/// Kolumne /// – Die geplanten Erbschaftssteuer-Reform wurde nicht fristgerecht zum Ende Juni 2016 realisiert, wie es das Bundesverfassungsgericht gerfordert hat. Das von Bundesfinanzminister Schäuble vorgelegte Gesetzespaket ist umstritten und führt zu einem weiteren umfangreichen bürokratischen Gesetzeswerk, das entweder zu kompliziert und intransparent ist – oder seine wichtigen Zielsetzungen verfehlt. Es soll Steuergerechtigkeit schaffen, Mehreinnahmen zu generieren und Vermögen abschöpfen, um insgesamt eine gerechtere Vermögensverteilung zu fördern.
Die geplante Neuregelung stößt nun erneut auf Bedenken des Bundesverfassungsgerichts, das mit eigenen Regelungen und Vorgaben für die Politik droht. Anfang September will sich das Bundesverfassungsgericht nun erneut mit der Erbschaftsteuer befassen – und womöglich eine eigene Übergangsregelung in Kraft setzen.
Hauptkritik- und Streitpunkt ist die Besteuerung großer Vermögen und die Besteuerung großer Firmenvermögen. Vor allem aber muss gefragt werden, ob das Thema Erbschaftssteuer bisher überhaupt angemessen beurteilt wird. Müssen etwa das Privatvermögen und das Firmenvermögen heute ganz anders betrachtet werden?
Alt wie die Sektsteuer
Die Steuer wurde erstmals 1906 einheitlich im Deutschen Reich eingeführt, kurz nach Einführung der Schaumweinsteuer. Damals dienten beide Steuern zur Finanzierung des Nordostsee-Kanals und des kaiserlichen Flottenbauprogramms. Sie waren damit neue und „erfundene“ Steuern, die einen neuen Besteuerungstatbestand schufen.
Der Kaiser hat 1921 abgedankt, die kaiserliche Flotte ist versunken und verschrottet, der Nordostsee-Kanal nimmt Gebühren ein – es sind also die Finanzierungsgründe für die beiden Steuern entfallen.
Historisch betrachtet gibt es heute also neue Besteuerungsgründe, um etwa die Erschaftssteuer in moderner Form aufrecht zu halten. Eine Anpassung der Besteuerungsgründe an das moderne Leben und Wirtschaftsleben ist also ganz normal und vernünftig.
Ein neues zeitgemäßes Konzept ist notwendig
In Zeiten der Globalisierung und Internationalisierung von Vermögen und Firmenvermögen muss grundsätzlich über Neuregelungen nachgedacht werden. Das bisherige Rechtsinstitut in Deutschland, von einem „Erwerb von Todes wegen“ auszugehen, ist überholt und unzureichend, weil es auch andere Rechtstatbestände gibt, die einer Besteuerung unterzogen werden sollten. Schon bisher war die Schenkung ein weiterer Besteuerungs-Tatbestand, der im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz geregelt wurde.
Doch wir haben heute eine viel stärker „kreditgetriebene Ökonomie“: neue große Unternehmen entstehen vor allem, wenn große Kredite gewährt und ggf. durch große Bürgschaften abgesichert werden. Insofern gibt es auch eine andere mögliche Form der Vermögensentwicklung, die gänzlich ungeregelt ist, aber ähnlich wirken, wie eine Vermögensübertragung durch Erbschaften.
Bisher erfasst die Erbschaftsteuer den Eigentumsübergang bei Tod. Die Schenkungssteuer wird bei einer unentgeltlichen Zuwendung unter Lebenden erhoben. Eine „Bürgschaftssteuer“ könnte z.B. jede Form der „Kredit-Begünstigung“ besteuern, und so etwas zur Chancengleichheit bei „kreditgetriebenen Aufstiegschancen“ beitragen.
Um ein zeitgemäßes gänzlich neues Konzept zu schaffen, sollte das Denkmodell „Erbschaftssteuer abschaffen“ durchdacht werden, weil es zu neuen, und gerechteren und zukunftsförderlichen Lösungsansätzen hinführt.
Reformansatz alte Erbschaftssteuer abschaffen – Gleichbehandlung aller Bürger
Ein neuer Reformansatz sollte zunächst darauf angelegt werden, die zurechenbaren Privatvermögen von Bürgern „gleich zu stellen“. Das würde die Voraussetzung für eine einheitliche Besteuerung von Immobilien, Kapital und Sachvermögen schaffen (z.B. Kunstgegenstände). Mit diesem grundlegenden Reformansatz wäre auch eine enorme Vereinfachung verbunden. Voraussetzung ist, die alte Erbschaftssteuer gänzlich abzuschaffen und den Vermögensübergang neu zu regeln.
Das Erbe sollte nicht mehr als „Erwerb infolge Tod des Erblassers“ geregelt werden, sondern als Übernahme eines „bereits besteuerten Vermögens“, wobei der Erbe der Treuhänder des Gesamtverögens ist, und nur in den Besitz des versteuerten Vermögens kommt.
Die neue gesetzliche Regelung sollte deshalb eine neue Bezeichnung erhalten und „Erbvermögenssteuer- und Vermögens-Schenkungssteuer“ genannt werden. Beide sehen für alle Bürgerinnen und Bürger gleiche Sätze vor und werden mit Grundfreibeträgen und Progressions-Sätzen bemessen.
Neu: Firmen-Tnansfer-Steuer: Übertragung von Firmen und Firmenvermögen auf Dritte und ausländische Dritte
Bei der Behandlung von Kapitalanteilen in Unternehmen und aktiven unterehmerisch geführten Firmenkapital sollte es künftig eine „Firmentransfer-Steuer“ geben, die den Transfer des Unternehmens-Kapitals in andere Hand besteuert.
Der Grundgedanke ist dabei, das Unternehmen und seine Arbeitsplätze zu erhalten, und den durch langjährige Standorttreue und Förderung entstandenen materiellen und immateriellen Firmenwert sowie das „Sozialkapital“ der Region und des Bundeslandes, einschließlich des globalen Beziehungsnetzwerkes von Vorlieferanten und Kunden zu erhalten.
Grundsatz ist dabei: alle private Entnahmen des Handlungsbevollmächtigten und neuen Erb-Eigentümers sollten der Erbvermögens-Steuer unterworfen werden, wobei eine Frist von 5 bis 10 Jahren anzusetzen ist, in der alle Entnahmen bewertet werden.
Der Eigentumsübergang der Firma oder Kapitalgesellschaft wird künftig einheitlich als „Firmentransfer“ bezeichnet. Eine „Firmentransfersteuer“ wird für alle Fälle des Eigentümer-Wechsels eingeführt.
Der Firmentransfer können durch Erbfall, durch Gesellschafterwechsel und durch Verkauf und Übertragung an Dritte und insbesondere ausländische Dritte – oder durch Fusion eintreten. Auch ein Börsengang ist als Firmentransfer zu betrachten.
Für den Fall einer Insolvenz ist der Übergang an den Insolvenzverwalter ebenfalls als Firmentransfer zu betrachten.
Innovative Besteuerungsmodelle und Wahlmöglichkeiten
Um die Leistungsfähigkeit einer Firma und ihr Sozialkapital zu erhalten und Entwicklungsmöglichkeiten zu belassen, sollten Wahlmöglichkeiten geschaffen werden, die die Beschäftigungsförderung und regionale Wirtschaftsentwicklung im Blick haben.
Risikokapital-Bereitstellung und Erb-Investitionen und Stiftung mit beschäftigungsfördernder Wirkung sollte auch „Erbschaftssteuer-Vergünstigungen“ schaffen. Vorteil: große Vermögen werden schon im Erlebensfall mobilisiert – die Eigentümer können Erfahrung und Wissen an eine nächste Generation weiter geben, und die Region stärken.
Der Aufwuchs von Familien-Unternehmen sollte als wichtige Form Wohlfahrts-Entwicklung verstanden werden, die faire und menschliche Arbeitsbedingungen in sozialen Arbeitsteilungs-Netzwerken fördert.
Die Firmen-Transfer-Steuer sollte durch Sofortzahlung, durch Fonds- und Stundungsmodelle und durch Erlaß auf Antrag geregelt werden. Bei Firmen-Transfer in das Ausland muss es eine Entschädigung für die Phase des Vermögensaufwuchs und eine Nachentschädigung für künftige Steuerausfälle geben. Der Ausverkauf von Unternehmen „vor Erbfall“ an ausländische Investoren wird so wirksam und wirtschaftlich erschwert.
Fonds- und Stundungsmodelle sollten Neugründungen in der Region und Beschäftigung fördern.
Die Modellbildung, Besteuerungssätze und Regeln sollten künftig an die Art der Firmierung anknüpfen. Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften und gemanagte Aktien- und Kapitalgesellschaften müssen mit Steuerregeln besteuert werden, die die unterschiedliche Leistungsfähigkeit und die Beschäftigungswirkung im Blick behalten.
Weitere Informationen:
Arbeitsgruppe Erbvermögens- und Firmen-Transfersteuer
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