Das Berliner Schulgesetz ist eindeutig, nach Artikel 20 der Berliner Verfassung garantiert das Gesetz ein Recht auf gleichen Zugang zu allen öffentlichen Schulen. Doch gegen den Willen von Eltern und Kindern soll nun der einzige Standort der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB) in Berlin-Pankow geschlossen werden, an dem Griechisch gelehrt wird.
Hintergrund der geplanten Schließung
Hinter der geplanten Umstrukturierung steht eine neue Vorschrift der Senatsverwaltung, wonach SESB-Schulen ab dem Schuljahr 2014/15 grundsätzlich zweizügig zu führen seien. Der mit relativ geringen Schülerzahlen besetzte deutsch-griechische Zweig die weiterführenden Angebote der SESB ist damit besonders betroffen, weil ein ganzer Standort damit wegzufallen droht. Ausgerechnet die schon seit 1996 existierende älteste staatliche Europa-Schule ist von der Neuregelung betroffen.
Politisch pikant: die fachlich verantwortlichen Politikerinnnen sind beide in Pankow gewählt: Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat ihren Wahlkreis in Pankow-Süd. Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kastantowicz (SPD) ist für die Schulaufsicht in Pankow verantwortlich.
Massiver Protest und eine Petition
Gegen die Entscheidung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft rührt sich seit 2013 massiver Protest, weil die Entscheidung für die betroffenen Eltern und Kinder unzumutbare Folgen hat.
Weder Schulsenatorin Sandra Scheres (SPD) noch Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kastantowicz (SPD) haben bislang ein Einsehen, und wollen im Bezirk Pankow geborene und hier aufwachsende Kinder künftig täglich auf die „Schiene“ schicken.
Von der nächstgelegenen S-Bahn-Station Greifswalder Strasse, die etwa 1km von der Homer-Grundschule in Prenzlauer Berg entfernt ist, müßten die Grundschüler künftig täglich 18 Stationen bis zur Athene-Grundschule am S-Bahnhof Lichterfelde-West pendeln. Auch hier sind noch fast 1 km Strecke zu Fuß zu überbrücken.
Über die Sicherheit der GrundschülerInnen auf dem Schulweg haben sich offenbar bislang auch nur die Eltern Gedanken gemacht. Sie protestieren deshalb zu Recht.
Die griechische Mutter Maria Wengert-Chalkiadaki von der Elterninitiative der Homer-Grundschule ist erbost. „Es ist ein unmögliches Vorgehen, den einzigen Standort der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB) in Berlin-Pankow zu schliessen.“
Weiter sagte sie: „Durch diese Entscheidung wird das deutsch-griechische Grundschulangebot der SESB an der Athene-Grundschule konzentriert, die weit außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings in Lichterfelde-West liegt.“
Der Zugang zum deutsch-griechischen Zweig der SESB ist somit für zahlreiche Berliner Familien praktisch nicht mehr gegeben. Betroffen sind auch Eltern und Kinder aus Berlin-Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg, die bisher den kurzen Weg in die Pasteurstraße nutzen.
Die Homer-Grundschule in der Pasteurstr. 10 / 12 in Prenzlauer Berg wurde bereits 2008 gegründet. Viele der Eltern sind eigens nach Prenzlauer Berg und Pankow gezogen, um ihren Kindern einen griechischen Sprachzugang zu sichern.
Breite Unterstützung für die Elterninitiative und Protestaktionen
Unterstützt werden die Proteste von der Gesamtelternschaft und der Schulkonferenz der Homer-Grundschule. Die Ende 2013 eingereichte Petition wurde von über 2.500 Unterzeichnern unterstützt.
Am 10. Dezember 2013 fand an der Homer-Grundschule die Aktion „Wir stellen uns auf den Kopf – Homer bleibt Grieche und unsere Schule Europa-Schule“ statt. Die Aktion zeigte auf, dass die die Homer-Grundschule als Ganzes betroffen ist.
Inzwischen wurde der Protest auch zweimal in der BVV-Pankow vorgetragen. Am 5. März 2013 gab es zu letzt eine kleine Demonstration von betroffenen Eltern und Schülern zur 21. BVV-Versammlung.
Die erneute Einwohneranfrage von Frau Wengert-Chalkiadaki an die Schulstadträtin wurde aber mit den schon altbekannten Argumenten geradezu abgebügelt. Frau Lioba Zürn-Kastantowicz, unter Elternvertretern auch „Zett-Ka“ genannt, wiederholte lediglich ihren schon bekannten Verwaltungsstandpunkt, wonach „… die stark anwachsenden Schülerzahlen im Bezirk Pankow und der damit verbundene akute Raumbedarf die Umstrukturierung notwendig machen.“
Rechtsfehlerhaftes Handeln der Bezirksstadträtin?
Die Pankower Sozialstadträtin hat mit ihrer Argumentation jedoch einen großen Fehler gemacht und offenbart, dass sie „künftig zuziehenden Eltern“ Rechte gegenüber hier bereits langjährig wohnenden Eltern von Grundschulkindern einräumen will.
Das im Verfassungsrang geschützte Schulrecht sieht derartiges Abwägen aber gar nicht vor, zumal es auf eklatante Weise die bereits bestehenden Elternrechte mißachtet. Obendrein wirkt die Argumentation sogar diskriminierend gegenüber der griechischsprachigen Minderheit.
Das Schulgesetz garantiert Grundschulkindern unabhängig von „verwaltungsökonomischen Standpunkten“ ein Schulangebot in zumutbarer Entfernung zum Wohnort. Es ist ein Anspruch, der Grundschülern vor allem auch aufgrund altersbedingter Schutzbedürftigkeit zusteht. Grundschüler sind eben nicht „junge Erwachsene“, die eine Sozialstadträtin einfach per Dekret in die S-Bahn verfrachten kann.
Die bisher in Prenzlauer Berg wohnenden Eltern müßten zudem unzumutbare Belastungen ihres Alltags und womöglich sogar einen Umzug in Kauf mehmen, un das Recht auf Bildungsfreiheit wahrnehmen zu können.
Unmittelbar betroffen sind schon im Schuljahr 2014/15 über 20 Familien, die aufgrund mangelnder Informationspolitik seitens der zuständigen Stellen, verspätet oder erst nach Anmeldeschluss für das kommende Schuljahr von der Entscheidung der Senatsverwaltung erfahren haben.
Die Wahl der Athene-Grundschule kommt für sie nicht nicht in Frage. Sie stehen derzeit ohne Alternative da, und können nun nur noch den Rechtsweg beschreiten, wenn niemand einlenkt.
Frau Lioba Zürn-Kastantowicz hat mit ihrer Argumentation in der BVV längst juristische Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Elternklage gesetzt. Schon einmal mußte das Pankower Schulamt am Eliashof eine ähnliche Urteilsbegründung entgegennehmen, und seinen Kurs revidieren.
Angesichts bisheriger Uneinsichtigkeit der Pankower Sozialstadträtin wird nun hinter den Kulissen nach Auswegen gesucht, denn auch Schulsenatorin Sandra Scheeres mit Formfehlern bei der Verabschiedung des neuen Schulgesetz zu kämpfen.
Die Kinder der Homer-Grundschule möchten sich in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit nicht behindern lassen und sind im besten Sinne „bildungshungrig“. „Lieber Griechisch, als gar nicht! – das war übrigens ein Werbespruch eines der ersten griechischen Restaurants in Berlin, der hier besonders passt!
Das Problem der Homer-Grundschule ist nun ein Fall für die Berliner Schul-Politik. m/s
Weitere Informationen:
Die Homer-Grundschule ist die einzige Grundschule in Pankow mit einem SESB Zweig (Europaschule). Uns Eltern geht es nicht nur um das Lernen beider Sprachen, sondern auch darum, daß unsere Kinder, deutsche und griechische, von klein an den europäischen Gedanken in ihrem Altag erleben dürfen. Zur Europawahl wird wieder reflexhaft die Politikverdrossenheit und Europamüdigkeit der Bürger beklagt werden. Währenddessen schließen Berliner Politiker unsere Europaschulen – Europamüdigkeit: Berliner Politiker machen es vor!
Leider stimmen die Jahreszahlen nicht. Die europaschule dt.-gr. Gibt es seit 1998… Wir haben schon die ersten Abiturienten verabschiedet, die das Europaschulmodell von Klasse Eins bis zwölf durchlaufen haben. Dieser Standort ist einer der ältesten.
REDAKTION:
Die Jahreszahl wurde noch einmal nachgeprüft:
Die Homer Grundschule hat als eine Staatliche Europa-Schule Berlin (SESB) seit
1996 einen Zug mit bilingualem Unterricht in Deutsch und (Neu-) Griechisch.
Ich habe von 1988 bis 2007 in Spandau gewohnt, meiner beider Tochter haben diese Schule besucht, es war nicht immer einfach, lange wege,fehlende organisation etc.
Trotz allen beider Tochter sind Heute Studentinen in Berliner Unis und es ist auch an diese Schule zu verdanken.Bitte kaempft weiter um die Zukuenft Eure Kinder!