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Neues vom Stauraumkanal

Rohrvortriebsmaschine - Foto: Berliner Wasserbetriebe

Das Projekt eines unterirdischen Abwasserspeichers in Form eines Stauraumkanals beschäftigt seit Herbst 2013 Anwohner des Mauerparks und die Bezirkspolitik. Im September 2013 wurde das Projekt gemeinsam vom Bezirksamt Pankow, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sowie die Berliner Wasserbetriebe vorgestellt.

Rohrvortriebsmaschine - Foto: Berliner Wasserbetriebe
Rohrvortriebsmaschine – Foto: Berliner Wasserbetriebe

Der Projektname verbreitete zunächst Ängste und weckte Bedenken: „Bau eines Abwasserspeichers unter dem Mauerpark zwischen Gleim- und Eberswalder Straße“.

In der Informationsveranstaltung kamen Sorgen und Bedenken zur Sprache, und in der Folge nahm sich auch die BVV-Pankow des Themas an.

Vorzugslösung: Abwasserstaumraumkanal

Das Sanierungskonzept für die Abwasserkanalisation beinhaltet neben der verbesserten Ausnutzung des vorhandenen Kanalvolumens zur Zwischenspeicherung von Mischwasser auch den Neubau von 7.000 m³ Speichervolumen. Aus hydraulischer Sicht ist das Gebiet des Mauerparks zwischen Gleimstraße im Norden und Eberswalder Straße im Süden am besten geeignet. Hier wird ein Stauraumkanal geplant, der die Mischwasserhauptsammler in der Gleimstraße, Eberswalder Straße und Oderberger Straße miteinander verbindet. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie des Ingenieurbüros p2m GmbH zur Untersuchung der Realisierbarkeit des zu schaffenden Speichervolumens im Gebiet des Mauerparks wurden fünf Varianten untersucht.

Große Sorgen bereiteten die Varianten, die bis zu 5 Jahre Bauzeit vorsahen.

Die aus technischer als auch wirtschaftlicher Sicht gewählte Vorzugslösung, ist die Variante 1 mit dem Neubau eines 725 m langen Stauraumkanals mit einem Durchmesser von 3,80 m unter der Schwedter Straße zwischen Eberswalder Straße und Gleimstraße in geschlossener Bauweise dar.

Baustelle: Stauraumkanalbau
Baustelle: Stauraumkanalbau – Foto: Baugrube Fasanenstr./Hardenbergstr. in Berlin-Charlottenburg

Zwei Anschlußbauwerke erforderlich

Damit Mischwasser in den Stauraumkanal gelangen kann, sind zwei Anschlussbauwerke mit einer Überlaufschwelle enthalten. Diese sind im Bereich Gleimstraße im Norden und im Bereich Bernauer Straße im Süden erforderlich. Am Tiefpunkt des Stauraumkanals im Bereich Gleimstraße wird das Entleerungspumpwerk angeordnet. Hier wird jeweils nach Regenende zwischengespeichertes Mischwasser in den Kanal in der Gleimstraße entleert und fließt dann zum neuen Pumpwerk in der Bellermannstraße in Wedding.

Neuer Planungsstand: kürzere Bauzeit möglich

Im letzten halben Jahr haben die Berliner Wasserbetriebe ihre Planungen weiter vorangetrieben. Die vorgetragenen Bedenken wurden geprüft und zum Teil auch geklärt.
Das gesamte Bauvorhaben lässt sich in der Bauzeit durchaus verkürzen. Nicht nur viel Geld wird gespart – auch notwendige Beschränkungen können minimiert werden.

Das plant das Bezirksamt Pankow

Auf eine große Anfrage der Fraktion der SPD mit dem „Betreff: Stauraumkanal im Mauerpark“ gab Stadtrat Jens-Holger Kirchner schon im Februar genaue Auskunft:

„Um den Stand der Meinungsbildung zu vermitteln erfolgte in der BA-Sitzung am 28.01.2014 eine Projektvorstellung zum Stauraumkanal im Mauerpark in Form einer Vorlage zur Kenntnisnahme. Ich habe signalisiert, dass das Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt die Absicht hat, die Ausnahmegenehmigung für den Bau des Stauraumkanals für die Variante 1 und für eine Bauzeit von 2 Jahren mit folgenden Auflagen zu erteilen:

– zügige und lückenlose Durchführung der Bauarbeiten im Zeitraum von 24 Monaten unter Ausschluss von Nutzungseinschränkungen im
zentralen Mauerparkbereich
– Einbau der Schächte in der Schwedter Straße nur im Winter
– sorgfältig hergestellter Ersatz für durch Baustelleneinrichtungen unterbrochene Haupterschließungswege Eberswalder Straße und
Gleimstraße für die Dauer der Baumaßnahme
– Grundfläche für die Startbaugrube Höhe Eberswalder Straße nicht größer als 7 x 12 m auf der Fläche der Schwedter Straße
– die Ausweisung der Flächenbedarfe für die Rohrlagerung und die Kranaufstellung darf 20 x 50 m nicht überschreiten
– Grundfläche der Zielbaugrube Höhe Gleimstraße nicht größer als 5 x 6 m
– Grundflächen für die Regenüberlaufbauwerke nicht größer als 12 x 5 m und für den Pumpenschacht nicht größer als 5 x 5 m im
öffentlichen Straßenland
– kein Baustellenverkehr für den Bau der Zwischenschächte im Mauerpark selbst, nur auf der Schwedter Straße
– gemeinsame offensive Öffentlichkeitsarbeit vor und während der Bauarbeiten zur Akzeptanzerweiterung der Baumaßnahme.“

Damit entsprach Kirchner den in aufwändigen technischen Abstimmungen mit den Berliner Wasserbetrieben herausgearbeiteten technischen Anforderungen für eine Baudurchführung.

Stauraumkanal Mauerpark - Systemzeichnung - Quelle: Berliner Wasserbetriebe
Stauraumkanal Mauerpark – Systemzeichnung – Quelle: Berliner Wasserbetriebe

Technische Klärungen bei den Wasserbetrieben

Die Berliner Wasserbetriebe haben auch intern den Vorschlag des Ingenieurbüros Steeg geklärt, und den Geschäftsführer Ralf Steeg im Februar 2014 eingeladen, um mögliche technische Bedenken zu klären.

Nach Recherchen hatte Steeg einen Alternativvorschlag ausgerarbeitet, der nach seiner Meinung kostengünstiger und in nur einem halben Jahr Bauzeit errichtet werden könnte. Sein Vorschlag: Tanks aus glasfaserverstärkten Kunststoff, die ins Erdreich eingelassen werden. Steeg hatte sein System auch der Bürgerwerkstatt Mauerparkt und der Presse (PBN: „Da staut sich was zusammen“ 19.5.2014) vorgestellt.

Steeg wurde von der Fachabteilung der BWB mit technischen Nachfragen konfrontiert, die bei Abwasserbauwerken zwingend notwendig und üblich sind. Wichtige Bedenken, die zu klären sind: wie werden die Tanks im Gegensatz zum „selbstreinigenden Stauraumkanal“ gereinigt, und wie werden sich absetzende Stoffe aus dem System gespült?

Doch die technischen Nachfragen wurden von Steeg nicht beantwortet. Er war damit praktisch schon beim Engineering ausgeschieden.

Die Berliner Wasserbetriebe konnten sich dazu natürlich nicht öffentlich äußern.
Nach Recherchen wurde auch klar, warum das von Steeg favorisierte System Nachteile hat: in den Tanks setzt sich nach und nach Feststoff ab, der vergärt und Biogas entwickelt. Fazit: eine Geruchsbelästigung im Mauerpark wäre nicht zumutbar.

Informationsveranstaltung am 9. September 2014

Ein halbes Jahr später wurden die Anwohner, Interessierte Bürgerinnen und Bürger und Anlieger erneut über den aktuellen Planungstand informiert. Diesmal wurde die Verstaltung ins Haus der Sinne, direkt in den Gleimkiez verlegt.

Der aktuelle Stand

Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Jens-Holger Kirchner (Bü90/Grüne), die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, die Berliner Wasserbetriebe und der Bürgerverein Gleimviertel hatten alle Interessierten eingeladen.

Die Faktenlage hat sich zumindest teilweise erhellt:

Die Baumaßnahme soll 2016 erst EU-weit ausgeschrieben werden. Die Bauphase wird damit voraussichtlich frühestens im Winter 2016-2017 beginnen können.
Die EU-weite Ausschreibung wird natürlich den Bieterfirmen einen gewissen Spielraum geben müssen, je nachdem weöches Gerät und welche Baulogistik im Interesse einer wirtschaftlichen Baudurchführung angeboten werden kann.

Klar ist heute: es wird mehrere dicht aufeinander folgende und ineinander greifende Bauphasen geben:

– Herstellung der Startgrube an der Eberswalder Straße
– Trennung bisheriger Kanalanschlüsse, Abdichtung und ggf. Umleitung
– Herstellung einer Zielgrube am Gleimtunnel, der vermutlich für längere Zeit gesperrt werden muß
– unterirdischer Vortrieb und Einbau der Betonrohre,
– Bau und Betonierung der beiden Hauptanschlußbauwerke
– Umschluß- und Anschlußarbeiten der anzuschließenden Kanäle und deren Abdichtung
– Wartezeiten für Abbinden von Beton, Beschichtungen und Abdichtungen.

Klar ist: wenn die Baumaßnahme läuft, sieht man nur während des Aushubs und Vortriebs viele LKW-Fahrten von und zur Baustelle. Der unterirdische Rohrvortrieb wird von Fachleuten anhand vergleichbarer Bauvorhaben auf eine Dauer von ca. 74-90 Tagen geschätzt.

Der Bau der beiden Hauptanschlußbauwerke dauert jeweils ca. 1 Jahr, soviel ist auch vergleichbaren Bauvorhaben bekannt. Jedoch müssen die beiden Bauwerke nacheinander errichtet werden – und so dehnt sich die Gesamtbauzeit auf bis zu 2 Jahre aus.

Nach Baustelleneinrichtung, Aushub, Baugrubenverbau und den Betonarbeiten wird über lange Zeiten nur unterirdisch in Kanälen und Schächten gearbeitet. Oberirdisch ist dann fast nichts von der Bautätigkeit zu sehen. Es sind scheinbare Stillstands-Zeiten, an denen leicht Kritik aufkommen kann, „… weil sich auf der Baustelle nichts tut“.

Im Bauablauf können daher mit zunehmenden Baufortschritt auch die Baugruben abgedeckt und die gesperrten Flächen verkleinert werden.

Verlauf des Stauraumkanals im Mauerpark - Foto: Berliner Wasserbetriebe
Verlauf des Stauraumkanals im Mauerpark – Foto: Berliner Wasserbetriebe

Nutzungseinschränkungen

Nutzungseinschränkungen im >Mauerpark selbst werden so gering wie möglich gehalten. Im Eingangsbereich Schwedter Straße wird die Startbaugrube für den unterirdischen Vortrieb in dem Abmessungen 7×12 m direkt auf der Schwedter Straße den Zutritt zum Park an dieser Stelle einschränken. Allerdings werden Baunebenlagerflächen für Rohre und Kranaufstellung benötigt. Die notwendige Fläche für die Baustellenabsperrung wird daher zeitweise erheblich größer sein.

In der Schwedter Straße im Mauerpark wird es auch mehrere Kontrollschächte geben. Diese werden mit üblichen Schachtabdeckungen ausgeführt und mit Gullydeckeln im Pflaster eingelassen.

An der Gleimstraße wird die Zielbaugrube wird nicht größer als 5x 6 m sein. Deren Lage wird jedoch zu Verkehrseinschränkungen führen, und zumindest auch zeitweilig eine Sperrung des Gleimtunnels erforderlich machen.

Verkehrseinschränkungen während der Bauzeit

Die Verkehrseinschränkungen für Fußgängerverkehr, Fahrradverkehr, Kfz-Verkehr und den öffentlichen Personennahverkehr werden überschaubar sein. Für Fussgänger und Fahrradverkehrs werden Ersatzwege geschaffen, die nach Abschluss der Bauarbeiten wieder zurückgebaut werden.
Baugruben für die Regenüberlaufbauwerke und für den Pumpenschacht sind jeweils im öffentlichen Straßenland in der Gleimstraße und der Eberswalder Straße verortet. Jeweils für die Dauer dieser Bauabschnitte wird es im öffentlichen Straßenland Bausstellenabsperrungen geben. In jedem Fall soll eine eine längere Unterbrechung der Tram M10 vermieden werden.

Bedenken wegen der Verkehrsführung während der Bauzeit, wurden in der Informationsveranstaltung vom Publikum geäußert. Vor allem gibt es die Sorge, die bisher verkehrsberuhigte Zone im nördlichen Ende der Schwedter Straße und die Kopenhagener Straße könnten dauerhaft zu Schleichwegen werden.
Die genaue Verkehrsführung kann jedoch zum derzeitigen Stand der Vorplanung nicht geklärt werden. Stefan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe, verwies im Gespräch mit der Redaktion darauf, das „erst nach der Ausschreibung“ Details des Bauablaufs festgelegt werden können.

Daraus folgt: erst Ende 2016 wird es letzte Klarheit über die Verkehrsführung geben können. Auch die genaue Höhe der Baukosten, die bisher auf 9-10 Mio. € geschätzt wird, wird erst nach der Auftragsvergabe Ende 2016 feststehen.

Weitere Bürgerinformationen geplant

Nach den Vorstellungen des Projektes im Januar 2011 in der Bürgerwerkstatt Mauerpark, nach der Bürgerinformationsveranstaltung im Kino Colosseum im September 2013, sowie der Behandlung in der BVV-Pankow, war die Informationsveranstaltung im Haus der Sinne die 3. offene Informationsveranstaltung.
Weitere Bürgerinformationsveranstaltungen sind geplant und werden zur Vorstellung der Entwurfsplanung und später zur unmittelbaren Vorbereitung der Bauphase notwendig.

Mit den Berliner Wasserbetrieben, Bezirksamt Pankow und Vertretern der BVV, sowie Vertretern von Anwohnerinitiativen beidseitig des Mauerparks wird zudem eine Projektsteuergruppe eingerichtet, um die weitere direkte Kommunikation und Problembehandlung sicher zu stellen.

m/s