Das Berliner Abwasserkanalnetz ist sanierungsbedürftig. Die Berliner Wasserbetriebe wenden dafür jährlich Millionensummen auf. Autofahrer und Fußgänger werden dabei meist wochenlang durch Baugruben und Bauzäune umgeleitet und behindert. Das meiste Geld für die Kanalsanierung wird sogar für Abbruch, Aushub und Wiederherstellung der Straßen- und Gehwegflächen ausgegeben. Doch es geht auch anders.
Sanierung durch Inliner kommt ohne Aufgraben der Straßen aus
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Mauerpark, um Weddinger Brunnenviertel werden unter der Stralsunder Straße die alten Abwasserkanäle erneuert, die Experten sagen: „verjüngt“.
Die Berliner Wasserbetriebe erneuern in dieser Woche einen alten Abwasserkanal durch Einzug eines mit Glasfasern verstärkten Kunststoffschlauches. Der alte rissige Abwasserkanal aus Mauerwerk und Beton wird von Innen neu ausgekleidet.
Mit dieser hochmodernen und umweltfreundlichen Technik, deren Einsatz jährlich an Bedeutung gewinnt, haben die Berliner Wasserbetriebe seit 2008 insgesamt rund 60 Kilometer Abwasserkanäle wieder fit gemacht.
Dahinter verbergen sich Hunderte Baustellen, von denen zwei Drittel selbst und ein Drittel von Spezialfirmen erledigt worden sind.
Was sind „Inliner“
Inliner sind vereinfacht gesagt Kunststoffschläuche, die in schadhafte Abwasserkanäle eingezogen und dort mit dem alten Kanal verklebt oder durch UV-Licht ausgehärtet werden. Dies funktioniert ohne Aufgraben und ist schonend für Anwohner, Verkehr und Bäume – obendrein sehr kostensparend und schnell.
Ein renovierter Abwasserkanal ist danach für mindestens 30 Jahre wieder uneingeschränkt nutzbar.
Glasfaserschlauch einziehen, aufblasen und mit gleißendem Licht härten
Wie funktioniert das Verfahren? Stefan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe erläutert das Verfahren so:
„Zuerst wird der Kanal durch Hochdruckspülen gesäubert und dann mit Kautschukblasen abgesperrt und so trocken gehalten.
Ein Kameraroboter durchfährt den Bereich und dokumentiert die Lage der abzweigenden Hausanschlüsse und Schäden.
Dann schlägt die Stunde des UV-Liners. Ein Schlauch aus mehreren Lagen harzgetränkten Glasfasergewebes wird mit einer Seilwinde im Kanal von einem Eisteigschacht zum nächsten gezogen. Je nach Länge und Dimension einer solchen so genannten Kanalhaltung zwischen zwei Schächten kann der Schlauch bis zu 90 Meter lang sein und einen Durchmesser von bis zu 60 Zentimetern haben. Ist der Schlauch im Kanal, wird er mit Druckluft aufgeblasen und damit an die Innenwände des alten Rohrs gedrückt. Anschließend durchfährt ein Lampenzug den Schlauch. Das Licht von acht UV-Strahlern mit je 400 Watt härtet das Harz und somit den Schlauch aus. Spezialisten der Wasserbetriebe steuern den Arbeitsablauf vom Lkw aus. Am Computer werden Druck, Temperatur und Tempo dokumentiert.“
Sanierung und Renovierung überholt bald den Neubau
Diese punktgenaue und kostensparende Art der Sanierung durch Inliner gewinnt in Zukunft erheblich an Bedeutung. Für die nächsten Jahre planen die Wasserbetriebe derzeit konkrete Maßnahmen mit einer Gesamtlänge von 40 Kilometern am Markt zu vergeben und pro Jahr rund 8 Kilometer mit eigenen Leuten zu erledigen.
Nach dem weitgehenden Abschluss der Erstkanalisierung von Siedlungsgebieten in den Außenbezirken wird die Pflege der innerstädtischen Kanäle damit deutlich verstärkt.
Insgesamt saniert bzw. renoviert das Unternehmen bis 2019 rund 390 Kilometer Abwasserkanäle und wendet dafür 567 Mio. Euro auf.
Weitere Informationen:
www.bwb.de