Dienstag, 19. März 2024
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Bundesamt für Verfassungsschutz & die Schlüsselperson Maaßen

Bundesamt für Verfassungsschutz

/// Kolumne /// – Hans-Georg Maaßen ist seit über sechs Jahren Präsident des Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Maaßen wurde berufen, um in der Behörde aufzuräumen. Wer noch zurückblicken kann, sieht einen umfassendem Reformansatz, der heute auch schon in der Tonalität auf der Internetseite des Bundesamten zu spüren ist: “ …. ich begrüße Sie auf den Internetseiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und freue mich, dass Sie sich für die Arbeit des BfV, des Inlandsnachrichten­dienstes der Bundesrepublik Deutschland, interessieren.“

Es war die SPD, die nach den schrecklichen Erfahrungen mit der rechtsradikalen Terrorzelle NSU eine Reform des Bundesamtes für Verfassungsschutzes gefordert hatten. Die Bundestagsabgeordneten Eva Högl und der innenpolitische Sprecher Burkhard Lischka hatten 2015 ein Papier zur Reform des Verfassungsschutzes vorgestellt.

Einer der zentralen Sätze: „Deutschland braucht einen Verfassungsschutz, der als politisches und gesellschaftliches Frühwarnsystem funktioniert.

Eine der wichtigen Punkt: „Der Verfassungsschutz muss sich schließlich stärker gegenüber der Gesellschaft öffnen. Ein ständiger Dialog ist erforderlich. Durch Aufklärung vor Ort, also in den Städten und Gemeinden, sowie durch offensive Öffentlichkeitsarbeit muss er sein Fachwissen über extremistische Bestrebungen und deren gesellschaftliche Bekämpfung erkennbar und nutzbar machen.“

Maaßen steht nun im Kreuzfeuer und muss seine Position verlassen. Er hat sich mit vier Sätze eines Beamten zu den Ereignissen ins Aus begeben, und eine regelrechte Massenhysterie bei der SPD ausgelöst, die ein immer größeres politisches Echo fand. Berthold Kohler fragt heute : „Lann es tatsächlich sein, dass vier Sätze eines Beamten eine politische Krise verursachen, die alle Beteiligten beschädigt und mit dem Bruch der Regierungskoalition enden könnte?“ (FAZ | 21.09.2018).

Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln
Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln-Chorweiler – Foto: BfV Pressefoto

Was man in der SPD und in der Öffentlichkeit und der bundesdeutschen Qualitätspresse völlig verkennt. Mit Maaßen steht eine Schlüsselperson der gesamten deutschen Sicherheitsarchitektur in der Schußlinie, die die einst geheimnisumwitterte Behörde in Köln durchgreifend nach den Vorgaben der Regierungsparteien modernisiert und an die ständig wachsenden Anforderungen und geopolitischen Veränderungen der Sicherheitslage angepaßt hat. Dabei gibt es auch eine umfassende Verstärkung des Personals auf über 3.100 Mitarbeiter, die noch weiter ausgebaut werden soll.

Terrorakte islamistischer Gewalttäter führten zur Einrichtung einer neuen Abteilung „Islamismus und islamistischer Terrorismus“, und auch die Gewalttaten des rechtsextremistischen Nationalsozialistischen Untergrunds veranlassten das BfV zu einschneidenden Veränderungen. Aufgabenbereiche wurden zusammengelegt und dadurch insbesondere die Abteilung „Rechtsextremismus/-terrorismus“ gestärkt. Durch intensive Investitionen in technisches Know-how, wurde vor allem der Nutzung moderner Kommunikationsmittel – wie z. B. des Internets – durch Extremisten Rechnung getragen.

Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ)

Maaßen ist auch einer der wichtigen Köpfe und Architekten hinter dem Konzept, Verfassungsschutzaufgaben auch durch Einbeziehhung von Öffentlichkeit wahrzunehmen und die wehrhafte Demokratie durch Aufklärung und Information der Bürger zu stärken. Neben den als Tätigkeitsnachweisen geführten alljährlichen Verfassungsschutzberichte stehen viele Publikationen, die mit ihrer Wirkung auch zur Stärkung von Polizeiarbeit, Verfassungsschutz vor Ort und zur verbesserten Prävention beitragen.

Maaßen hat auch „Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ)“ mit auf den Weg gebracht. Es nahm am 15. November 2012 seine Arbeit unter der Verantwortung von Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) auf.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat dabei eine zentrale koordinierende Rolle, die gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt (BKA) wahrgenommen wird.

Es liegt in der Natur der koordinierenden Aufgaben, dass einer der wichtigsten Köpfe hinter dieser Sicherheitsarchitektur nicht einfach ohne gravierende Folgen aus dem Amt heraus genommen werden kann. Zudem genießt Maaßen in weiten Teilen der deutschen und internationalen Sicherheitsbehörden ein hohes Ansehen. Maaßen ist es auch, der die heterogenen IT-Architekturen der einzelnen Polizeien, Länderpolizeien und Sicherheitsbehörden überblickt, und systemische Neubeschaffungen zu organisieren versucht.

Vor allem die Koordinierung und Vereinheitlichungen von Bundesbehörden Länderbehörden und Landesämtern für Verfassungsschutz erfordert ein umfassendes Konzept bei der Abstimmung von IT-Systemen, Datenbanken und Überwachungsstrategien.

Wenn nun Georg Maaßen aus den wichtigsten innen- und sicherheitspolitisch elementaren Aufgaben abgezogen werden soll, sollten die Regierungsparteien auch einen geeigneten Ersatzkandidaten vorschlagen, der jedoch bislang bei keiner der drei Regierungsparteien zu finden ist. Es droht ein ähnlich komplexer Schaden, wie beim Rauschmiß von Generalplanern komplexer Großbauten.

Internationale und vernetzte Sicherheitsprobleme mit Terror-Risiken

Die Bundesrepublik Deutschland hat als „bewaffnete und zum Teil kriegführende Nation“ in mehreren internationaln Konflikten enorme Sicherheitsprobleme, angefangen von Afghanistan und Irak bis hin zu Terrornetzwerken. Als NATO-Partner und Ziel extremistischer, terroristischer und hybrider Konfliktführungsstrategien treten viele miteinander vernetzte Sicherheitsfragen auf. In diesen hochsensiblen Aufgabenbereichen kann man nur mit Personalentwicklung und nicht mit voreiligen Kündigungen mehr Schutz und Sicherheit erreichen.

Nicht zu Letzt: der kommende Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Köln ist eine sicherheitspolitische Herausforderung, die durch kurdisch-türkische Konflikte belastet wird. Dazu kommt die Entscheidung, den größten deutsche Moscheeverband Ditib künftig durch den Verfassungsschutz auf staatsfeindliche Ziele überprüfen zu lassen, was vor allem in SPD-Kreisen Bestürzung ausgelöst hat. Hier wird womöglich nicht offen agiert – um einen unbequemen aber konsequenten Verfassungsschutzpräsidenten stillzulegen.

Dr. Hans-Georg Maaßen
BfV-Präsident Dr. Hans-Georg Maaßen – Foto: Bundesamt für Verfassungsschutz

Verfasssungsschutz – Innere und Äußere Sicherheit und Regierungsfähigkeit

Die von der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles in Gang gesetzte Ablösung der Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen trifft einen im Bundesministerium für Inneres, Heimat und Bau schwer verzichtbaren Experten. Bundesminister Horst Seehofer kann an dieser Personalie eigentlich nicht nachgeben, ohne die Sicherheit des Landes auf eine schwer absehbare Übergangszeit hinaus zu gefährden.

Vor allem aber ist bedenklich, dass auch ein Experte aus dem Rennen genommen werden soll, der erstmals die „Digitale Souveränität im Cyberraum“ definiert hat, und auch die Strategie für Nationale CyberSicherheit mit vorbereitet hat.

Die streitenden Regierungsparteien SPD, CDU und CSU müssen sich nun auch vom Bürger fragen lassen, wie weit sie noch Partei-Interessen vor die Sicherheitsinteressen des Landes stellen wollen, und wie sie die Sicherheitslage im Vorfeld des nächsten Staatsbesuch garantieren wollen.