Der an der Oxford-University lehrende Professor für Philosophie umd Ehtik der Information, Luciano Floridi, hat versucht, den modernen Wandel der Informationsgesellschaft als „Die 4. Revolution“ zu beschreiben. Sein Zählweise geht allerdings etwas anders, als die auf dem Nationalen IT-Gipfel verkündete „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0.“. Floridi zählt anders: nach Kopernikus, Darwin und Freud sieht Luciano Floridi die Menschheit auf dem Wege zu einer neuen philosophischen Zukunft „Onlife“.
Aus dem Klappentext:
„Unsere Computer werden immer schneller, kleiner und billiger; wir produzieren jeden Tag genug Daten, um alle Bibliotheken der USA damit zu füllen; und im Durchschnitt trägt jeder Mensch heute mindestens einen Gegenstand bei sich, der mit dem Internet verbunden ist. Wir erleben gerade eine explosionsartige Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien. Luciano Floridi, einer der weltweit führenden Informationstheoretiker, zeigt in seinem meisterhaften Buch, dass wir uns nach den Revolutionen der Physik (Kopernikus), Biologie (Darwin) und Psychologie (Freud) nun inmitten einer vierten Revolution befinden, die unser ganzes Leben verändert.
Die Trennung zwischen online und offline schwindet, denn wir interagieren zunehmend mit smarten, responsiven Objekten, um unseren Alltag zu bewältigen oder miteinander zu kommunizieren. Der Mensch kreiert sich eine neue Umwelt, eine »Infosphäre«. Persönlichkeitsprofile, die wir online erzeugen, beginnen, in unseren Alltag zurückzuwirken, sodass wir immer mehr ein »Onlife« leben. Informations- und Kommunikationstechnologien bestimmen die Art, wie wir einkaufen, arbeiten, für unsere Gesundheit vorsorgen, Beziehungen pflegen, unsere Freizeit gestalten, Politik betreiben und sogar, wie wir Krieg führen. Aber sind diese Entwicklungen wirklich zu unserem Vorteil? Was sind ihre Risiken?“
Eine Philosophie für das Internetzeitalter
Floridi will eine Wegweisung geben, doch er scheitert mit dem Buch bisweilen auf hohen und ausufernden Niveau. Der Autor weist zwar einen neuen Weg, zu einem neuen ethischen und ökologischen Denken, mit dem Herausforderungen der digitalen Revolution und der Informationsgesellschaft besser zu meistern sind, doch er kommt nicht auf den konkreten Zielebenen und Handlungsebenen an.
Richtig ist seine Idee, die Herausbildung der „Info-Sphäre“ als neue Revolution zu betrachten. Er sieht für den Menschen nach den bisherigen drei Revolutionen (Kopernikus, Darwin, Freud) noch die Rückzugsmöglichkeit auf seine einzigartige Intelligenz. Doch Floridi sieht auch diese Vormachtstellung schwinden. Für Floridi ist ist klar: Wir befinden uns inmitten einer vierten Revolution, die unser Leben und Selbstbild mit zunehmenden Digitalisierung und der Verbreitung des Internets verändert.
Richtig ist auch Floridis Beobachtung, die das Aufkommen von sogennannten „Multiakteur-Systemen“ sieht. Ob soziale Netzwerke, Kollaborationsplattformen oder „Identity Access-Management-Systeme (IAM)“ – das Individuum trifft zukünftig auf immer mehr umgebende arbeitsteilige Multiakteur-Systeme – und wird damit entmachtet.
Andererseits bekommt der Mensch aber „digitale Begleiter“, die ihn in die Infosphäre einbinden.
Parallel vollzieht sich die Herausbildung „politischer Multiakteursysteme“, die eine neue „informationelle Ordnung“ entstehen lassen. Floridi durchdenkt dabei die Frage nach einer „Infraethik“, die die Struktur von IKT-Systemen zum Gegenstand hat, und eine Stimmigkeit von „moralisch guten Werten, Bürgerrechten und politischen Rechten verknüpft“.
Floridi hat mit seinem Buch eine Grundlage für eine Philosophie des Internet-Zeitalters gelegt, das einen wertvollen Einstieg liefert, auch wenn man dem Autor nicht in allen Teilen folgen mag.
Literaturhinweis:
Luciano Floridi: Die 4. Revolution
– Wie die Infosphäre unser Leben verändert –
Aus dem Englischen von Axel Walter
Suhrkamp Verlag, Berlin 2015
Gebunden, 314 Seiten
ISBN: 978-3-518-58679-2
29,95 Euro
Das Original erschien unter dem Titel The 4th Revolution. How the Infosphere is Reshaping Human Reality (Oxford University Press).