Samstag, 20. April 2024
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Astrokuppeln in Berlin werden miteinander verkuppelt

Zeiss-Großplanetarium - © SDTB

In der Astronomie ist es gängige Praxis: um mehr, tiefer und weiter in den Weltraum zu schauen, werden große Observatorien miteinander per Datenleitung und Großcomputern verbunden, um aus vielen Daten Bilder zu errechnen. Etwas Ähnliches passiert mit den Berliner Sternwarten und dem Zeiss-Großplanetarium. Sie werden künftig organisatorisch unter dem Dach einer Stiftung Planetarium Berlin miteinander verbunden. Hier werden künftig Bilder aus den Tiefen des Weltraums zusammengeführt und populärwissenschaftlich für das Publikum als „Kuppelbilder“ aufbereitet und vermittelt.

Zeiss-Großplanetarium - © SDTB
Zeiss-Großplanetarium – © SDTB

Am 1.7.2016 war es so weit: nach einem vierjährigen Prozess gründete sich die Stiftung Planetarium Berlin, die die Archenhold-Sternwarte, die Wilhelm-Foerster-Sternwarte mit Planetarium am Insulaner und das Zeiss-Großplanetariums unter dem Dach rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts zusammenführt.
Sandra Scheeres, Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat das Projekt mit vorbereitet, sie freut sich über ein echtes Spitzenprojekt: „Berlin verfolgt mit der Fusion das Ziel, zum Standort Nr. 1 für astronomische Populärwissenschaft in Deutschland zu werden. Aus den Sterntheatern werden moderne Wissenschaftstheater, die Wissenschaft verständlich präsentieren.“

Großer Refraktor der Archenhold-Sternwarte
Großer Refraktor der Archenhold-Sternwarte – Foto: H. Raab – CC BY-SA 3.0

Lange Astronomie-Tradition in Berlin

120 Jahre nach Eröffnung der ältesten und größte Volkssternwarte Deutschlands, der Archenhold-Sternwarte in Treptow wird eine Bündelung der durch vielfältige historische Strukturen getragenen Einrichtungen verwirklicht. Das Land Berlin verfügt mit der Wilhelm-Foerster-Sternwarte mit Planetarium am Insulaner sowie der Archenhold-Sternwarte und dem Zeiss-Großplanetarium über zwei öffentlich geförderte Planetarien und Sternwarten. Beide Einrichtungen sind derzeit aufgrund der historischen Entwicklung, unterschiedlich organisiert. Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte mit Planetarium wird von einem Verein getragen, der hierfür eine jährliche Zuwendung von der für Schulwesen zuständigen Senatsverwaltung erhielt. Die Archenhold-Sternwarte mit dem Zeiss-Großplanetarium war Teil der Stiftung Deutsches Technikmuseum (Stiftung des öffentlichen Rechts) und unterlag bisher der Staatsaufsicht des für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Mitglieds des Senats.
Mit der organisatorischen Zusammenführung wird nun eine zukunftsfähige Struktur geschaffen. Sandra Scheeres: „Die ehemalige Struktur behinderte die Bündelung der vorhandenen personellen, finanziellen und technischen Ressourcen. Durch die Zusammenführung in einer Einrichtung werden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Astronomie gebündelt. Nach über 25 Jahren wird eine hochmoderne berlinweit agierende Institution der Astronomie geschaffen, die über die Berliner Bildungslandschaft hinaus präsent sein wird.“

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Astronomie

Tim Renner, Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten hat die Stiftungsgründung mit unterstützt: „Beide Planetarien haben uns mit einem Konzept begeistert und überzeugt, wie ihre bisher analog zu verstehenden Räume zukünftig digital bespielt werden. Das Planetarium am Insulaner und das frisch sanierte Zeiss-Großplanetarium ermöglichen es durch ihre hochmodernen Projektionsanlagen nun Virtuelle Realitäten zu erfahren. Mit der neuen Stiftung Planetarium Berlin startet Berlin in eine neue Ära der Vermittlung von kulturellen und didaktischen Themen in 360°. Wir freuen uns, dass die Planetarien sich in der Pflicht sehen, dieses neue Medium aus den eigenen Erfahrungen heraus zu bereichern und weiterzuentwickeln.“

Dr. Felix Lühning, Leiter Archenhold-Sternwarte: „Die Archenhold-Sternwarte ist die älteste und größte Volkssternwarte Deutschlands. Seit 1896 widmet sie sich der astronomischen Bildungsarbeit und richtet ein besonderes Augenmerk auf die Jugend. In der neuen Stiftung übernimmt sie die Aufgabe, die kulturhistorische Bedeutung der Astronomie zu unterstreichen und die Besucher zu einer differenzierten Bewertung von Wissenschaft und Technik anzuregen. Dabei bildet die Geschichte der Astronomie den roten Faden von den ‚leichten‘ wissenschaftlichen Fragestellungen der Vergangenheit zu den komplexen Themen der Gegenwart.“

Wilhelm Foerster-Sternwarte
Wilhelm Foerster-Sternwarte – Foto: Lienhard Schulz CC BY-SA 3.0

Dr. Karl-Friedrich Hoffmann, Vorstand der Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V.: „Der Verein ,Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V. Berlin’ hat in den 60er Jahren die Sternwarte und das Planetarium am Insulaner aufgebaut und ein umfangreiches Angebot an Veranstaltungen über alle Aspekte der Astronomie und Raumfahrt für Jung und Alt gemacht, das jährlich von rund 100.000 Besuchern wahrgenommen wurde. Besonders sei hervorgehoben, dass wöchentlich in ,Wissenschaft live’ Fachleute ihre aktuellen Forschungsergebnisse einem interessierten Publikum präsentieren konnten. Nach 50 Jahren sind die Verträge mit dem Land Berlin ausgelaufen und eine schon Anfang der 90er Jahre und wieder im Jahr 2000 zusammen mit der Leitung der Archenhold-Sternwarte diskutierte und favorisierte Zusammenlegung der Berliner astronomischen Einrichtungen wird nun nach 25 Jahren Realität. Der Verein wird sein Vermögen und ,Know how’ in die gemeinsame Arbeit einbringen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass mit der Errichtung der Stiftung allen an der astronomischen Volksbildung in Berlin Engagierten – ob professionell oder ehrenamtlich – eine gemeinsame solide Basis zur Verfügung steht, die wir partnerschaftlich für attraktive Angebote nutzen wollen.“

Zeiss-Großplanetarium eröffnet wieder am 25. August 2016

Tim Florian Horn, kommissarischer Vorstand der Stiftung Planetarium Berlin sowie Leiter Zeiss-Großplanetarium, der gerade ein hartes Jahr von Sanierung und Umbau hinter sich hat: „Das Dreigestirn der neuen Stiftung ,Planetarium Berlin’ ermöglicht es uns, gemeinsam die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Astronomie einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Das Zeiss-Großplanetarium wird dabei am 25. August 2016 nach zweijährigem Umbau als modernstes Wissenschaftstheater Europas wiedereröffnen. Gemeinsam entwickelte Angebote und Bildungsprogramme werden die didaktischen Stärken der Sternwarten mit den Darstellungsmöglichkeiten der Planetarien verbinden, um den Stand des Wissens um unseren Platz im Kosmos anschaulich zu machen.“

Trennung von der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin

Für den Vorstand der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin Prof. Dr. Dirk Böndel bedeutet es, zwei Einrichtungen an die neue Stiftung abzugeben. Doch er unterstützt das Konzept: „Die Archenhold-Sternwarte und das Zeiss-Großplanetarium haben die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin seit 2002 inhaltlich sehr bereichert. Wir sehen aber ganz klar die vielfältigen Chancen, die sich den Berliner astronomischen Einrichtungen als eigenständige Stiftung bieten. Deshalb unterstützen wir die Stiftung Planetarium Berlin mit ganzem Herzen und wünschen den Häusern viel Erfolg auf ihrem gemeinsamen Weg! Selbstverständlich werden wir weiterhin eng mit Berlins astronomischen Einrichtungen kooperieren.“

Die erste gemeinsame Veranstaltung steht schon lange im Terminkalender: am 13.August 2016 beginnt um 17.00 die „Lange Nacht der Astronomie“ im Park am Gleisdreieck, in unmittelbarer Nähe zum Technikmuseum.

300.000 Besucher im Jahr sind das Ziel

Die neue Stiftung erhält 2016 einen Zuschuss von 1.758.902 €. Ab dem Jahr 2017 erhöht sich der Zuschuss auf jährlich 2.463.004 €. Hinzukommen geschätzte Einnahmen in Höhe von 630.000 € im Jahr 2016 und 1,65 Mio. € im Jahr 2017.
Mit gemeinsamen Programme der drei Einrichtungen unter dem Dach der Stiftung werden jährliche Besucherzahlen von 200.000 bis sogar mindestens 300.000 Besucherinnen und Besuchern angestrebt.
Kursen und Workshops, direkte Unterstützung aus der Forschung und Wissenschaft sowie die pädagogische Einbindung des Programms der Einrichtungen in die Rahmenlehrpläne der Berliner Schulen sollen zu einer Steigerung der Besucherzahlen beitragen. In der Stiftung werden künftig 28,5 Vollzeitstellen finanziert.