/// Kommentar /// – Tsipras und Varoufakis haben mit dem Referendum in Griechenland den größtmöglichen Pyrrhussieg aller Zeiten errungen. Die größtmögliche Pleite aller Staatskunst wurde inszeniert: Ideologie versus Ökonomie. Auch der Rücktritt des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis wird daran nichts ändern.
Das Problem: der „Gegner EU“ steht nun mit seinen Institutionen an der Wand: die EZB hat ihre Ermessenspielräume ausgeschöpft. Der IWF kann nicht mehr ohne neue politische Absicherung neu handeln. Die durchaus bereitwilligen 18 EU-Partner müssen nun viel Zeit auf Verhandlungen für ein neues Hilfspaket verwenden, und dazu noch jeweilige parlamentarische Abstimmungen gewinnen.
Die EU kann nun gar kein Geld mehr geben, weil der Handlungsspielraum währungspolitisch, banktechnisch und politisch ohne große Not zerschlagen wurde. Und das nur, weil ein Spieltheoretiker im Amt des Finanzministers an Größenwahn litt, und seinem Chef Alexis Tsipras gegen den Rat der internen Regierungsberater in Athen das Referendum einflüsterte.
Ein Referendum, das ein ideologischer Witz war, das die wahren Zusammenhänge und drohenden fürchterlichen Folgen der Abstimmung sogar verschleierte.
Jetzt kommt zwangsläufig das „Grexitus-Szenario“ zum Tragen, das fatal an die Staatspleiten von Argentinien und Zypern erinnert, es kann von Seiten der EU keine „Staatsfinanzierung“ mehr geben – aber auch keinen Euro-Austritt. Aber der Euro wird nicht mehr alleinige Währung bleiben können, weil Schuldscheine (I.O.U.`s) zur Zwischenfinanzierung ausgegeben werden müssen.
Euro plus I.O.U.`s werden nun eine Notlösung sein, die den Zombie-Status beschreiben.
Geld kann das rohstoff- und erfindungsreiche Griechenland nur noch selbst schöpfen:
– Goldschatz von 4 Mrd. € verpfänden
– Sparkonten-Haircut bei 50%
– 90 Mrd. Euro Bargeld im Umlauf
– Steuern erheben, 2 Mrd. aus der Schweiz sind kläglich
– Globale Steuererfassung aller Auslandsgeschäfte aller Griechen mit griechischen Paß
– Auflegen von Griechenland-Anleihen
– konsequente Immobilienbesteuerung, u.a. auch der griech.-orthodoxen Kirche
– Strukturreformen (Grundbuch, Steuern, Verwaltung, Wirtschaft).
Die Eingangsbeilanz ist eigentlich ausreichend! Grundsätzlich ist genug bei allen rund 15 Mio. Griechen weltweit da, nur die Kapitalflucht und die Offshore-Steuerverkürzungen müssen als neue Geldquellen angezapft werden.
Für das griechiche Volk naht nun aber unerbittlich das Ende aller Lügen, aller ideologischen Selbstbetrügerei und aller Täuschung Dritter.
Nicht die Austeritätspolitik ist gescheitert – sondern die „Hinterziehung der Austeritätsgewinne“, die „Veruntreuung von Hilfsgeldern“ und das „Nichtinvestieren in Griechenland“ und das „Verschleppen von Reformen“ hat einen begonnenen Erfolgskurs wie Scheitern aussehen lassen.
Die Dreistigkeit, die Verarmung der Rentner und ein fehlendes Sozialsystem als Argument gegen Hilfen der EU einzusetzen, ist vermutlich noch immer zu wenigen Griechen aufgegangen. Hungernde Rentner und Mehrwertsteuerpriviligien auf den „Inseln“ sind ganz allein zwei Seiten einer hybrischen griechischen Ökonomie und einer schlimmen politischen Philosophie. Auch eine deutsche Linkspartei muss sich fragen lassen, wie sie Mehrwertsteuererhöhungen für Luxusurlauber und Rentenkürzungen in einem Atemzug als „Austeritätspolitik“ geißeln kann.
In der EU dreht sich jetzt das Spiel: jeglicher Vertrauenbonus ist endgültig weg: die neue Politik heisst nun:
„Erst Reformen – dann Geld und Investitionshilfen!“
Griechenland muss sich zwischen Pyrrhus & Syriza an den guten alten Heraklith erinnern:
„Wir steigen in denselben Fluss und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht“. Es ist nun auch nicht mehr die gleiche und hilfsbereite EU, nicht mehr die gleiche optimistische EZB und auch der Langmut und Großmut der Institutionen und EU-Partner ist aufgebraucht.
Griechenland rutscht nun in einen von den Gründern der EU nicht vorgesehenen Zombie-Status, dem entweder völliger Grexitis als gescheiterter Staat, oder Katharsis und Wiederauferstehung folgen werden.
Ein Griechenland hat auch im Zombie-Status der Staatspleite noch den Vorteil einer EU-Mitgliedschaft, der Euro wird auch nicht ganz aufgegeben.
Jeden Tag können kofinanzierte EU-Mittel aktiviert werden, rund 16 Mrd. € jedes Jahr könnten ins Land fließen. Ein paar neue Task-Forces aus „Arbeitslosen und Oligarchen“ könnten auch helfen! Vielleicht gibt es tatsächlich so etwas wie Solidarität der Griechen an Land, und nicht nur Offshore oder auf hoher See.
Spätestens nächste Woche wird des I.O.U.`s geben, Schuldscheine, konvertierbar in Euro (wer es mag).
Griechenland wird als „EU-Zombie-Staat“ im Zustand des Grexitus verharren, bis es eine Modernisierung selbst schafft – bis Reformbilanz & Kasse endlich stimmen.
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