Samstag, 20. April 2024
Home > Berlin > Gärtnern ohne Herz, Hand & Verstand

Gärtnern ohne Herz, Hand & Verstand

Laubblasgeräte-Einsatz auf Spielplatz

/// Glosse /// – Die Frühlingssonne lacht, die Krokusse und Schneeglöckchen zeigen ihre Blüten. Gärtner mit den Laub-Blasgeräten rücken wieder aus, und röhren durch Park und Flur.

Es gilt die Arbeiten des Herbstes nachzuholen, die wegen Personalmangel und Verspätung liegen geblieben sind. Blätter und Blattreste liegen auf Wegen, manche festgefahren und festgetreten. Halb kompostiert, und auch teilweise mit überraschenden Resten von Hundescheisse garniert. Tretminen gar, die unter Laubschichten dünsten, bis jemand hineintritt, oder die lose Blattschicht wegbläst.

Es ist kein schöner Job: Schutzschuhe, Arbeitshose und Ohrenschützer und ein schweres brummendes Vibrato auf dem Rücken, so rückt der moderne Landschaftsgärtner aus, um dem Laub per motorgetriebenen Gebläse aufzuhelfen.

Es wird zum Sammeln geblasen, um dem Laub und Dreckresten eine letzte Abfuhr zu erteilen.

Das Laubblasgerät dröhnt dann tagelang. Ohrenschützer für Anwohner und friedliche Nachbarn werden nicht verteilt. Auf hohen Touren sind die Laubblasgeräte von Motorsägen kaum zu unterscheiden. Doch wer die Schutzzeiten für das Abholzen berücksichtigt, weiss Bescheid: ab 1. März sind nur noch Laubbläser im Einsatz.

Der moderne Gärtner probiert natürlich aus, was alles geht: Laub blasen, der Hauptzweck benötigt natürlich einen geeigneten Untergrund. Laub, Blattreste und Staub sollen sich lösen, ein Stück weit abheben, und in gemessener Entfernung wieder niederzuschweben. Bis der Gärtner die Haufwerke erneut mit dem Gebläse ein Stück vorantreibt, und schließlich zum großen kombinierten Dreck-Laub-Haufen zusammen getrieben hat.

Laubblasgeräte als Allzweckwaffe

Bei manchen Landschaftsgärtner ist das Laubblasgerät inzwischen zur Allzweckwaffe mutiert. Leider scheint der Lärm auch das Denken zu beeinträchtigen, auch Fachwissen scheint bei manchen Gärtnern wie weggeblasen!

Für den Steuerzahler wird es zur teuren Angelegenheit, wenn Laub und das Oberkorn der Wege per Luftstrom abgetragen, und entfernt werden.

Parkwege mit wassergebundenen Tragschichten werden zerstört. Radler sinken ein, weil das tragende Grobkorn fortgeblasen wurde. Beim nächsten Regen drohen Pfützenbildung und Schlamm. Der Matsch wird von Fußgängern an den Schuhsohlen fortgetragen. Der Weg verfällt.

Bis in die 80er Jahre wußte man noch in der Gärtnerausbildung, dass Tennenbeläge, wassergebundene Decken, Schlacke-Lehm-Wege und Promenaden-Grant von Zeit zu Zeit auch geharkt, planiert und gepflegt werden mußten, um die Lebensdauer der Wegedeckbeläge auf 20-30 Jahre zu erhalten.

Gärtnern ohne Herz, Hand & Verstand

So manche Gartenkolonne rückt im Frühjahr nur zum Fegen & Blasen aus. Das Laubblasgerät wird dabei bisweilen völlig falsch eingesetzt, wenn etwa ein Gärtner stundenlang versucht, Laub und Spielsand voneinander zu trennen – und vorhersehbar nur klägliche Ergebnisse erzielt.

Die Hygieneempfehlungen für Spielsand sehen eigentlich regelmässiges Harken und Belüften vor, damit Kleinkinder vor organisch zersetzenden Materialien und Mikroorganismen geschützt werden. Vor allem muss durch Pflege für die hygienische Qualität von Spielsand gesorgt werden.

Offensichtlich ist bedeutendes gärtnerisches Wissen verloren gegangen. Die Mechanisierung von handwerklichen Tätigkeiten lässt sogar noch den Verstand aussetzen. Dabei wird Schaden angerichtet, der nur nicht entdeckt wird, weil kaum jemand noch genau und fachkundig hinschaut!

Es wird Zeit, dass man sich wieder der gärtnerischen Fortbildung widmet – tatsächlich ist der Landschaftsgärtner ein Beruf, nicht nur eine geringfügige Tätigkeit mit Gebläseeinsatz!

Die Berlinerinnen und Berliner sollten zum Sturm blasen, und Laubblasgeräte verbieten und verbannen!

m/s