/// Kommentar /// – Berlin hat eine Mietwohnungskrise. Berlin hat eine Flughafen-Krise. Dazu kommt die Krise bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Parallel gibt es eine sich immer mehr aufbauende Verkehrskrise, denn die Stadtautobahn ist überlastet und täglich mehrmals zugestaut. Die S-Bahn-Aussschreibung kommt nicht in Gang. Der Nahverkehr ist im Verbund mit steigenden Mieten auch zu teuer – umd sorgt für eine Überbelastung der einkommensschwachen Teile der Berlinerinnen und Berliner.
Allen Krisen ist etwas gemeinsam: es gibt eine tiefgreifende Kompetenz-Krise in der Stadtentwicklungspolitik, die durch strategische Inkompetenz in wichtigen Führungsämtern verursacht wird. Es fehlt auch das soziale Augenmaß.
Fachliche Laien im Amt des Stadtentwicklungssenators Berlins zerstören das Flair, Berlins Zukunftschancen und bedienen eine „Klientel-Stadt“ – eine „Anleger-Stadt“ – statt einer Bürgerstadt, Weltstadt – und Metropole der Vielfalt.
Mangels fachlicher Kompetenz fehlt es der bisherigen Stadtentwicklungspolitik an strategischen Zukunftsentwürfen und tragenden Strategien. Berlin und seine Bürgerinnen und Bürger büßen darüber Lebenschancen, Stadtqualität und Freiräume ein – auch wichtige Zukunftspotentiale bleiben so ungenutzt. Viel Geld wird schlichtweg verschleudert.
Beispiele, wie Berlin Geld und Chancen vernichtet gibt es zu Hauf:
Am Großflughafen BER beweist sich eine abgrundtiefe Inkompetenz in den von Sozialdemokraten besetzten Spitzenämtern. Bei einem existenziell wichtigen Bauprojekt der Metropolenregion gelingt über 10 Jahre nicht einmal, die Bauherren-Funktion wahrzunehmen und planerische und bauliche Verantwortung zu etablieren. Ein Scheitern des Projektes aufgrund zu hoher technischer Komplexität im Terminal droht nicht nur bei der Inbetriebnahme, sondern latent auch im möglichen Dauerbetrieb.
Beim Lärmschutz am BER werden hunderte Millionen Euro versenkt. Dabei könnte eine „gemeinsame Landesentwicklungsgesellschaft“ mit Umsiedlung und Neuansiedlung luffahrtaffiner Branchen und dem Neubau von schallgeschützten Wohnungen längst jährlich zweistellige Millionengewinne und Investoren-Vorhaben einfahren. Fehlenden Chancen und fehlende Erträge – aufgrund eines profunden Mangels an fachlicher Vorstellungskraft schädigen die Metropolen-Entwicklung.
Es entsteht ein politischer Preis des ausgebliebenen Länderzusammenschluß Berlin-Brandenburg – den beide Partner als „Retardierungsschäden“ teuer bezahlen und finanzieren müssen.
Der Selbstbetrug mit dem Begriff „Wachsende Stadt“
Mit dem Begriff der „wachsenden Stadt“ wird ein großer politischer Selbstbetrug organisiert, denn Berlin bleibt nach den bisherigen Strategien 891,68 km² groß – und wächst in der Fläche nicht. Tatsächlich platzt Berlin aus allen Nähten, und eine allzu etatistische Stadtentwicklungspolitik betreibt nur Provisiorien und aktionistische Programm-Entscheidungen.
Mit Modulbauten kehrt der Frontalunterricht ins Bildungssystem zurück – moderne Schulkonzepte werden mangels fehlender geistiger Resourcen nicht aufgelegt und geplant. Statt Generationen-Perspektive wird nur nach dem nächsten Wahltermin geschaut.
Wäre man ehrlich, müsste man längst von der „verdichteten, hermetischen Stadt“ sprechen, die man sich zum Ziel gesetzt hat, weil man die städtebaulichen und landesplanerischen Möglichkeiten Berlins grundlegend falsch einschätzt.
Die Gefahr ist schon sichtbar geworden: Berlins kulturelle und grüne Freiräume werden mangels planerischer und fachlicher Vorstellungskraft vernichtet. Statt „smart und sexy“ zu werden, wird Berlin städtebaulich zur unwirtlichen, verdichteten und engen Stadt umprogrammiert – in der Luft und Freiraum zum Atmen knapp werden.
Fehlende Planung mit Metropolen-Perspektive
Berlin platzt nicht nur aus den Nähten, sondern auch aus den „Landesgrenzen“: 891,68 km² sind nicht mehr groß genug für die absehbare Wachstumsentwicklung! Doch die Politik verweigert sich, das Thema aufzunehmen!
Berlin-Brandenburg braucht längst nicht nur eine (entmachtete) gemeinsame Landesplanungskommission, sonderne eine „Planungsgemeinschaft Metropolenraum“ – gemeinsam mit dem Land Brandenburg. Gemeinsame raumbedeutsame neue Wachstums- und Entwicklungsziele müssen entworfen, in Strategien, Maßnahmen und Projekten umgesetzt werden.
Auch die Option einer flächenhaften Vergrößerung Berlins muss politisch entwickelt werden, denn dem Land Brandenburg fehlt die Investitionskraft, all jene Verflechtungsräume zu entwickeln, die ganz leicht von Berlin aus erweitert und erschlossen werden können.
Es wäre eine Win-Win-Situation, wenn Berlin und Brandenburg diese Verflechtungsräume im Planungsverbund entwickeln, und entsprechend auch S-Bahn- und Regionalbahnstrecken und Straßennetze gemeinsam ausbauen. Vor allem: es würde Bauland und Raum für private Bauinsvestitionen und neue Modellprojekte entstehen, die ganz auf privater Investitionskraft basieren – mit klaren städtebaulichen und gemeinwohlrientierten Planvorgaben. Vor allem Wohnen und Leben und Arbeiten auf lokalem Raum ist zu organisieren.
Die Hochhaus-Lüge
Auch Stadtentwicklungssenator Geisel huldigt der Hochhaus-Lüge. Er schließt ein Wachsen in der Höhe nicht aus.
Die Forderung nach dem Bau von Hochhäusern basiert auf städtebaulicher Inkompetenz und Selbstbetrug. Vergleicht man etwa Mahrzahn (9,54 km²) mit 106.473 Einwohnen (31. Dez. 2014) und einer Bevölkerungsdichte von 5449 Einwohnern/km² mit dem flächenmässig fast gleichgroßen Prenzlauer Berg (10,955 km²), mit 156.736 (31. Dez. 2014) und einer Bevölkerungsdichte von 14.307 Einwohner/km², so wird jedem Stadtplaner klar, dass Hochhäuser kein ideales Mittel sind, um die Stadt zu verdichten.
Auch die von der Immobilienwirtschaft betriebene Initiative, das Baurecht zu verändern, um höhere bauliche Dichten zu erreichen, ist kein Ausweg. Dichter als in Prenzlauer Berg kann man in Mitteleuropa nicht bauen.
Ein Blick in die Metropole Shanghai mit Stadtteilen wie Hongkhou mit weit über 36.300 Einwohnern pro Quadratkilometer zeigt, es wäre ein Horrorszenario für Berlin.
Folgerung: wenn man Urbanität, hohe Einwohnerdichte und wirtschaftliche und kulturelle Vielfalt fördern will, dann darf man auf keinen Fall Hochhäuser bauen!
Stattdessen muss nach modernen Intepretationen und Weiterentwicklungen der Berliner Gründerzeitarchitektur gesucht werden. Vor allem müssen wieder Architekten und echte Bauinvestoren Zugang zur Stadtentwicklung bekommen. Die unheilige Allianz aus etatistisch inspirierter Baupolitik und Kapital-Anleger-Investoren muss aufgebrochen werden.
Vor allem muß für eine Stadt und ihre Bürger gebaut werden – nicht nur für Investoren in Wohnungsbau. Leben, Arbeiten und Wohnen und gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen integrativ geplant werden. Architekten und Stadtplaner können das – Stadtentwicklungssenatoren im Klüngel mit einer kleinen handvoll Investoren offensichtlich nicht!
Weniger Staat, mehr Wettbewerb und mehr Eigenkapital und mehr Investoren mit „Blick, Gesicht und Geist zur Stadt“ sind in Berlin nötig.
Tempelhofer Freiheit – ein Innovationspark für Sport, Freizeit und Mobilität
Die Bebauung der Tempelhofer Freiheit mit „Flüchtlings-Wartehallen“ ist von reinem Aktionismus, Fantasielosigkeit und stupender Inkompetenz getragen.
Unbestritten ist: es muss eine Flüchtlingswelle bewältigt werden, und die provisorische Unterbringung in den Hangars ist als Notmaßnahme zu akzeptieren. Wieviel klüger wäre es, zuerst Fertigbauhallen zu errichten, und diese danach in Schulturnhallen und Hallen für Sportvereine umzubauen? Wie viele zusätzliche Standorte wären plötzlich in der Stadt denkbar?
Die Tempelhofer Freiheit ist ein wichtiges Zukunftspotential für die Hauptstadt der „sitzenden Arbeit“. Die Bewohner der Metropole brauchen Freiräume, Flächen für Sport und Bewegungsausgleich und vor allem auch frische Luft und Luftaustausch.
Die Tempelhofer Freiheit ist aber noch mehr: ein Innovationspark, Übungs- und Testfeld für Sport, Freizeit und innovative Formen der Mobilität und von Bewegungsspiel und -sport. Am Ostrand des Tempelhofer Feldes könnte ein Innovationspark mit Werkstätten, Showrooms und Eventflächen entstehen, in dem neue Formen der Mobilität und neue Sportgeräte entwickelt werden.
Die Tempelhofer Freiheit und ihr Zukunftspotential müssen entwickelt werden, weil eine Stadt nur funktioniert, wenn Menschen neben Wohnen auch gute Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten finden.
Fitte, bewegliche und junge Menschen suchen und forschen nach beweglichen Zukunftsinnovationen im Bereich Mobilität und Sport. Lebensfreude und urbanes Freiheitsgefühl sind auch wichtiger und unerläßlicher Ausgleich zu den urbanen, technischen und wirtschaftlichen Zwängen des Stadtlebens.
Wer die Tempelhofer Freiheit zerhackstücken und provisorisch bebauen will – verwirkt in Berlin seine politische Zukunft.
Die Zukunftsvision „Tempelhofer Freiheit – als ein Innovationspark für Sport, Freizeit und Mobilität“ beinhaltet auch eine starke Option für die Weiterentwicklung der Sportstadt Berlin, deren grüne Infrastruktur mit dem Einwohnerwachstum mit ausgebaut werden muss. An der Tempelhofer Freiheit entscheidet sich, ob Berlin smart, sportlich, sexy und produktiv werden will.
Hangars und und Vorfeldflächen bieten vor allem für innenstadtnahe Großveranstaltungen die beste Möglichkeit, um dauerhaft Lärmkonflikten zu entgehen. Wo sollten in Berlin sonst noch Großveranstaltungen stattfinden – ohne die gesamte Verkehrsituation zu belasten? Kultur, Messen – Innovationspark für Sport, Freizeit und Mobilität – die Kombination ist geeignet, Berlin jung smart und sexy zu erhalten!
Neue Stadtenwicklungspolitik – neues lösungsorientiertes Denken in der Stadtplanung
Berlin braucht eine Langfrist-Perspektive – statt kurzatmiger „provisorischer Stadtentwicklungspolitiken“, bei denen Senatoren sich immer nur auf dem Niveau „eingearbeiteter Laien“ bewegen – und aberneue „Schweinezyklen“ von Stadtspekulation generieren.
Rund 24.000 fertig baugenehmigte Wohnungen lassen derzeit auf den Baubeginn warten, weil die Stadtentwicklungspolitik ständig neue „Spekulations-Signale“ aussendet – und selbst mit landeseigenen Gesellschaften Mieten willkürlich nach Oben treibt.
Auch die Baulandpreise werden in die Höhe getrieben, weil man völlig fahrlässig auf „befristete Baugenehmigungen“ verzichtet hat. Spekulation und Weiterverkauf „fertiger Projekte“ schaffen nun eine neue spekulative Welle – die eine kompetente Baupolitik hätte im Ansatz verhindern können.
Priorität: Mietwohnungskatastrophe abwenden
Die Mietwohnungskatastrophe ist damit politisch in Gang gesetzt: sogenannte bezahlbare Mieten in Höhe von 30% des Netto-Arbeitseinkommens sind nicht „rentenfest“.
Viele kleine und mittlere ArbeitnehmerInnen und Angestellte geraten in Wohnungsnot, sobald sie in Rente gehen. Eine neue Welle staatlicher Betreuungsagenturen in Form von „Wohnanpassungs-Beratungen“ sorgt für eine weitere Ausweitung staatlich finanzierter Tätigkeiten.
Eine schier unauflösbare „Mietflüchtlingswelle“ baut sich bereits auf, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in den nächsten 5-8 Jahren in Rente gehen. Gleichzeitig werden die kommunalen Mittel durch ein Neubauprogramm für Zuwanderer und Flüchtlinge gefordert – eine Überforderung der Stadt ist damit in Gang gesetzt.
Wenn der Verband privater Wohnungsunternehmen nun zur Flucht ins Umland rät, setzt das nur eine neue ungeordnete „Umland-Spekulation“ in Gang.
Berlin braucht deshalb radikalen einen Neuanfang in der Stadtenwicklungspolitik! Es muß für den Metropolenraum geplant werden – gemeinsam mit Brandenburg!
Eine Stadt-Umland-Planungsgemeinschaft wäre hilfreich – denn nicht nur im Umfeld des Großflughafens – sondern rundherum um Berlin gibt es gewaltige unausgeschöpfte Entwicklungspotentiale.
Gefordert ist auch eine Bündelung der Kräfte und eine Mobilisierung von Sparkapital, Eigenkapital und intelligenten Baukapital – und eine „Demokratisierung“ des Zugangs zu Baugrundstücken.
Nicht nur die Stadt und die landeseigene Gesellschaften dürfen Stadt entwickeln, sondern es bedarf einer Freisetzung privaten Eigenkapitals, das auch mit Sozialbindung, eigengenutzten Eigenkapital und mit sozialen Gemeinschaftskapital (Genossenschaften, gGmbH) und sozialen Objektgesellschaften bauen darf.
Auch der Verband privater Wohnungsunternehmen braucht einen Befreiungsschlag – denn bei vernünftigen Baulandpreisen können private Wohnbau-Investoren (nicht Kapitalanleger-Investoren) längst wirtschaftlicher bauen, als landeseigene Gesellschaften, zu sozial verträglichen Mietkonditionen.
Die politikgemachte Krise der Stadtentwicklungspolitik muss schleunigst beendet werden! Wenn es nicht anders geht, muss es auch eine „politische Abschiedskultur“ geben: „Tschüss Herr Müller, tschüss Herr Geisel“: Sie können weder soziale Stadtentwicklung – noch Zukunft! Sie haben den Nutzen und Wohlstand nicht gemehrt, sondern bringen Not und Engpässe in die Stadt!