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mit neuer Perspektive

Herbstlaube & Gründerzeitmuseum
mit neuer Perspektive

Herbstlaube und Gründerzeitmusuem mit neuer Perspektive

Anfang 2012 bedrohten Kürzungsmaßnahmen des Bezirks Pankow die Existenz des „Seniorentreff Herbstlaube“ und des Gründerzeitmuseums „Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus“. Nur ein Jahr später rettet eine konzertierte Aktion von Politik und Vermietern den Fortbestand und begründet zugleich eine langfristige Perspektive für den Verein „Miteinander-Füreinander“ und beide Einrichtungen.

Herbstlaube und Gründerzeitmusuem mit neuer Perspektive

Für Karin Ehrlich, die Begründerin des Seniorentreffs „Herbstlaube“ in der Dunckerstraße 77 in Prenzlauer Berg und ihre Mitstreiterinnen im Verein Miteinanderfüreinander e.V. geht dabei ein von wechselvolles Jahr mit einem immer noch überraschenden Erfolg zu Ende.

Schon 2012 hatte sich die Vereinsführung an die Vermieterin GEWOBAG gewandt, und eine teilweisen Mietminderung eingeräumt bekommen. Doch weder für den Verein noch für das benachbarte, ehrenamtlich betreute Gründerzeitmuseum war 2012 ein dauerhafte Perspektive erkennbar.
Der Verein begann sogar mit dem Verkauf von Einrichtungsgegenständen – und verkaufte sogar ein Klavier und seine Kücheneinrichtung.

Im März 2013 stand der Verein „Füreinander Miteinander e.V.“ praktisch vor der Pleite – und erst jetzt wurde nachdrücklich Hilfe organisiert. Die Initiatoren und Unterstützer riefen deshalb zu einem Straßenfest 16. März 2013, das auch endlich genügend Öffentlichkeit herstellte.

Zuvor war schon Kulturstadtrat Dr. Torsten Kühne tätig geworden, und hatte die Möglichkeiten für eine Fortführung des Gründerzeitmuseums geprüft. Im Ausschuß für Finanzen hatte schließlich Conelius Bechtler (Bündnis 90/Grüne) die Idee, Herbstlaube und das Gründerzeitmuseum künftig aus Berliner Mitteln für Stadtteilzentren zu unterstützen. Es wurden daher hinter den Kulissen viele Hebel in Gang gesetzt.

Kulturstadtrat Dr. Torsten Kühne fand bei der Prüfung einen interessanten Tatbestand heraus, weil er sich bereits intensiv mit der Kostenleistungsrechnung (KLR) im Kulturbereich auseinandergesetzt hatte:

„Wenn das Gründerzeitmuseum gesondert im Fachvermögen als Kultureinrichtung etatisiert wird, könnte der Bezirk Pankow aufgrund der hohen Besucherzahlen und “Angebotsstunden” über mehr als 100.000 € mehr jährliche Mittel im Kulturbereich “Museum” verfügen.“ Grund: die Schlüsselzuweisungen des Landes Berlin richten sich auch nach Kennwerten der KLR.
Amtsvorgänger Dr. Michail Nelken hatte diesen Schritt unterlassen und damit dem Bezirk Pankow mehrjährig einen hohen sechsstelligen Betrag entgehen lassen. Die finanzielle Misere im Kulturbereich hat damit eine kuriose Ursache: es fehlt Geld, weil man sich nicht offensiv und kreativ mit den Feinheiten der KLR auseinandergesetzt hat.

Viele Unterstützer

Seit Jahresbeginn 2012 war eine konzertierte Hilfsaktion angelaufen, die den Verein vor der unmittelbaren Pleite bewahrte:

Die GEWOBAG, die seit 1991 die Räume an die beliebte Begegnungstätte vermietet, erlässt der Einrichtung für das Jahr 2013 die gesamte Miete ein schließlich Betriebskosten, in Höhe von 6.730 Euro. Damit war das unmittelbare Aus der „Herbstlaube“ vorerst abgewendet. Bereits 2012 hatte die GEWOBAG der Einrichtung mehrmals eine verminderte Miete gewährt.
Ephraim Gothe, Staatssekretär der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, begrüßt die gemeinsamen Bemühungen der Beteiligten vor Ort, die „Herbstlaub e“ zu erhalten: „Der Seniorentreff ‚Herbstlaube‘ ist ein beliebter Ort der Begegnung, der seit Jahren sehr viel für den Kiez und den Bezirk leistet. Ich freue mich sehr, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG dazu beiträgt, diesen Ort auch langfristig in seiner Existenz zu sichern.

Daneben engagierte sich auch der Vermieter des Gründerzeitmuseums, eines der größten Maklerunternehmen in Berlin, das sein Engagement für Prenzlauer Berg damit unterstreicht. Die Ziegert – Bank- und Immobilienconsulting unterstützt den Verein „Miteinander-Füreinander“ seinen Betrieb aufrechterhalten, indem monatlich 800 Euro für einen Teil der Personalkosten sowie für die Miete der Räume der Dauerausstellung „Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus“ bis Ende 2013 gezahlt werden.

Karin Ehrlich bedankte sich ausdrücklich für die Spende “ „Ziegert hat vor zwei Monaten überraschend bei uns angerufen. Die monatliche Unterstützung durch das Maklerunternehmen war der Stützpfeiler, der uns für unser Finanzierungskonzept fehlte.“

„Es ist schön, ein authentisches Stück Berliner Wohn- und Stadtgeschichte erhalten zu können“, sagte Nikolaus Ziegert, Geschäftsführer des Unternehmens. Wichtig ist uns aber auch der soziale Aspekt. Ein Stadtteil lebt nicht zuletzt von der Durchmischung der Milieus und der Generationen. Im Fall der Herbstlaube sollte eine für die wenigen älteren Menschen im Helmholtz-Kiez sehr wichtige Einrichtung geschlossen werden. Dem wollten wir nicht tatenlos zu sehen.“

Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus - Blick aus dem 1. OG vom BalkonZimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus – Blick aus dem 1. OG vom Balkon

Herbstlaube ein authentisches Stück Prenzlauer Berg

Für Karin Ehrlich und ihre Mitstreiterinnen ist es fast schon ein Wunder, plötzlich soviel Unterstützung zu erfahren – die Freude ist daher riesengroß.

Den Verein „Miteinander-Füreinander“ gibt es seit 23 Jahren. Ehrlich gründete ihn direkt nach der Wiedervereinigung, am 4. Oktober 1990.
Ein ehemaliges Parteibüro der Nationalen Front wurde von ihr besetzt- und eine „Sorgencouch“ auf die Straße gestellt, um vor allem älteren Leuten eine Plattform nach dem plötzlichen Systemwechsel zu geben.
Der Vereinbegründete damit einen wichtigen Teil der Seniorenarbeit im Helmholtzkiez. Bis 2012 erhielt der Verein Mittel aus dem Sozialhaushalt von Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kasztanowicz (SPD). Die harte Sparpolitik des Senats von Berlin zwang den Bezirk Pankow aber zunächst Anfang 2012 zur harten Mittelstreichung.

Neue Perspektive für Herbstlaube und Zimmermeister Brunzel

Inzwischen zeichnet sich ein neues Gesamtkonzepr für die Finanzierung ab. In den kommenden Monaten möchte Karin Ehrlich die Arbeit der Herbstlaube auf mehrere Säulen stellen und finanziell absichern. Neben Ziegert und der GEWOBAG sollen der Bezirk und ein Förderkreis Beiträge für Personal-und Sachaufwendungen leisten. „Ab zehn Euro monatlich kann man künftig bei uns Förderkreismitglied werden“, sagt Karin Ehrlich. „Bei großer Beteiligung könnten wir unsere Tätigkeit auf eine wirklich breite Basis stellen.“

Am 24. April 2013 beschloß auch die Pankower BVV einstimmig, beide Einrichtungen gemeinsam für die Zukunft zu sichern.

Kulturstadtrat Dr. Torsten Kühne (CDU) hat sich auch für das Projekt eingesetzt und bezeichnete die Herbstlaube und das Gründerzeitmuseum als „authentisches Stück Prenzlauer Berg“. Er selbst fühlte sich beim ersten Besuch des Gründerzeitmuseum an seine eigene Kindheit erinnert, als er die Wohnung seiner Großmutter besuchte, und die vielen aus dieser Zeit Alltagsgegenstände wiedererkannte.

„Die Seniorenbegegnungsstätte „Herbstlaube“ und das Gründerzeitmuseum „Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus. Bauen und Wohnen im Prenzlauer Berg im 19 Jahrhundert“ in der Dunckerstr. 76/77 sind fest verankert im soziokultureller Umfeld des Prenzlauer Bergs. Sie gehören zum Bezirk und bereichern sich gegenseitig. Die Auflösung einer der beiden Einrichtungen stellt auch die andere zur Disposition.“

Ein Projekt wie in Dunckerstraße 77 gibt es laut Kühne kein zweites Mal in Berlin. „Die Kombination aus Seniorenprojekt und der Ausstellung „Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus“ ist unbedingt unterstützungswürdig. Zeitzeugen, die den alten Prenzlauer Berg noch erlebt haben, führen junge Leute durch die eingerichtete Arbeiterwohnung und geben ihre Lebenserinnerungen weiter. Das ist ein vorbildliches intergeneratives Museumsprojekt“, sagte Kühne.

Um dem Verein in 2013 zu helfen, will Kühne in seiner Abteilung in diesem Jahr rund 7000 Euro „zusammenkratzen“, die noch fehlenden 2000 Euro sollen durch einen Spendenaufruf zusammenkommen. Damit das Projekt 2013 vorerst gesichert.

Die Absicherung des Gründerzeitmuseums in der Haushaltsplanung 2014 ist Kühnes Ziel. Hierfür müssen rund 30.000 Euro für Mietkosten und Personal eingestellt werden.

Klaus Mindrup, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der BVV und Bundestagskandidat der SPD für Pankow erläuterte dazu, im Gespräch mit der Pankower Allgemeinen Zeitung: „die kameralistisch denkenden Haushälter müssten dazu über ihren Schatten springen, weil man erst nach zwei Jahren wieder mit höheren Zuweisungen des Senats, bezogen auf das Projekt, rechnen kann“. Ab 2015 kann der Bezirk Pankow dann mit jährlich höheren Zuweisungen von über 100.000 € rechnen – wenn das Gründerzeitmuseum ins Fachvermögen des Kulturbereichs angesiedelt wird.“

Klaus Mindrup weiter:“ Es gilt nun, im Rahmen der Beratungen für die Haushaltsjahre 2014 und 2015 eine Finanzierung in bezirklicher Trägerschaft sicherzustellen und den Betrieb dauerhaft zu ermöglichen.“

Weitere Informationen:

Miteinander-Füreinander Selbsthilfebegegnungsstätten e.V.
Dunckerstraße 76 / 77, 10437 Berlin-Prenzlauer Berg

Telefon:030-445 23 21
www.mitundfuereinander.de
Email: info@mitundfuereinander.de

Spendenkonto:
Bank für Sozialwirtschaft
Konto-Nr. 3351600
BLZ 100 20 500

Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus – Dauerausstellung

m/s