Freitag, 29. März 2024
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Die Digitalisierung der sozialen Marktwirtschaft #1

Euro digital

/// Prolog /// – Alle Welt redet von „Digitalisierung“ – aber wie geht es eigentlich? Vor allem: wo führt Digitalisierung hin? Was sind Ziele, Zwecke und Nutzen von „Digitalisierung“ – und für „Wen?“. Macht die „Digitalisierung“ die Arbeit kaputt?

Zerstört die Digitalisierung vielleicht sogar unbemerkt von Ökonomen den Markt und die Marktwirtschaft? Geht damit auch die soziale Marktwirtschaft kaputt? Und was tun wir, wenn sogar Preise kaputt gehen, und kostenlos-Ökonomien und Ehrenamts-Kampagnen volkswirtschaftlich bedenkliche Dimensionen annehmen? Wer zahlt die Miete, wenn Erwerbseinkommen und Payback-Systeme nicht für eine Lebenshaltung ausreichen?

Was ist überhaupt „Digitalisierung“? Ist es ein „Merkelwort“ der überredenden (persuasive) Kommunikation?

In einer Reihe von Beiträgen wird der Frage nachgegangen, wie die „Die Digitalisierung der sozialen Marktwirtschaft“ im 21.Jahrhundert aussehen muss, damit Menschen in ihren Gesellschaften und Volkswirtschaften leben, Arbeiten, Wohlstand erleben und nachhaltig überleben können.

Die Ausgangshypothese: die deutsche Verfassung, die EU-Verfassung und der Euro, die deutsche und europäische Wirtschaftsverfassung und die UN-Konventionen sind die beste Ausgangsbasis, für Freiheit, Demokratie und Wohlstand. Nur die Usability und Implementierung ist unvollkommen. Die Komplexität ist zu groß, und die Performance von Entwicklungen ist zu dynamisch, um Überblick zu erlangen, und vernünftige selbsttragende und selbstregulierende „Lösungsstrategien“ und zugehörige Technologien zu finden.

Vor allem ist die Gestaltungsmacht unzulässig einseitig verteilt: Masterminds mit steuerfreien Risikokapital erfinden tartups mit Plattform-Lösungen mit Daten- und Metadaten-Ökonomien, die reale und soziale Märkte und Realgütermärkte auszehren. Ein Weltmodell der neoliberalen Globalisierung und des Freihandels ist entstanden.

Doch inzwischen hat weltweit längst eine Reaktion gegen eine unlimitierte neoliberale Globalisierung eingesetzt. In Japan, Indien, China und Südasien ist eine eigene Internet- und IT-Governance in Gang gekommen. Auch Europa steht dabei nicht abseits, sondern setzt in einzelnen Politik-Feldern Regulierungspolitiken in Gang. Die EU-Datenschutz-Grundverordnung und die ePrivacy-Verordnung markieren so etwas wie die St.Andreas-Verwerfung der Internetwirtschaft, die in diesem Jahr mit einem Big-Bang aufbricht, und die kalifornischen Internetkonzerne zerstören kann. Die Auseinandersetzungen um das Netzwerk-Durchsetzungsgesetz (Netz-DG) geben schon einen Vorgeschmack. Das große Desaster mit den Sicherheitslücken Meltdown & Spectre erschüttert nun auch noch die Chip-Hersteller, und wird 30 Jahre alte Entwicklungs-Paradigmen zerbrechen, die zu BigData und Überwachungsstaats-Technologien und verhaltensökonomischer Steuerung geführt haben. Ein Systembruch ist da, der die Bedeutung des Silicon Valley in Frage stellt, und die Welt in große „regulierungs-tektonische Platten“ der Internetwirtschaft teilen wird.

Nach dem ungesteuerten Neoliberalismus in der Internetwirtschaft beginnt ein neues Spiel – und es fängt vor allem in China, Indien und Japan an – sowie in Deutschland und Europa.

Digitale Agenda und Vorstufen einer deutschen IT-Ordnungspolitik und eGovernance-Politik

Die letzte Bundesregierung hat eine umfassende „Digitale Agenda“ aufgestellt. Die Digitale Agenda 2014 – 2017 definiert Meilensteine in der Digitalpolitik rund um die drei Kernziele Wachstum und Beschäftigung, Zugang und Teilhabe sowie Vertrauen und Sicherheit.

Verfeinert wurde die „Digitale Agenda“ durch die Digitale Strategie 2025, die zur zur CeBit 2016 öffentlich vorgestellt wurde.

„Sie beschreibt wichtige Maßnahmen und Instrumente, die über die laufende Legislaturperiode hinaus erforderlich sind, um den digitalen Wandel in Deutschland erfolgreich zu gestalten. Um insbesondere Digitale Plattformen in den Fokus zu nehmen und Vorschläge für eine digitale Ordnungspolitik zu entwickeln, hat das BMWi mit dem Grünbuch Digitale Plattformen einen breiten und intensiven Konsultationsprozess gestartet. Auf der CeBIT 2017 wurde das Ergebnis dieses Prozesses, das Weißbuch, vorgestellt. Es enthält konkrete Vorschläge für eine digitale Ordnungspolitik und zielt insbesondere auf fairen Wettbewerb in der digitalen Welt und auf die Wahrung individueller Grundrechte und Datensouveränität ab. Mehr Informationen gibt es dazu auf de.digital.“

Die Digitale Agenda und die Digitale Strategie 2025 sind „innovationsgetrieben“, und zielen auf eine möglichst schnelle und breite Verfügbarmachung von Innovationen und Technologien, ohne jedoch über einen anwendbaren ökonomischen ordnungspolitischen Rahmen zu verfügen. Offenbar ist man bisher davon ausgegangen, dass es ausreicht, einfach neue Technologien zu implementieren und die Regulierung dem Markt zu überlassen.

Bisherige Leitlinien der Digitalen Agenda:

„“Die Digitale Agenda der Bundesregierung gibt die Leitlinien der Digitalpolitik vor und bündelt Maßnahmen auf zentralen Handlungsfeldern, um den digitalen Wandel zu begleiten und mitzugestalten. Für ihre Umsetzung sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gemeinsam federführend.“

Ein wichtiger Baustein der Digitalen Agenda ist die Wirtschafts- und Innovationspolitik. Sie wird gemeinsam mit Wirtschaft, Tarifpartnern, Zivilgesellschaft und Wissenschaft umgesetzt.“

Doch wenn die marktbeherrschenden Internet-Unternehmen nicht in Inland sitzen, und statt nationaler, regionaler und lokaler Belange vorrangig weltweit skalierbare Strategien verfolgen, können ganze Branchen und Volkswirtschaften auf der Strecke bleiben. Zudem entsteht ein weltweiter Wettbewerb zwischen bevölkerungsreichen und entwickelten Volkswirtschaften, der längst auch auf dem Feld der Regulierungspolitik ausgetragen wird.

Was fehlt: ein volkswirtschaftlicher ökonomischer und ordnungspolitischer Rahmen, der eine „Digitalisierung der sozialen Marktwirtschaft“ in Deutschland und Europa beschreibt.

Letzlich müssen alle Leitziele der Digitalen Agenda volkswirtschaftlich, wirtschaftspolitisch und rechtlich konkretisiert werden. Dieser Prozeß läuft, und wird vor allem durch Bundesinnenministerium und den Normenkontrollrat voran getrieben.

Regulierungspolitik: IT-Governance und IoT-Governance

Insgesamt ergibt sich die Notwendigkeit einer staatlichen Regulierungspolitik, die in vielen Feldern ausgeprägt wird. Da die deutschen Medien und öffentlichen Rundfunkanstalten sich dieser Thematik nicht angemessen angenommen haben, ist ein verbreitetes Chaos in den Köpfen entstanden, das heute sogar bis in die Volksparteien hinein wirkt. Niemand hat scheinbar den Überblick.

In einer Reihe von Beiträgen wird auf bisher durch die Bundesregierung vorangetriebenen Programme und Schritte hingewiesen, und eine Zieldiskussion angeregt.

Die Anforderung für die nächste Bundespolitik:

Die Digitalen Agenda muss durch eine „Digitale Marktordnungspolitik“ ausgestaltet werden, die nach den guten Erfahrungen mit demn deutschen Modell der „Ordo-Liberalen Marktordnung“ und der „Sozialen Marktwirtschaft“ ausgestaltet werden kann.

Digitalisierung der sozialen Marktwirtschaft: ohne „Plattform-Sozioökonomie“ geht es nicht!

Wie schwierig das ist, wird daran deutlich: Informatiker studieren kaum Ökonomie und Wirtschaftsgeschichte. Volkswirtschaftler agegen bleiben meist bei den Grundlagen von Sozioökonomie, Politischer Ökonomie und Statistik hängen. So ist es noch nicht verwunderlich, dass es keine „Plattform-Sozioökonomie“ als ausgereifte volkswirtschaftliche Disziplin gibt.

Politiker hängen ökonomischen Schulen nach, und selbst die libertäre Fraktion hat noch nicht bemerkt, dass die Digitalisierung auch Märkte beseitig, indem sie digitale Kontrakte schafft, mit denen verbleibende Märkte und Marktteilnehmer eingeschränkt werden. Solange Politik Ökonomen weiter bezahlt, ändern die Ökonomen ihre Theorien nicht!

Im Jahr ist es Zeit dafür, eine solche Disziplin zu begründen: wichtige Protagonisten werden 200 Jahre alt: Friedrich Wilhelm Raiffeisens 200. Geburttag wird am 11.März im Kurfürstlichen Schloss in Mainz gefeiert. Der 200. Geburtstag von Karl Marx wird am 5.Mai 2018 gefeiert. Und am 23.Dezember wird der 100. Geburtstag von Helmut Schmidt begangen, der gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing 1975 den ‚Weltwirtschaftsgipfel‘ der G7 begründete, und die Ära des kollektiven Krisenmanagements mit der „weltwirtschaftlichen Globalsteuerung“ begründete, die sich gegen Protektionismus, Dirigismus und nationale Alleingängen wendet.

Das Erinnerungskapital ist groß, die Nachwirkungen der drei Jubilare halten an – und sind bis heute höchst wichtige Anregungen! Raiffeisen, Marx und Schmidt brauchen aber auch kreative Kritik und Deutungen aus neuer Perspektive!

Kann man Sharing-Ökonomien und soziale Plattformen auch mit digitalen kollektiven Satzungen demokratisch gestalten? Wie verändert sich die politische Ökonomie, wenn der Faktor „Vordenken“ und „Simulation“ vor die Faktoren Arbeit, Wissen und Kapital tritt? Und wie wird die Welt funktionieren, wenn es die künftige Welt sich in „geotektonische regulatorische Volkswirtschaften“ aufteilt?

Ordnung: Strukturen, Topologien und Wertschöpfungsmustern von digitalen Arbeitsteilungen

Die Konkretisierung, Operationalisierung und Übersetzung der Anforderungen an eine weltoffene, volkswirtschaftlich nachhaltige und soziale digitale Volkswirtschaft müssen als Regulierungspolitik und IT-Governance und IoT-Governance diskutiert und geordnet werden.

Statt eiliger Forderungen nach einem „höheren Tempo bei der Digitalisierung“ muss parallel auch eine digitale Strukturpolitik entfaltet werden, die Raumordnung, Kommunalverfassungen, förderale Ordnung, Marktordnung und Wirtschaftsverfassung – sowie Verfassung, Steuerrecht, Wettbewerbsrecht, Datenschutz und vieles mehr regelt, um individuelle Freiheit, persönliche Freiheit und wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit, Weltoffenheit und Welthandel zu regeln. Natürlich geht es auch um Autobahnen, Eisenbahnen, Mobility & Logistik und um nutzbare und lebenwerte Dörfer, Städte und Ballungsäume, die mit digitaler Infrastruktur, Geschäftsmodellen und Organisationsformen durchwirkt werden.

Wieviel Ordnung, Chaos und wildes Technologienwachstum darf sein?

Individuelle Freiheit im Zeitalter der Plattform-Ökonomien

Es geht um zivilisatorische Systemfragen und die Zweck-Mittel-Relation in der Technnikentwicklung digitaler Technologien, digitaler Systeme und skalierbarer digitaler Plattformen:

„Ist der Citizen da, um Daten zu produzieren, damit immer mehr datengetriebene Innovationen finanziert und mit Gewinn betrieben werden?“ – Oder müssen Innovationen ein menschliche Maß des guten Nutzens, der wirtschaftlichen und sozialen Tragfähigkeit und inneren demokratischen Verfaßtheit, Transparenz und Freiheit beinhalten?“

„Ist der moderne Citizen künftig „Arbeitnehmer“, „kreativer Schöpfer“ und „Unternehmer seiner Selbst“ und dazu „Mitglied“ mehrerer Plattformökonomien, die das Einkommen finanzieren? Oder gibt es Grundeinkommens-Lösungen mit Flat-Rates – oder viele weitere Mischformen des „sozioökonomischen Lebenserwerbs“?

Oder ist eine Ehrenamts- und Kulturökonomie möglich, bei der Wertschöpfung, Steuern und Abgaben gänzlich in digitale´Systeme verlagert werden, die „mühelose Dividenden“ und „schmerzfreie Besteuerungsformen“ ermöglicht?

Werden Lebenserwerb und Eigenkapitalbildung künftig über Bürgerkonten geregelt, damit Lebensarbeits-Erwerb und Rentenzeiten ausgeglichen werden können?

Muss der Sozialstaat künftig als digitale soziale Marktwirtschaft ein System von sozialen Synergien organisieren, die individuelle Freiheit und Verantwortung und bürgerschaftliche Mitverantwortung in einem gestaltbaren Rahmen ermöglichen?

Wird die digitale-soziale Stadt sogar zum Synergie-System, das neben der Geldwirtschaft eine eigene digitale Währung und Tranaktions-Dividenden schöpft? Wird die „SmartSocialCity“ mit ihren Citizens, mit Gemeinwirtschaft und Allmende und Stadtsystemen zusammen mit Blockchain-Bürgerkonten sogar zu einem „urbanen Kryptoprozessor“, der Nutzen, Werte und umweltneutralen Wohlstand schöpft?

Bekommen wir eine „Satzungs-Ökonomie der Stadt“, in der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch „SmartCity-Kodizes“ ersetzt werden? Wird aus der digitalen sozialen Marktwirtschaft eine Sozioökonomie von „SmartCities“ und verbundenen „SmartRegions“?
Ist die „intelligende und soziale Stadt“ möglich, die „inklusive SmartSocialCity“, wie sie etwa in Wien zum Leitbild wird?

Oder werden unsere Städte infolge schlechter Politik zu dystopischen „Interdiction & Control-Cities“, bei denen Überwachungssysteme, Waste-Watcher, Ordnungsamtsmitarbeiter, Fahrscheinkontrolleure, Fahrrad-Staffeln der Polizei, zivile Fahnder und Terrorfahnder und Home-Security-Dienste und digitale Lösch-Agenturen immer mehr gesellschaftliche Arbeit schaffen?

Die Antworten auf diese brennenden Fragen muss eine kreative, agile und proaktive Politik gemeinsam mit den Citizens und den wirtschaftlichen Akteuren und Innovator_innen ersinnen!

Volkswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und volkswirtschaftliche Resilienz

Im weltweiten Wettbewerb der Volkswirtschaften stehen die westlichen Demokratien und Volkswirtschaften vor einer grundhaften Systemkrise, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Arbeitseinkommen und Lebenserwartung auseinander streben. Kurz: das Lebenseinkommen reicht bei einem großen Teil der Bevölkerung nicht mehr aus, um die Lebenshaltung bis ins hohe Alter zu sichern.
Dies führt zu wachsenden sozialen Kosten, die nur durch hohe Steuern und Abgaben kompensierbar sind.

Insgesamt ist dadurch die volkswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfähigkeit elementar bedroht. Freiheit und Vielfalt und Diversität werden nach dem Gesetz gro0er Zahlen auf großen Märkten und auf dem Weltmarkt abgedrängt.

Während z.B. in Europa mehr als siebzig verschiedene Fin-Tech-Startups um Markteroberung kämpfen, und Banken ihre Geschäftsgrundlagen verlieren, wird in der größten Demokratie der Welt eine Regulierungspolitik mit einheitlichen Bezahlsystemen und freien Basiszugang zum Internet ausgerollt (siehe: Ram Sewak Sharma: E-Governance: The Indian paradigm for citizen friendly governance | 15.8.2017 | Pankower Allgemeine Zeitung).

Können wir von Indien lernen? Ist die japanische Regulierungspolitik „Society 5.0“ ein adaptierbares Modell? (siehe: Japan plant und baut die Society 5.0 | 11.4.2017 | Pankower Allgemeine Zeitung).

Die in Deutschland entwickelten Technologien unter dem Paradigma „Industrie 4.0“ und „Supereffiziente Unternehmen (nach Michael Hammer) sind die wertvollen Bausteine einer künftigen digitalen und sozialen Marktwirtschaft, die Deutschland und Europa in weltweite Kooperationen einbringen können.

Angesichts der „Systemkonkurrenz“ der weltweit agierenden gro0en Volkswirtschaften stellt sich die Frage, ob Deutschland und Europa zwischen den Polen China und USA einen Modell einer „digitalen-sozialen Marktwirtschaft“ im Verbund mit anderen Ländern entwickeln soll, die in der Lage ist, für als nur 50% der Menschheit zu versorgen – und gleichzeitig der anderen Hälfte den Auftstieg aus elender Armut in ihren Regionen zu ermöglichen!

Das Angebot: digitale-soziale Marktwirtschaft mit individueller Freiheit, sozioökonomischer Freiheit und Koalitionsfreiheit können eine eigenständiges weltweit attraktives Angebot und Konzept für die Zivilisierung der IT- und Internet-Technologen werden.

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Die Digitalisierung der sozialen Marktwirtschaft #2
Die Rolle von Vertrauen, Transparenz und Planungssicherheit beim Aufbau digitaler-sozialer Synergien