Das Internet-Magazin TELEPOLIS hat ein Interview mit Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, veröffentlicht. Deiseroth nimmt klar Stellung zu dem Vorgehen des Generalbundesanwalts gegen die Journalisten von netzpolitik.org und gegen Whistleblower.
Deiseroth: „Es kann „kein rechtliches Erfordernis geben, etwas gegen das Recht zu sichern (z.B. durch Geheimhaltung), was nach der verfassungsmäßigen Ordnung Unrecht ist.“
Das aufschlußreiche Interview wurde von Marcus Klöckner geführt und ist am 8.8.2015 veröffentlicht worden: TELEPOLIS 8.8.2015 .
In dem Interview wird die These vertreten, Ermittlungen gegen Netzpolitik.org dienten objektiv der Einschüchterung von Journalisten und Informanten.
Kommentar:
Doch es gibt noch eine weitere Lesart, die bisher noch nicht diskutiert ist: Bei dem Vorgehen von Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, könnte es sich auch um einen (verzweifelten) Versuch handeln, verlorengegangene Autorität der Geheimdienste durch „Neuaufbau einer Angstkulisse“ wieder herzustellen.
Besondere Besorgnis um die Autorität der deutschen Geheimdienste muss tatsächlich bestehen, weil sie praktisch durch die informellen Tätigkeiten von NSA und GCQH quasi im eigenen Land ohne ausreichende informelle Autonomie handeln.
Die Vertrauenskrise wegen illegaler Abhörpraktiken der NSA in Deutschland und der Autoritätsverlust der Geheimdienste sind somit zwei Seiten einer Medaille:
Eine in der bundesdeutschen Verfassung nicht vorgesehene Praxis, bei der eine „unheimliche dritte Autorität“ mit digitalen Mitteln die Glaubwürdigkeit der deutschen Verfassungsorgane und Geheimdienste „zersetzt“, sorgt für eine unausweichliche und permanente Legitimationskrise.