Mittwoch, 24. April 2024
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Investitionen & Finanzausgleich

Bundesschatzministerium für Daseinsvorsorge,
Investitionen & Finanzausgleich

Haus Carstanjen in Bad Godesberg

/// Kolumne /// – Afrika hat eine Agenda 2063, Japan denkt 50 Jahre voraus, organisiert die „Society 5.0“ mit Mensch-Roboter- und Smart-City-Systemen. Indien hat eine langfristige volkswirtschaftliche Zukunftsstrategie, China auch … . Die EU plant bis sektoral bis 2050. Die Rentenpolitik von Bundesministerin Andrea Nahles endet im Jahr 2042 – so weit reicht derzeit ihr politischer Planungshorizont.

Wer Familien gründet, Häuser baut und Wohnungen kauft, möchte schon etwas mehr Planungssicherheit. Brücken und Tunnel werden auf 150 Jahre Lebensdauer ausgelegt, Gebäude auf mindestens 40 Jahre. Schön, wenn sie über hundert Jahre halten und zu Denkmälern erklärt werden.

Merkel, Seehofer, Schulz, Nahles & Co. haben keine Zukunftstrategien nur „Partei-Programme“. Mitten im 21. Jahrhundert regieren „nicht für den Enkelfall“ gerüstete „Verantwortungsträger“, die nur auf kurze Sicht parteipolitische und mediale Sicht fahren. Sie alle versuchen mit Beteuerungen und medialen Tricks um eine nächste Beauftragung nach der Bundestags-Wahl zu ringen.

Wieviel Zukunft ist in den Partei-Programmen enthalten? Sind es etwa wieder die altbekannten „Narrative des Weiterwurschtelns“ und „Weiter so“, die da in bunten Broschüren und Internetseiten auftauchen?

Generationenübergreifender Handlungsbedarf

Der öffentliche Gesamthaushalt von Bund, Ländern, Gemeinden/Gemeindeverbänden und Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte war Ende 2016 mit 2 006,5 Milliarden Euro verschuldet.

TDeutschland hat aber viel höhere Verbindlichkeiten: die implizite Verschuldung, auch Schattenverschuldung (englisch hidden debt) genannt, betrifft die künftigen unausweichlichen Ausgaben, die künftig auf Staatshaushalt und Volkswirtschaft zukommen. Insbesondere Renten und Pensionen des öffentlichen Dienstes schlagen zu Buche, rund 7 Billionen € bis zum Jahr 2050 ( WELT 13.7.2017).

Dabei sinkt die Zahl der Deutschen, Zuwanderer gleichen aus, aber bereits 50% Migranten leben in Arbeitslosigkeit. Das aktuell sehr hohe Bruttoinlandsprodukt von 3,818 Bio. € (2016) wird so nicht weiter wachsen können.

Die deutsche Volkswirtschaft hat per Saldo ein positives Auslandsvermögen. Das ist den weitaus größeren privaten Nettovermögen zu verdanken, die den öffentlichen Schulden in Deutschland gegenüber stehen.

Die Disparitäten zwischen „Arm und Reich“ wachsen dabei unaufhaltsam. Auch zwischen reichen Städten und Landkreisen – und jenen Regionen, in denen nichts mehr geht! Ein verfassungswidriger Zustand, denn das Grundgesetz fordert Gleichheit und vergleichbare Lebensbedingungem.

Die reichsten 10 % der Bevölkerung besitzen inzwischen rund zwei Drittel des privaten Vermögens. Das Vermögen der reichsten 10 % ist dabei sogar mehr als dreimal größer als die gesamte Staatsverschuldung.

„Euro-Moneto-Sklerose“ – das Geld sitzt „Oben“ fest

Volkswirtschaftlich ergibt sich daraus ein Phänomen, das am Besten „Euro-Moneto-Sklerose“ genannt werden sollte: das Kapital, das in Vermögen „geronnene“ Kapital steckt „Oben“ fest. Die Kapitalbesitzer vergrößern ihre Anstrengungen, Geld zu mehren, und setzen dabei auf sichere Anlageformen, die aber schwächere Akteure aus Märkten verdrängen. „Top-Down“-Innovationen werden gefördert, es gibt keine ausreichenden „Bottom-Up-Innovationen“, die neue Gleichgewichte herstellen können.

Die Volkswirtschaft kann daher im Binnenmarkt nicht wachsen – und ohne Wachstum gibt es auch keinen Zins mehr!

Die Forderungen nach Vermögenssteuern werden laut, doch was der Staat selbst ist heute das größte Wachstumshindernis, weil er vereinnahmte Steuern nur in Erhaltung der Infrastruktur, Subventionen und steigende Verwaltungs- und Verteidigungsausgaben lenkt.

Gleichzeitig sinkt das öffentliche Vermögen, das in staatlicher Infrastruktur als „Buchwert“ abgelegt ist: Brücken rosten, Beton versprödet, Autobahnen verschleißen, genau wie Schienenwege. Dazu verwittern Dächer und Fassaden. Das Anlagevermögen des Staates sinkt Jahr um Jahr mit der Abnutzung, allein in den letzten 15 Jahren um 800 Milliarden €.

Langfristige Zukunftsinvestitionen für die nachhaltige Volkswirtschaft der Post-2030-Ära werden nicht im zureichenden Maß getätigt. Europa droht in weniger als 20 Jahren zur „Weltmarkt-Provinz“ zu werden.

Die Konkurrenz der staatsgelenkten Volkswirtschaften

Wichtige Schlüsselinvestitionen werden heute von chinesischen Staatsfonds getätigt, die auf sehr lange Sicht die Terms of Trade und Handelsbeziehungen bestimmem werden: größtmögliche Containerschiffe, größte Seehäfen, die Schienenverbindung Yiwu-London bzw. Madrid – die Seidenstraßen-Strategie. Auch Investitionen in die Rohstofferschließung, den Aufkauf von Schlüssel-Unternehmen in Deutschland und sogar der weltweite Kauf von Wald und Agrarflächen für die Holz- und Nahrungsmittelproduktion zählen dazu.
Auch andere Länder fangen an, vom chinesischen Modell der staatsgelenkten Volkswirtschaft zu lernen.

Die in den OECD-Ländern gepflegte Wettbewerbskultur mit freien Märkten wird sich auf Dauer wegen der Skalierungsvorteile großer Märkte und Volkswirtschaften nicht mehr ohne „staatliche Flankierung“ behaupten können. Auch das System der Banken- und Kreditregulierung (Basel II und III) muss auf den Prüfstand getellt werden, weil Banken auf Dauer keine „strategischen Mitinvestoren“ für notwendige große und riskante Innovationen sein können.

Finanz- und Strukturprobleme der Volkswirtschaft

Die Energiewende stottert, die Strompreise explodieren, die Deindustrialisierung inmitten der Digitalisierung droht. Dazu kommt die Mega-Krise der deutschen Auto-Industrie, weil man beim Dieselmotor über mindestens zwei Dekaden „betrogen“ hat.

Dutzende Milliarden Euro wurden in der Vergangenheit per Cum-Ex-Geschäften von sozialdemokratiscchen Finanzministern seit Hans Eichel regelrecht „ausverschenkt.“ Große Investoren schaffen sich aktuell illegale Wettbewerbsvorteile durch Share-Deals, bei denen die Grunderwerbssteuer vorerst erspart wird. Steuerausfälle in Milliardenhöhe fallen an, in Berlin schon 960 Mio. €.

Finanzminister Schäuble saniert zwar die Staatsfinanzen, indem er Deutschland zum sicheren Hort für Spekulationsinvestitionen in Immobilien gemacht hat. Doch viele Mieter in 86 Städten und Planungsregionen wissen nicht mehr, wie ihre jeweiligen Leben enden weitergehen sollen, wenn die Mieten weiter steigen.

Auch die Bundeswehr ist ein Katastrophenfall: sie kostet das Doppelte des Verteidigungshaushalts Israels, erfüllt vereinbarte Nato-Verpflichtungen nicht (2% BiP statt 1,2%); Israel hat aber doppelt so hohe Kampfkraft wie die Bundeswehr, an Panzern, Fahrzeugen, Flugzeugen eine zahlenmässig etwa gleich starke Marine. Offenbar versickert Geld in nicht verteidigungsrelevante Bereiche.

Dazu überweist Deutschland jährlich Milliarden € an Drittstaaten, ohne ausreichende Erfolgskontrolle und ohne strategisches Gesamtkonzept, das etwa fairen Handel und komparative Kooperationen aufbaut.

Kurz geagt: eine „enkelsichere 50-Jahre-Wettbewerbsstrategie für die Volkswirtschaft fehlt! Eine Agenda 2068, die über die bisherigen wirtschaftspolitischen Konzepte, Digitale Agenda und die Strategie von Industrie 4.0 hinausdenkt.

Transformation der Weltwirtschaft in die Post-2030-Ära

Auch über den freien und ungesteuerten globalen Wettbewerb und Freihandel muss weiter hinausgedacht werden, um Freiheit und Handel und Nachhaltigkeit miteinander vereinbar zu machen.

Die weltweite Post-2030-Transformation mit Anpassung an den Klimawandel ist unausweichlich. Alle Volkswirtschaften weltweit werden künftig mit „sozioökonomischen Frameworks und Zielsetzungen“ reguliert werden müssen, um ihre Existenz und Resilienz zu sichern. Dazu werden volkswirtschaftliche Langzeitstrategien benötigt.

Die Migrationskrise zeigt, wie dramatisch die Lage schon ist. In Kenia treiben notleidende und dürregeplagte Viehhirten ihr Vieh zu hunderttausenden in Farmland und zerstören so Landwirtschaft und Ernährungsgrundlagen zugleich. Es ist eine Entwicklung, die ganz Afrika in Notstände treiben kann, die auch Europa erfassen kann, bzw. schon erfasst hat.

Haus Carstanjen in Plittersdorf
Haus Carstanjen in Plittersdorf, Bad Godesberg: Rheinseite – Foto: Leit GDFL 1.2

Agenda 2068: Bundesrepublik Deutschland 5.0:
Bundesschatzministerium für Daseinsvorssorge, Investitionen & Finanzausgleich

Die neue Bundesregierung muss grundlegend über eine Reform staatlicher Tätigkeit, Daseinsvorsorge und volkswirtschaftliche Zukunftssicherung nachdenken – und sich schnell entscheiden:

Investitionen, Daseinsvorssorge und Finanzausgleich zwischen den Generationen werden zur systemischen Aufgabe der Volkswirtschaft, die ein zweites mächtiges Ministerium neben dem Bundesfinanzministerium erfordert.

Es ist eine Aufgabe, die sich schon einmal nach dem Zweiten Weltkrieg gestellt hat: damals als Wiederaufbau – heute als Umbau der Volkswirtschaft.

Als Bonn 1949 zum Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland wurde, ist das Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplanes („ERP-Ministerium“) im Haus Carstanjen am Rheinufer untergebracht worden. Hier residierte von 1950 bis zu dessen Auflösung 1969 das später mehrfach umbenannte ERP-Ministerium, das zuletzt als „Bundesschatzministerium“ benannt war. Noch bis 1996 waren hier mehrere Abteilungen des Bundesministeriums der Finanzen ansässig.

Das künftige „Bundesschatzministerium für Daseinsvorssorge, Investitionen & Finanzausgleich“ muss geschaffen werden, um die notwendigen gewaltigen Investitionen in Infrastruktur, Bildungs- und Zukunftsinvestitionen besser zu organisieren, und auch generationenübergreifend nachhaltig zu machen

Demografisch muss beachtet werden: die Weltwirtschaft wird künftig von denen bestimmt, die Kredit bekommen, und nachhaltig investieren können. Neben die großen strategischen „Top-Down-Innovationen“ muss es auch ein ausgewogenes Maß an „bottom-up-Innovationen geben, die Binnenmärkte und kleine Geschäftsmodelle betreffen.

Bei „Top-Down-Innovationen“ wird Startkapital investiert, das vor allem Markteroberung sichert, und viele externe soziale und wirtschaftliche Verdrängungseffekte zu Lasten kleiner Markt-Akteure erzeugt. Das kann nicht auf Dauer gut gehen, denn jeder „Verdrängte“ wird von staatlicher Zuwendung abhängig – in der Folge steigen Steuerlasten und staatliche Tätigkeit.

Vermögensaufbau und Generationenbilanz sind in Deutschland aus dem Lot geraten – das neue „Bundesschatzministerium für Daseinsvorssorge, Investitionen & Finanzausgleich“ muss als Hauptaufgabe ein „Vermögens- und Generationengleichgewicht“ neu herstellen, das die Daseinsvorsorge und Wohlstandsvorsorge der nachwachsenden Generationen sichert.

Neben einer Industriestrategie 5.0, mit Mensch-Roboter-Kollaboration und einer „digitalen Servicialisierung“ aller volkswirtschaftlichen Sektoren ist vor allem die Schaffung eines zukunftssichernden Staatsfonds nach norwegischen Vorbild auf der Agenda.

Das neue „Bundesschatzministerium für Daseinsvorssorge, Investitionen & Finanzausgleich“ ist zugleich ein Angebot an die „Vermögenden“, ihr Kapital zukunftssicherer zum Nutzen und Wohlstand des Landes und der nachwachsenden Generationen „realökonomisch“ einzusetzen. Es ist auch ein Angebot an die politischen Parteien, sich mit den globalen Herausforderungen durch die großen Volkswirtschaften auseinanderzusetzen, und künftig neben „fairen, freien und komparativen Handel auch sichere globale Investitionen“ möglich zu machen!

Weiterführende Informationen:

White-Paper:
„Agenda 2068: Bundesrepublik Deutschland 5.0“
Prioritäten und Aufgaben des „Bundesschatzministerium für Daseinsvorssorge, Investitionen & Finanzausgleich“.

Das White-Paper wird auf Anfrage versendet. Kostenbeitrag 120,–€ zuzügl. MWST.
redaktion@pankower-allgemeine-zeitung.de