Samstag, 14. Dezember 2024
Home > Natur > Afrikanische Schweinepest: „Wie real ist die Gefahr?“

Afrikanische Schweinepest: „Wie real ist die Gefahr?“

Wildschwein (Sus scrofa)

Die Afrikanische Schweinepest (ASP), ist eine ursprünglich in Afrika beheimatete Virusinfektion, die durch direkten Tierkontakt oder über Zeckenstiche übertragen wird. Auch virusverseuchte Fleischwaren wie z. B. Salami oder Schinken können bis zu 6 Monate ansteckungsfähig bleiben. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 2 und 14 Tage. Der Erreger gelangt über das Maul oder die Nase in den Rachenraum, wo er sich in den Lymphknoten ansiedelt und vermehrt. Nach ein bis drei Tagen gelangt das Virus in den Blutkreislauf (Virämie) und befällt dann die Körperorgane. Erkranktn Tiere scheiden das Virus über Kot, Harn und Nasensekret aus und bilden somit die Ansteckungsquelle für weitere Tiere. Sind Körperorgane befallen, sterben die Tiere relativ schnell.

Die Ansteckungsgefahr ist bei der ASP wesentlich geringer als bei der Europäischen Schweinepest. Die Erkrankung kann perakut, akut, chronisch oder subakut verlaufen. Meist erkranken nur Einzeltiere, Tröpfcheninfektionen spielen keine Rolle. Es bilden sich aher häufig örtlich begrenzte Naturherde, in denen die Erkrankung immer wieder auftritt, aber nie erlischt (sog. „Habitatseuche“). Andere Tiere infizieren sich erst nach dem Tod eines befallenen Tiers, wenn sie an den Kadavern schnüffeln oder fressen.
Die Seuche wird in der Regel zuerst durch Jäger beobachtet, wenn sie in der freien Natur auf „Fallwild“ stoßen, tote Tiere, die durch Infektion oder andere natürliche Ursachen zu Tode kamen.

Ausbreitung der Afrikanische Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest ist anzeigepflichtig, und wird von der Weltorganisation für Tiergesundheit OIE und dem Animal Disease Notification System ADNS der EU überwacht, die alle gemeldeten Fälle/Ausbrüche von Afrikanischer Schweinepest bei Wild- und Hausschweinen seit 2007 betreffen.

In Deutschland überwacht das Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI) als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft das Tierseuchengeschehen. Basierend auf den Daten der OIE hat das FLI eine Animation der Ausbreitung erstellt, die mit dem 23.4.2007 in der Hafenstadt Poti in Georgien beginnt. Hier ist die Version der OIE vom 1.Februar 2018 zu sehen. Wer genau hinschaut, findet auch den bisher westlichsten Ort, an den ASP gemeldet wurde. Es ist ganz im Osten der Tchechischen Republik, rund 300 Kilometer von der bayrischen Grenze entfernt.

Insgesamt hat sich die Zahl der Ausbrüche der ASP in Osteuropa innerhalb von drei Jahren von 300 auf mehr als 3000 erhöht.

 

Tierseuchenvorsorge und Subventionen

Nach § 27 Absatz 2 Satz 3 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) beobachtet das Friedrich-Loeffler-Institut im Rahmen der Prävention die weltweite Tierseuchensituation und macht frühzeitig auf eventuelle Gefahren aufmerksam, zum Beispiel die drohende Einschleppung von Tierseuchenerregern durch lebende Tiere oder Erzeugnisse. In seinem monatlichen Radar Bulletin beschreibt das FLI kurz und prägnant die aktuelle, internationale Lage der wichtigsten Tierseuchen und bewertet ihre Gefahrenlage nach den Ampelfarben grün, gelb und rot. Das Archiv ist bei Open Agrar zu finden.

Angesichts des aktuellen ASP-Seuchenverlaufes in Europa hat das FLI insbesondere die Jägerschaft aufgefordert, ein vermehrtes Auftreten von Fallwild (bei Schwarzwild) der zuständigen Behörde zu melden und geeignete Proben (v. a. Blut, Lymphknoten, Milz, Lunge) amtlich abklären zu lassen. Ein vereinfachtes Probennahmeverfahren wird im Merkblatt „Früherkennung der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen: Vereinfachtes Probennahmeverfahren für die passive Surveillance der ASP“

Schon am 14. August 2017 hat das FLI ein Merkblatt „Maßnahmen im Falle eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen, Stand 10.08.2017, herausgegeben.

Das bayrische Landwirtschaftsministerium hat zur Unterstützung der Vorsorge zwei verschiedene Maßnahmen in Gang gesetzt, die als Subventionen auch eine gewisse wirtschaftlichen Eigendynamik entfalten:

Jäger erhalten für jede Probenahme bei Fallwild, die dem Veterinär übergeben wird einen Zuschuß von 20 €. Prof. Dr. Hartmut Wunderratsch vom Bayrischen Jagdverband Oberfranken erläuterte am 19.1.2018 dies im Bayrischen Rundfunk. Dazu muss man wissen: die obligatorische Trichinenbeschau kostet den Jäger jeweils 27 €.

Im Sinne der präventiven Seuchenbekämpfung hat darüberhinaus die Bayerische Staatsregierung auf Vorschlag des Landtags einen finanziellen Anreiz für den Abschuss von Wildschweinen beschlossen. 20 Euro je erlegtem Tier für den Abschuss von Wildschweinen (Frischlingen und Bachen) sind natürlich ein erheblicher wirtschaftlicher Anreiz für Jäger und Bauern. Bis Ende 2018 stehen dafür 1,5 Millionen Euro im Haushalt des bayrischen Landwirtschaftsministeriums.

 

Die Forderung des bayrischen Bauernverbandes kam Anfang Januar 2018: „70 Prozent der Wildschweine erschießen, landauf, landab und möglichst schnell!“ Die Forderung machte bundesweit Schlagzeilen, weil man hier ein völlig überzogenes Vorgehen befürchtete.
Die Interessenlage der bayrischen Bauern richtet sich auch weniger auf den Seuchenschutz, als vor allem auf den Schutz ihrer Felder und Wiesen, die von Wildschweinen verwüstet werden. Die Wildschwein-Population im Freistaat steigt seit Jahren an – weil die Tiere hier nahezu paradiesische Bedingungen vorfinden und vor allem in den Staatswäldern nur zurückhaltend bejagt wurden. Immerhin: im Jagdjahr 2015/16 wurden rund 85.000 Wildschweine erlegt, so viele wie nie zuvor in Bayern. Die Seuchenvorsorge wird daher zur Gelegenheit, um bei den Schwarzkitteln so richtig aufzuräumen.

Wie groß ist die tatsächliche Gefahr einer Seuche?

Die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest wird gut durch die staatlichen und internationalen Institutionen kontrolliert. Als sich in der Tschechichen Republik ein Verdachtsfall konkretisierte, wurden gleich mehrere 50 Kilometer Kontrollzonen eingerichtet. Die Ausbreitung durch wandernde Wildschweinrotten ist eine eher geringe Gefahr, weil Wildschweine selten mehr als 70 Kilometern wandern. Größer ist die Gefahr, dass in unkontrollierten Schweinebeständen, den sogenannten „Haus- und Hinterhofhaltungen, verseuchte Futterreste weiter verfüttert werden, und nach Schlachtung in die menschliche Verzehrkette geraten. Vor allem in Nicht-EU-Ländern, in der Ukraine und generell in Osteuropa ist die private Schweinehaltung noch immmer Tradition.
Die größte latente Gefahr rührt daher von virusbelasteten Fleischwaren her, die als Mett- und Schinkenbrötchen natürlich auch von LKW-Fahrern verbreitet werden, und als Reste und Abfälle von heimischen Wildschweinen entdeckt werden. Da Lastkraftwagen täglich über hunderte Kilometer fahren, ist die Verbreitungsgefahr tatsächlich hoch.

Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) veröffentlicht daher ihre Informationen zur Afrikanischen Schweinepest auf Karten, die wöchentlic aktualisiert werden und erfaßt dabei die lokalen an das ADNS gemeldeten Fälle von Afrikanischer Schweinepest in Osteuropa in Hausschweinebetrieben (rote Punkte) und bei Wildschweinen (blaue Punkte) und die Restriktionsgebiete, in denen Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Die Karten des FLI sind somit für Jäger, Landwirte und Tierhalter so etwas wie der tägliche Warnwetterbericht.