/// Kolummne /// – Die Rente ist nicht mehr sicher – das Renteneintrittsalter muss erhöht werden. Die Bundesbank berechnet in einem aktuellen Vorstoß ein notwendiges Renteneintrittsalter von 69 Jahren. Klaus Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) verlangt sogar eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre. Ein Alter, das Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel (SPD) für eine ziemlich bekloppte Idee hält.
Die Debatte um das Renteneintrittsalter begann schon zu Zeiten der großen Finanzkrise 2007.
Der damalige Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, brachte 2007 sogar eine Rente mit 77 ins Spiel (SPIEGEL 22.11.2007). „Nach Berechnung der Uno müssten die Deutschen bis 77 arbeiten, wenn man das heutige Rentenniveau ohne Erhöhung der Beitragssätze und Steuern beibehalten wollte“, sagte Sinn der Zeitung. Natürlich sei die Zahl absurd. „Sie zeigt aber, wie wenig wir die Lage im Griff haben und dass die ‚Rente mit 67‘ nicht ausreicht.“
Experten sind inzwischen sicher – „Selbst eine Rente mit 69 kann den Sozialstaat nicht retten!“ (WELT 17.8.2016).
Immerhin: man gibt zu bedenken: „Vielleicht wäre es an der Zeit, nach einer Alternative zu suchen, die den kommenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.“.
Dänemark: Renten an Lebenserwartung knüpfen
In Dänemark geht man inzwischen voran: hier soll das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung geknüpft werden – das ist schon eine beschlossene Sache. Bereits bis 2022 wird das reguläre Renteneintrittsalter hier von 65 auf 67 steigen – sieben Jahre früher als in Deutschland. 2030 erfolgt dann eine weitere Anhebung auf 68 Jahre.
Doch damit nicht genug: Die großen Volksparteien in Dänemark haben sich nach jahrelangen Debatten darauf verständigt, das Renteneintrittsalter noch weiter zu erhöhen und an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. Das Modell wurde schon 2015 beschlossen. Die harte Regel: Egal wie alt wir werden: 15 Jahre Rente sind genug! (FOCUS 17.08.2016)
Der wichtigste Punkt: Jeder Däne soll im Schnitt künftig nur etwa 15 Jahre seines Lebens im Ruhestand verbringen, egal wie hoch die Lebenserwartung klettern wird. Wenn also die durchschnittliche Lebenserwartung einer Generation auf 90 Jahre steigt, muss diese Generation eben bis 75 arbeiten.
Ist das Modell „Rente“ im 21. Jahrhundert überhaupt noch zeitgemäß?
Das Modell der Rentenversicherung wurde als „Invaliditäts- und Altersversicherung“ am 22. Juni 1889 (nach Beschlussfassung am 24. Mai 1889) durch den Reichstag zum 1. Januar 1891 als Rentenversicherung der Arbeiter (RV) eingeführt.
Damals wurde eine Altersrente ab dem 70. Lebensjahr vorgesehen, allerdings bei einer wesentlich geringeren Lebenserwartung als heute. Daneben gab es eine Invalidenrente bei Erwerbsunfähigkeit. Die Voraussetzung für die Altersrente waren mindestens 30 Jahre Beitragszahlung (mit der damals üblichen 60-Stunden-Woche). Dieser Versicherungszweig war nach Einführung der Regelungen zur Krankenversicherung (1883) und der Unfallversicherung (1884) die letzte Regelung zur Sozialversicherung unter dem damaligen Reichskanzler Otto von Bismarck.
Das System der deutschen Rentenversicherung wurde immer weiter ausgebaut. Doch die Rentenversicherung ist heute ein überaus ungerechtes System:
Karl Lauterbach schreibt in seiner Monographie „Der Zweiklassenstaat“:
„Die armen Rentner subventionierten die Reichen, da die Lebenserwartung von Niedriglohnempfängern um 10 Jahre niedriger liege als die der Bezieher hoher Renten. Nirgendwo in Europa sei dieser Unterschied so deutlich. Im Vergleich mit den einbezahlten Beiträgen verliere der Arme, dessen Einkommen 50 % unter dem Durchschnitt liege, 30 000 Euro, während derjenige, der ein zweimal so hohes Einkommen wie der Durchschnitt erzielt, durch die Rente über 100 000 Euro hinzugewinne. Die Arbeiter zahlten demnach die hohe Rendite der Angestellten und decken über ihre Steuern zudem noch die Beamtenpensionen ab.“
Das Modell ist daher dringend reformbedürftig – und der Blick in die Schweiz, nach Österreich und Dänemark zeigt: es geht auch gerechter, mit vergleichsweise höheren Renten und breiter Absicherung für alle – bei hohen Lebensstandard.
Überlebt die bisherige Rentenversicherung als System?
Die digitale Revolution erfasst derzeit alle Lebensbereiche. Rund 40% aller Erwerbsarbeitsplätze stehen in absehbaer Zeit völlig zur Disposition. Das Lebensarbeitseinkommen wird immer unsicherer, die Arbeits-Biographien werden immer brüchiger. Das Gesamtsystem der Rentenfinanzierung, das auf Erwerbsarbeit baut, ist womöglich ein System, das mit der Stillegung von Atomkraftwerken, mit dem Stop der Braunkohlenutzung und dem Verbot von Verbrennungsmotoren ebenfalls „zur Industriegeschichte“ ausläuft.
Der derzeitige Geldüberhang, Niedrigzinsen und sogar Negativzinsen deuten auf schwerwiegende ökonomische Systemprobleme hin, die auch alle Gewissheiten um die künftige Rentenfinanzierung und private Altersvorsorge berühren.
Befindet sich die Weltwirtschaft aufgrund der revolutionären Produktivitätsvorteile bei automatischen Fabriken und automatisierter Produktion nach dem Muster von Industrie 4.0. bereits in einer „Todesspirale“? – Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hat bereits entsprechende Besorgnisse formuliert (PaAllgZ 28.6.2016).
Oder befindet sich das Wirtschaftssystem vor einem neuen Quantensprung, der durch Digitalisierung und eine neue digitale Revolution vorangebracht wird`? In der Zählung der industriellen Revolutionen deutet es sich bereits an: die Mensch-Roboter-Kooperation kommt.
Modelle wie Atlas von Boston Dynamics sind bereits in der Lage, autonom wie ein Mensch einfache Tätigkeiten zu übernehmen. Auch mit der Orientierung klappt es gut.
Kommt Renten-Revolution und die Rentenversicherung 5.O?
Am Anfang der „digitalen Rentenrevolution“ steht eine ganz einfache Frage:
„Wenn die Arbeitswelt immer mehr von Robotern bestritten wird, kann der älter werdende Mensch künftig auch einen eigenen Roboter-Assistenten zur Arbeit schicken, um Erwerb und „Roboter-Rente“ zu verdienen?
Müssen wir künftig einen Bereich „gemeinnützige Roboterarbeit“ einrichten, in dem ein „Paritätischer Roboter-Arbeitsverband“ Tätigkeiten organisiert, um Erwerb und Rente 5.0 zu finanzieren?
Ist es denkbar, dass Menschen künftig ihre Lebensarbeitszeit als „Roboter-Kooperations-Partner“, „Aufseher und Dispatcher“ verlängern, um so nützliche Arbeit und Erwerb bis ins hohe Alter zu sichern?
Politik, Ökonomie und innovative Köpfe sind aufgerufen – die Rentenversicherung 5.0 zu entwerfen und zu testen!
Weitere Informationen:
Bekloppt? Verrückt? Innovativ? – Notwendig? Fragen Sie das „Smart Economy Office 5.0“
info@sozialliberalepartei.de