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Die DDR in Farbe

Krippenkinder: Ausflug mit Krippenwagen Foto: Martin Schmidt

Das Bild der DDR verblaßt in den Erinnerungen, viele Einzelheiten und Dokumentationen sind jedoch erhalten. Es dominiert die schwarz-weiß-Fotographie, wenn historische Archive, Unterlagen des Bundesarchivs oder Fotos und Unterlagen zur Zeitgeschichte gesichtet werden. Doch es gibt auch eine farbige, weitgehend unbekannte DDR. Eine Buchneuerscheinung macht erstmals bedeutsame Farbfotografien aus dem Sammlungsbestand des Deutschen Historischen Museums öffentlich zugänglich.

Krippenkinder: Ausflug mit Krippenwagen Foto: Martin Schmidt
Krippenkinder: Ausflug mit Krippenwagen Foto: Martin Schmidt - © Quadriga Verlag/Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin

Die Gründe für das bislang „schwarz-weiße“ Bild der DDR: die künstlerische Fotografie war schon immer schwarz-weiß, und diese hat unsere Sicht auf die DDR stark geprägt. Oft zeigen die Aufnahmen berühmter DDR-Fotografen den ungeschminkten Blick auf die Realität im Arbeiter- und Bauernstaat, und diese sind für viele Menschen zum Inbegriff der „DDR-Fotografie“ geworden.

Zwei Fotografen zeigen die „DDR in Farbe“

Die heute fast unbekannte, farbige DDR wurde von Berufsfotografen festgehalten. Diese benutzten seit den 1950er Jahren Farbfilme zur Dokumentation des sozialistischen Lebens.

In der Regel fotografierten sie im Auftrag von Zeitungen, Zeitschriften und Verlagen. Zwei dieser Fotografen, deren Lebenswerke sich im Sammlungsbestand des Deutschen Historischen Museums befinden, stellt die Ausstellung „DDR in Farbe“ im nächsten Frühjahr erstmals mit einer repräsentativen Werkauswahl vor: Kurt Schwarzer (1927-2012) und Martin Schmidt (geb. 1925).

„Ihre Bilder zeigen uns die Innenansichten des Sozialismus: Sie fotografierten in Betrieben, Schulen und Kindergärten, in Altersheimen oder in den Wohnungen der Werktätigen; in LPGs und Großstädten. Sie fertigten Schauspielerporträts, Aufnahmen für Werbezwecke oder Kochbücher an. Kurz: Alle Bereiche des Lebens in der DDR wurden zum Motiv der Farbbilder, die in dieser Ausstellung erstmalig ausgestellt werden;“ so beschreibt es der Ausstellungskatalog und der Klappentext des heute erschienenen Buches.

Ausstellung des Deutschen Historischen Museums

Die ursprünglich für den Dezember 2013 geplante Ausstellung des Deutschen Historischen Museums „Farbe für die Republik – Fotoreportagen aus dem Alltagsleben der DDR“ wurde in das Frühjahr 2014 verschoben. Diese von Carola Jüllig konzipierte Ausstellung soll nun vom 21. März bis 31. August 2014 gezeigt werden, und wird rund 200 farbige Bilder enthalten, die zum Teil auch in dem vorliegenden Buch enthalten sind.
Die Ausstellung wird zum Teil noch in Veranstaltungskalendern mit dem ursprünglich geplanten Datum angezeigt.

Buchveröffentlichung am 11. Oktober 2013

Das im Quadriga Verlag erschiene Buch zeigt die DDR in den gealterten Farben der Farbfotographie der 50er Jahre bis zu den neueren Farbaufnahmen im Jahr 1989. Für viele Menschen wird hier ein gewichtiges Stück Erinnerungsgeschichte freigelegt.

Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, schreibt in seinem Vorwort:

„Farbe für die Republik“ ist ein Buch, das provoziert. Es nimmt einen gefangen. Es fasziniert, macht neugierig, schafft Ablehnung. Und auch Erinnerung. Die Fotos von Martin Schmidt und Kurt Schwarzer sind Dokumente der Zeitgeschichte.“ Die Online-Ausgabe der WELT hat das vollständige Vorwort bereits publiziert.

Die beiden Fotografen

Martin Schmidt, geboren 1925, studierte Anfang der 1950er-Jahre Journalistik in Leipzig. Ab 1959 arbeitete er freiberuflich als Journalist für Tageszeitungen und Zeitschriften.
Schon bald begann der Amateurfotograf, seine Reportagen – häufig zum Thema Landwirtschaft – selbst zu
bebildern. Zu den Auftraggebern des SED-Mitglieds Schmidt gehörten neben unterschiedlichen Zeitschriften auch Massenorganisationen wie etwa die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft.

Kurt Schwarzer, 1927–2012, arbeitete nach dem Krieg als Fotolaborant, danach als Bildredakteur im Verlag »Die Wirtschaft«.
In den 1950er-Jahren war er als Fotograf und Bildredakteur für die »Frau von Heute« tätig, seit 1957 freiberuflich für verschiedene Frauenzeitschriften, Betriebe und Messen sowie für die DEFA. Der Autodidakt
betrachtete sich als unpolitischen Handwerker, der zeitlebens keiner Partei angehörte; die Mitgliedschaft im Journalistenverband der DDR war notwendige Voraussetzung für seine Berufsausübung.

Dreihundert Bilder vom Arbeits- und Lebensalltags im Sozialismus

Erstmals werden Farbfotografien der beiden DDR-Bildjournalisten Martin Schmidt und Kurt Schwarzer aus dem Bestand des Deutschen Historischen Museums der Öffentlichkeit präsentiert.
Ihr fotografisches Werk beeindruckt durch Qualität und Vielfalt: Es umfasst ein breites Themenspektrum aus vier Jahrzehnten DDR.
Unter den jeweils etwa 50 000 Negativen befinden sich auch zahlreiche Farbaufnahmen, von denen mehr als 300 Fotografien für diesen Bildband ausgewählt wurden.
Martin Schmidt und Kurt Schwarzer gehörten als freischaffende Bildjournalisten zu einer seltenen Berufsgruppe in der DDR: Ihre Reportagen entstanden im Auftrag verschiedener Zeitschriften, darunter auch Magazine der DDR-Auslandspropaganda. Werbefotos für VEBs, Produkte, Messen und Kochbücher belegen die Vielfalt ihres Schaffens.
Mit der Kamera besuchten sie Betriebe und LPGs, Kindergärten und Altenheime, berichteten vom Leben der Frauen in der DDR und dokumentierten neben anderen Großstädten auch das moderne Berlin.

Ihrem Auftrag folgend, zeigten sie Facetten eines erfüllten Arbeits- und Lebensalltags im Sozialismus. m/s

Buch: Martin Schmidt | Kurt Schwarzer Farbe für die Republik
Buchcover: Kurt Schwarzer Martin Schmidt: Farbe für die Republik Fotoreportagen aus dem Alltagsleben der DDR

Literaturhinweis:

Martin Schmidt | Kurt Schwarzer
Farbe für die Republik
Fotoreportagen aus dem Alltagsleben der DDR
Hrsg. vom Deutschen Historischen Museum
Mit einem Vorwort von Roland Jahn | Konzept: Carola Jüllig
Quadriga Verlag 2013
ca. 320 Seiten | Format 290 × 243 mm
Durchgehend vierfarbig
Gebunden mit Schutzumschlag
€ 29,99 [D] | € 30,90 [A]* | sFr 40,90**
ISBN 978-3-86995-059-4

m/s