Samstag, 09. November 2024
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Berliner Allee: Tempo 30 eingeklagt

Tempo 30 in der Berliner Allee

Ein umwelt- und verkehrspolitisches Novum ist die aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgericht Berlin, das dem Antrag eines Anwohners des Nordabschnitts der Berliner Allee in Weißensee Recht gegeben hat. Der Anwohner der Bundesstraße hat sich wegen der hohen Feinstaub-Belastung und wegen des Verkehrslärms juristisch zur Wehr gesetzt. Unterstützt wurde er dabei durch den
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, genauer dessen Berliner Landesverband (BUND LV Berlin).

Tempo 30 in der Berliner Allee
Tempo 30 in der Berliner Allee muss ausgeweitet werden – Foto: M.Schlegel BUND-LV-Berlin

Norbert Mahler wohnt mit seiner Familie mit zwei Kindern an der Berliner Allee. Beruflich ist er auf analoge Tonwiedergabegeräte spezialisiert und hört wohl jedes Staubkorn als Knistern auf alten Langspielplatten. Schon seit 2012 ist er aktiv und hat eine erste Tempobeschränkung zwischen 22-6 Uhr aus Lärmschutzgründen in einem kurzen Streckenabschnitt der Berliner Allee erreicht.

Nachdem das Verkehrsaufkommen auf der Berliner Allee immer mehr stieg, begann er sich für die Ausweitung der Tempo-30-Zone einzusetzen.
Nach über vier Jahren vergeblichen Eingaben und Schriftverkehr entschied sich Mahler für den Gang zum Verwaltungsgericht, und sorgt nun für einen Präzedenzfall.

Präzedenzfall sorgt für Druck auf den Verkehrssenator

Norbert Mahler verwies darauf, dass in der Berliner Allee sowohl die Feinstaub- als auch die Lärmgrenzwerte überschritten wurden und werden, und hat einen Antrag auf Verkehrsbeschränkung, d.h. die Anordnung von Tempo 30 ganztags, gestellt. Eigentlich hätte die Berliner Verkehrsverwaltung diesen Schritt nach geltenden EU-Recht längst selbst umsetzen müssen, doch damit müßte gleich an mehreren weiteren Straßen in Berlin ähnlich gehandelt werden. Jetzt ist die Verkehrsverwaltung per Gerichtsbeschluss zur Umsetzung des Tempolimits angehalten.

Für den BUND ist das Urteil ein weiterer Schritt, um die Verwaltung dazu zu bringen, mehr zu tun, um die Grenzwerte für Luftqualität und Lärmbelastung einzuhalten und dies nicht nur an der Berliner Allee. So wurden auch im Jahr 2015 an der Messstelle Frankfurter Allee die Feinstaub (PM10)-Grenzwerte überschritten.

Martin Schlegel, Fachreferent des BUND: „Wir sind erleichtert, dass Stadt Berlin jetzt in der Berliner Allee endlich handeln muss. Allein Tempo 30 anzuordnen, reicht nicht aus. Der BUND erwartet, dass auch permanent überwacht wird, wie schon jetzt erfolgreich in der Schildhornstraße in Steglitz praktiziert. Wir erwarten, dass der Senat auch auf den übrigen Straßen, in denen die Feinstaub- und NO2-Grenzwerte überschritten werden, Tempo 30 ganztags anordnet, so wie es im Luftreinhalteplan steht. Falls nicht, stehen die nächsten Anwohner, die klagen möchten, schon bereit.“

Gefahr durch Feinstaub

Feinstaub besteht aus einem komplexen Gemisch fester und flüssiger Partikel, die durch Reifenabrieb, Straßenabrieb, Öle und Schmierfette und metallischen Abrieb, Rost und Autoabgase entstehen. Ubhängig von deren Größe wird Feinstaub in unterschiedliche Fraktionen eingeteilt. Unterschieden werden PM10 (PM, particulate matter) mit einem maximalen Durchmesser von 10 Mikrometer (µm), PM2,5 und ultrafeine Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 0,1 µm.
Das Umweltbundesamt erfasst kontinuierlich die Tagesmittelwerte der Feinstaubkonzentration und veröffentlicht diese auf einer dynamischen Karte.

Für die Feinstaubbelastung sind Grenzwerte festgelegt, bei denen der Tagesmittelwert von 40 µg/m3 an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Insbesondere in Innenstädten mit hohen Verkehrsaufkommen gibt es jedoch Straßen und Bereiche, bei denen diese Grenzwerte überschritten werden. Konkret bedeutet dies auch, ein Jahresmittelwert von 30 µg/m3 Luft darf nicht überschritten werden.

Die Top 5 der feinstaubbelasteten Straßen in Berlin

Die Top 5-Straßen mit einer unzulässig hohen PM10-Belastung in Berlin im Jahr 2014 liegen alle bei diesen Werten.

Leipziger Straße 32 zw. Potsdamer Platz u. Charlottenstr. (Mitte) 35 µg/m3
Buschkrugallee 8 (Neukölln) 35 µg/m3
Sonnenallee 68 (Neukölln) 34 µg/m3
Hermannplatz (Neukölln) 34 µg/m3
Landsberger Allee 6-8 (Frh.) 34 µg/m3

Die Top 5 der Straßen in Berlin mit zu hoher NO2)-Belastung

Auch beim Schadstoff Stickstoffdioxid (NO2) gibt es Grenzwertüberschreitungen und eine Liste der Top 5 Straßen und Bereiche. Hier liegt der Grenzwert bei Grenzwert: 40 µg/m3 Luft:

Leipziger Straße 32 (Mitte) 69 µg/m3
Hardenbergplatz 62 µg/m3
Potsdamer Str. 102 60 µg/m3
Buschkrugallee 8 (Neukölln) 60 µg/m3
Hermannplatz (Neukölln) 58 µg/m3

BUND LV Berlin engagiert sich für gute Luft und umweltfreundlichen Verkehr

Martin Schlegel vom BUND LV Berlin kümmert sich schwerpunktmäßig um Umweltprobleme des Verkehrs an Straßen. Er hat den Berliner Luftreinhalteplan im Blick, und sorgt dafür, dass die Senatsverwaltung für Verkehr die geltenden und selbst gesetzten Rahmen einhält und erreicht.

Betroffene von stark belasteten Hauptverkehrsstraßen werden sogar bei möglichen weiteren Klagen unterstüzt.

In der seit 2009 laufenden Kampagne „Rußfrei fürs Klima“ arbeiten vier Umweltverbände zusammen: Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Deutsche Umwelthilfe (DUH), Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Verkehrsclub Deutschland (VCD). Zusammen mit Partnerorganisationen in acht weiteren europäischen Ländern setzen sich die beteiligten Verbände seit 2009 für eine deutliche Reduzierung von Dieselrußemissionen und Klimaschutz und für den Gesundheitsschutz von Stadtbewohnern ein.

Weitere Informationen:

www.bund-berlin.de

m/s