Künstler, um das Vorhaben der künstlerische Nutzung umzusetzen.
Der bbk Berlin hat sich per Brief an André Schmitz, Staatssekretär für Kultur, gewandt und möchte ein mindestens 2-jähriges Verkaufsmoratorium durchsetzen, um die Entwicklung zu einem Kunst- und Kulturzentrum untersuchen zu können.
Der bbk Berlin beruft sich dabei auch auf die neue Liegenschaftspolitik, die von der SPD/CDU-Koalition um Berliner Senat beschlossen wurden (Richtlinien der Berliner Landespolitik 2011-2016). Demnach soll der Bedarf an Ateliers vorwiegend auch auf landeseigenen Grundstücke gedeckt werden.
Der Senat wird aufgerufen, die „internationale Bedeutung Berlins als europäische Kulturmetropole und bevorzugter Produktionsstandort von Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt weiter auszubauen“. Das vielfältige Angebot mit der für Berlin typischen Mischung aus etablierter Kultur und neuen, experimentellen Kunstformen der Freien Szene soll so erhalten und entwickelt werden.
Inzwischen hat beim Liegenschaftsfond ein Umdenken eingesetzt – und der Aufsichtsrat hat sich mit dem Atelierhaus eingehend befasst. Am 24. Januar 2013 fand eine Begehung zusammen mit Mitgliedern des Aufsichtsrats des Liegensschaftsfonds und Kulturstaatssekretär Schmitz und Vertretern der Künstlerinnen und Künstler statt. Dabei zeichnete sich ab, das man eine Erhaltung der kulturellen Nutzung ins Auge fassen wird. Der Liegenschaftsfond muss sich noch auf die neue Zielsetzung einstellen und ein neues Konzept für die Nutzung erarbeiten und dies voraussichtlich erst im Frühjahr vorlegen.
Die Vertreter der Künstlerinnen und Künstler stehen auch mit dem Kulturamt Pankow in Verbindung und wollen Konzepte für eine künftige Nutzung als Atelierhaus und Kulturort erarbeiten.
Gleichwohl muß für dieses Gebäude und das zugehörige Grundstück eine wirtschaftlich nachhaltige Nutzung gefunden werden, die auch den kommunalen Infrastrukturbedarf, Wohnungsbedarf und den kulturellen Bedarf berücksichtigt.
Ausblick
Grundstück und Gebäude bieten noch Flächen-Reserven, die dafür sprechen, ein „Konzeptverfahren“ für das Gesamtobjekt anzustreben – das eine künstlerische und kulturelle Nutzung ermöglicht und gleichzeitig auch erkennbaren Bedarf im Bezirk Pankow deckt.
Preiswerte Wohnungen für Künstler und auch Gastwohnungen für „Artists in Residence“ wären wegen der Nähe zur Kunsthochschule Weißensee eine äußerst sinnvolle Nutzung, welche die unmittelbare Ateliernutzung ergänzen kann.
Auch eine Kita-Nutzung mit Übernachtungsmöglichkeiten gehört zu einem solchen Konzept, weil insbesondere Alleinerziehende unter den Künstlerinnen und Künstlern hierfür einen Bedarf haben – und zugleich ein bezirklicher Bedarf gedeckt wird.
Ferner werden im Gebäude auch eine Cafeteria und Seminar-, Konferenz- und Ausstellungsräume benötigt, die wirtschaftlich betrieben werden – und die Anziehungskraft für Besucher und Nutzer stärken.
Indem das Gebäude dem Markt der Immobilien-Spekulation entzogen wird – und für eine künstlerische und kulturelle Nutzung gesichert wird, muss aber auch eine an Kultur, Gemeinnützigkeit und Synergie orientierte Betreiber-Lösung gefunden werden.
Das Atelierhaus bietet eine einmalige Chance – ein Modellprojekt der „neuen Liegenschafts-Politik“ zu realisieren – und ein Beispiel zu setzen.
Weitere Informationen:
Atelierhaus Prenzlauer Promenade