Dienstag, 19. März 2024
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25. Wirtschaftstag Berlin-Pankow im Zeiss-Großplanetarium

Zeiss Großplanetarium - Foto: © visitPankow

„Wie viel TOURISTEN braucht die KREATIVWIRTSCHAFT? – Was ist moderner Tourismus? – Welchen Reiz hat der STADTRAND für die Touristen?“ – das Motto des 25. Wirtschaftstag Berlin-Pankow setzt sich mit der Zielfindung für die Tourismuswirtschaft in Pankow auseinander, die künftig auch den von visit berlin entwickelten Zielsetzungen folgen soll. Das von der BTE Kommunalberatung erarbeitete „Tourismuskonzept Pankow 2018+“ wird u. a. vorgestellt.

Die kostenlose Veranstaltung ist auf der deutschen Internetseite des kalifornischen Anbieters Eventbrite angekündigt.

Tourismuskonzept 2018+ für Berlin und Pankow

Das vom Berliner Senat und den Bezirken am 4.Oktober 2018 besschlossene Tourismuskonzept 2018+ sieht eine stärkere Vernetzung mit den Marketing-Aktivitäten von visit berlin vor. Das Konzept basierte auf einer Vorlage der Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Ramona Pop.

Tourismus in Berlin soll nachhaltiger und stadtverträglicher werden

Der jährliche Umsatz von 11,5 Mrd. € bringt für Berlin einen Beschäftigungseffekt von 235.000 Vollzeitbeschäftigten. Die Rahmenbedingungen für den Berliner Tourismus haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. „Overtourism“ – die Überlastung einzelner Straßen und Stadtteile wird auch in Berlin zum Problem.
In Friedrichshain wurde z.B. schon die Löschung einer App von visit berlin gefordert, weil die Simon-Dach-Straße von Touristen überfrequentiert wird.

Eine Neuanpassung ist erforderlich. Um die Akzeptanz bei den Berlinerinnen und Berlinern zu erhalten, müssen rechtzeitig gezielte Maßnahmen ergriffen werden. Der Fokus soll künftig zukunftsgerichtet auf einem stadtverträglichen und nachhaltigen Tourismus ausgerichtet werden.

In dem Beitrag „Tourismuskonzept 2018+ für Berlin und Pankow“ wurden die Leitlinien schon skizziert.

Pankower Tourismusentwicklung: fehlende Aufgabenkritik und einseitige Sicht von Akteuren

Ursprüngliches Ziel der Gründung des tic Kultur- und Tourismusmarketing Berlin-Pankow vor über fünfundzwanzig Jahren war es, ein eigenes tragfähiges Geschäftsmodell aufzubauen.

Anders als in Brandenburg gibt es jedoch keine in Berlin keine Tourismusumlage. Auch hat man sich in Pankow geweigert zur Kenntnis zu nehmen, dass ein wettbewerbsfähiges Geschäftsmodell nicht mit Vereinsstrukturen und Praktikanten aufzubauen ist.

Stattdessen wurde über die Jahre ein reines staatliches Zuwendungsmodell unterhalten, das Jahr für Jahr von der Bezirksverordnetenversammlung praktisch nur „durchgewinkt“ wurde. So werden etwa teure Broschüren mit Monatsprogrammen und Anzeigen für „Schwangerschaftsberatung“ und „Pilates“ u.v.m. gedruckt, und niemand hat sich je gefragt, welchen Bedarf der typische 3-Tages-Städtetourist tatsächlich hat.

Das tic hat zudem Jahr um Jahr nur eine „persönliche Beratungs-Reichweite“ auf dem Gelände der Kulturbrauerei hergestellt. Zu Touristen, die bereits in der Stadt sind. Diese Gesamtbesucherzahl im Jahr entsprach dabei der Tagesbesucherzahl im Mauerpark an einem einzigen sonnigen Sommersonntag.

Statt „strategische Tourismusentwicklung“ und „Förderung der Übernachtungszahlen“ hat Pankow über 25 Jahre in „Tourismus-Gespräche und touristische Tagesunterhaltung“ von Tagestouristen investiert.

Statistk Übernachtungen
Statistk Übernachtungen: Pankow stabil, Zuwachs in zwei Bezirken – Grafik: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Nr.32 – 26.2.2018

Anders als in Potsdam hat Pankow auch nie in Qualitätsverbünde investiert, wie etwa mit den erfolgreichen Kampagnen „Potdamer Gastlichkeit“ oder „Brandenburger Gastlichkeit“. So treffen Gäste auch heute noch auf unqualifiziertes Personal, „speckige Speisekarten“ und zum Teil auch „unterirdische Servicequalitäten“.

Die BTE Tourismus- und Regionalberatung hat nun ein notwendiges Jahres-Budget von 260.000 EUR für den Ressourcenbedarf für die lokalen und bezirklichen Tourismusaufgaben identifiziert. Dies entspricht dem Äquivalent von „4 VZÄ + Aushilfskräfte in TIC“.

Die Intention: die Deckungslücke aus Haushaltsmitteln und CityTax Einnahmen durch den Bezirk decken, ergänzt durch einen Landeszuschuss, zu finanzieren. Nicht bedacht dabei: die Einnahmen aus der City-Tax waren ursprünglich der Freien Szene in Aussicht gestellt.

Die BTE-Tourismusberatung schreibt in ihrem Endbericht „TOURISMUSKONZEPT FÜR DEN BEZIRK PANKOW VON BERLIN“ (Seite 43): „Um entsprechend der Zielstellung des Tourismuskonzeptes Berlin 2018+ eine nachhaltige Tourismusentwicklung in den Bezirken umzu-
setzen, bedarf es potente Strukturen vor Ort. Ansonsten ist „viel gewollt, aber wenig gekonnt“. Die wichtigen Manager im Bezirksteam (gemeint ist visit berlin) leiten an, die Inhalte müssen aus den Bezirken selbst kommen wie auch die Arbeit am Angebot, Produkt und Qualität vor Ort.“

Die BTE-Tourismusberatung gibt jedoch dort auch wesentliche Einschränkungen zu bedenken:

„Die Möglichkeit einer Erwirtschaftung vermehrter eigener Erträge in der TIC ist limitiert. Dies liegt zum einen im veränderten Informations- und Buchungsverhalten der Gäste, zum anderen in den veränderten Rahmenbedingungen durch das EU-Beihilfe- und Vergaberecht (siehe hierzu nachfolgenden Informationskasten) begründet.“

Exxkurs Vergaberecht BTE
Grafik: BTE TOURISMUSKONZEPT FÜR DEN BEZIRK PANKOW VON BERLIN Seite 44

Die größte Einschränkung aber liegt in der Methodik der BTE-Online-Befragung, die in der „Anlage 2 zum Tourismuskonzept für den Bezirk Pankow von Berlin | Ergebnisse der Onlinebefragung“ offenkundig wird. Es gibt zu wenige Teilnehmer, und die Sicht von „Leistungsanbietern“ hat ein Übergewicht. So gibt es etwa keine „Sensitivitätsanalysen“, wieviele Gäste vor Ort verträglich sind. Auch werden Ziele empfohlen, wie der Friedhof Weißensee, bei den ein Fotografierverbot gilt. Heimatkundlich bedeutsame Orte werden genannt, die touristisch unerschlossen sind. Eine Zielgruppen-Zuordnung der touristischen „Highlights“ ist noch sehr unvollständig – obwohl es längst Daten zu Besucherkapazitäten und -präferenzen bzw. fehlenden Interesse gibt.

Diskriminierung im Wettbewerb oder Subventionsklüngel?

Der Bezirk Pankow hat bisher keine eigenständige strategische Alternative für die „Tourismus-Entwicklung“ in Pankow vorgelegt. Die „touristische In-Group“ um Stefanie Gronau, Sascha Hilliger & Co. hat es offenbar über Jahre verstanden, Kritiker außen vor zu halten.

Die letzte offizielle Einladung an die Redaktion der Pankower Allgemeime Zeitung zum Tourismus-Stammtisch datiert z.B.noch in die Amtszeit von Bürgermeister Matthias Köhne. Der BTE-Tourismusberatung wurde offenbar auch die Existenz von „visitpankow.de“ verschwiegen, denn Rückfragen zur Tourismus-Entwicklung wurden nie gestellt.

Auch Pankower Wirtschaftsvereine, SPD-Pankow und andere haben sich offenbar von „Klümgelwirtschaftlern“ im Tourismus einlullen lassen! Viele wirtschaftliche Chancen wurden verpaßt, ob Blumenfest oder berlinweites Binnenmarketing für „Pankower Produkte“.

Die SPD Pankow hat sogar einen Vorschlag für einen „PankowMarkt“ liegen gelassen, und sich lieber auf ehrenamtliche Kiezfestivitäten konzentriert.

Nun müssen die wirtschaftlichen Akteure und touristischen Leistungsanbieter selbst genauer nachschauen, was mit Steuermitteln für „Tourismusförderung“ in Pankow angestellt wird, und welche volkswirtschaftlichen Effekte tatsächlich gefragt sind. Auch bei visit berlin muss womöglich neu nachgedacht weren, denn die Denkfigur vom „Touristenströme in Bezirke lenken“ geht von falschen Prämissen aus, und setzt „Sensitivitäts- und KapazitätsAnalysen“ vor Ort voraus. Schaut man genauer nach, verfügen die „Highlights“ vielerorts über verschwindend geringe Kapazität, und zudem „wetterempfindlich“ und „unattraktiv“.

Vor allem Wirtschaftsstadträtin Rona Tiedje (SPD) muss nun gefragt werden, warum der „25. Wirtschaftstag Berlin-Pankow im Zeiss-Großplanetarium“ noch nicht einmal mit öffentlicher Pressemitteilung auf dem Bezirksamts-Portal angekündigt ist, sondern nur auf dem wenig frequentierten Wirtschaftsportal?.