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Weißes Gold

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Weißes Gold – so wird Styropor auch genannt. Ein Beitrag über „Das Milliardengeschäft der Dämmstoffindustrie“ zeigt auf, wie trotz mächtige Lobby, gigantischer PR-Maschinerie bei deutschen Experten die Styropor-Skepsis wächst. Sie fürchten Brände, Schäden – und ein Minusgeschäft.

Weißes Gold
Das Milliardengeschäft der Dämmstoffindustrie
1.10.2014 – WELTonline

Der Dämmwahn hat Methode

Statt einer an Ist- und Verbrauchswerten orientierten Energiespar-Gesetzgebung hat eine langjährige Lobbyarbeit die „Baubedarfs-Physik“ zur Gesetzesgrundlage gemacht, und in die ENEV-Regeln eingepflegt.

Das Problem: bei Altbauten mit großen Deckenhöhen und großen Wohnungen führt eine ENEV-Sanierung gegenüber dem vorherigen Zustand nicht nur zu einer Komfortverbesserung sondern auch zu einem rund 30 %-igen Energiemehrverbrauch.

Styropor gerät in Verruf

Inzwischen zeichnet sich ab: die Wärmedämmung ist hoch problematisch: bei längeren Leerstand werden gedämmte Häuser sehr schnell zum Total-Sanierungsfall. Im ländlichen Raum stehen inzwischen viele Häuser leer, und hinter den Dämmungen frisst sich der Schimel Bahn. Ein Risiko für Hauseigentümer und Instandhaltungsetats.

Zudem ist Styropor brandgefährlich, wie einige spektakuläre Fassadenbrände in den letzten Jahren gezeigt haben. Die Dämmstoff-Lobby hat zudem viel Geld in Informationskampagnen gesteckt, die zu einer Überbewertung des Dämmstoffs bei der Energieeinsparung geführt haben,

Interessanterweiese ist die teure Fassadendämmung unwirtschaftlich, denn nur 18% der gesamten Wärmeverluste eines Hauses gehen über die Fassade verloren.

Werden bei einem typischen Berliner Mietshaus der Gründerzeit Keller, Dach und Fensterbrüstungen gedämmt, und Fenster ausgetauscht und die Heizungsanlage modernisiert, so reicht das eigentlich aus, um die geforderten Werte der ENEV einzuhalten.

Die Mieter können in den Zimmern auch wanddeckende Vorhänge zuziehen – und die Wärme bleibt im Innenraum gefangen. So haben es die typischen Berliner Mieter bis Mitte der 70er Jahre in ihren Wohnungen im Winter ausgehalten.

Verhaltensbedingte Optimierung durch Bewohner

Die heutige ENEV geht von Komforttemperaturen im Haus aus, die auf 100% des Gebäudegrundriß gehalten werden. Aber braucht der Bewohner soviel Wärmeenergie, wie die Energiebedarfsrechnung vorsieht?

Menschen schlafen in der Regel nachts mit heruntergeregelter Heizung, das Schlafzimmer wird am wenigsten beheizt. Wohnzimmer und Bad benötigen auch nur während der Anwesenheit. Und Bad und Küche werden in der Regel nur kurzzeitig genutzt.

Sind Energiesparfenster eingebaut, gibt es im Schlafzimmer ein Problem: „Dicke Luft“ über dem Bett. Ist die Heizung heruntergeregelt, fehlt im Schlafzimmer die lebensnotwendige Konvektion, die Innenraumluft-Zirkulation. Viele Bewohner von „Energiesparwohnungen“ schlafen deshalb bei offenen Fenstern oder öffnen die Fenster spaltweise. Dabei geht natürlich mehr Energie verloren – ein Grund, weshalb gedämmte Häuser oft gar keine Energie sparen.

Das nächste dicke Problem: gedämmte Häuser, in denen an der Heizung gespart wird, zeigen in den kalten Räumen Schimmelbildung. Neben Bauschäden und Kältebrücken sind also auch Mieter plötzlich für Schimmelbildung in der Verantwortung. Schimmel ist heute eine der häufigsten Streitursachen bei Klagen zwischen Mieter und Vermieter – und ein Kostenfaktor, der bei Eigentümern, Vermietern und Mietern unerwartet hohe Rechtsanwaltskosten und Gutachterkosten beschert.

Grüne Fassaden

Wärmegedämmte Fassaden sind außen länger kalt und nass. An Nordwänden in grünen Lagen liegt im Jahr an über 100 Tagen ein Feuchtefilm auf der Fassade, die von Innen nachströmende Wärme zum Trocknen fehl.t. Die Folge: Staub, Algen und Blütenstaub setzen sich an den Fassaden fest, die Außenfassaden werden plötzlich grün. Nur dort, wo die Dämmplatten mit Dübeln befestigt wurden, strömt Wärme bis an die Oberfläche. Die typischen hellen Punkte im Fassadenbild zeigen: hier war es warm, schneller trocken, und Algen und Staub konnten sich nicht ablagern.

Dämmen und Mieter verdrängen

Das Ziel der Bundesregierung, 40 Prozent der CO2-Emissionen von Gebäuden bis 2020 einzusparen, rückt in weite Ferne, weil ein großer Teil bisheriger Dämmmaßnahmen unwirksam ist, oder aufgrund Komfortverbesserung sogar zu mehr Energieverbrauch führt.
Überdies bekommt man die Lüftungswärmeverluste nicht in den Griff, denn Mieter müssen in der Nacht rund 36 Kubikmeter frische Luft zur Verfügung haben. Erst elektrische Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung bringen Abhilfe.

Dazu ird die energetische Sanierung zum sozialen Problem: Mieten steigen nach Sanierung über die Belastungsgrenzen von 30% des Nettoeinkommens.

Noch sind rund 70 Prozent aller Wohnungen ungedämmt – und Alternativen zu teuren Sanierungen sind gefragt.

Eine modernisierende Instandsetzung mit sinnvollen und wirtschaftlichen Teilmaßnahmen lohnt sich für Mieter und Vermieter, weil die Wohnkosten bezahlbar bleiben, und kein Leerstand wegen Überteuerung droht.

m/s