Der Spiel- und Bolzplatz an der Fröbelstraße ist in die Jahre gekommen. Trotz vorhandener Grundausstattung mit Spielgerät, Toren und Ballfangzäunen soll etwas getan werden. Normalerweise ist es nur eine Randnotiz: das Bezirksamt Pankow will etwas tun.
Genauer gesagt: der zuständige Stadtrat für Stadtentwicklung Jens-Holger-Kirchner (Bündnis 90/Grüne) hat neues Geld aufgetan, das nun sinnvoll verbaut werden soll. Dazu wird ein neues „Bürgerbeteiligungs-Instrument“ eingeführt: die Planungsparty!
Der Spiel- und Bolzplatz liegt an der westlichen Seite des städtebaulichen Quartiers Thälmannpark. Offensichtlich ist dieses Quartier auch Experimentierfeld für unterschiedliche Formen der Bürgerbeteiligung, obwohl der grüne Stadtrat selbst Bedenken hat:“ „Direkte Demokratie ist nicht unbedingt schlau“ (TAGESSPIEGEL 1.2.2016).
Zur Stadtentwicklung und weiteren Wohnflächen-Ausweisung gab es bereits umfangreiche Beteiligungsverfahren (Pankower Allgemeine Zeitung 22.10.2013) und auch so etwas wie eine „Operation am Offenen Herzen“ ( Pankower Allgemeine Zeitung 22.09.2013)
Opulente Bürgerbeteiligungs-Vielfalt in Pankow
Mit der „Planungsparty“ wird nun die opulente Bürgerbeteiligungs-Vielfalt in Pankow um einen weiteren öffentlichen Verfahrensweg vermehrt. Schon jetzt muss man nach BVV-Aktenvorlage ganz schwindelig werden, deshalb werden hier noch einmal in Pankow seit 2010 verwendeten Begriffe aufgezählt:
– Auftaktinformationsveranstaltung für die Voruntersuchung
– Anwohnerbeteiligung,
– Anliegerbeteiligung
– Basisdemokratie (politischer Begriff, in Redeprotokollen, auch Volksmund),
– Betroffenenbeteiligung,
– Bürgerbeteiligung,
– Bürgerdemokratie,
– Bürgerkommune,
– Bürgerveranstaltung
– Bürgerinformation
– Bürgerbeteiligungsprozess
– Informationsveranstaltung
– Einwohnerbeteiligung
– Einwohnerinformation
– Kinderbeteiligung (bei Spielplatzplanungen gut bewährt in Pankow)
– Öffentliche Berollung zum Planungsverfahren
– Öffentliche Werkstatt
– Öffentlicher Workshop
– Planungsparty (NEU)
– Runder Tisch
– repräsentative Demokratie (Verfassung)
– Werkstattverfahren.
Daneben gibt es noch weitere „nichtöffentliche Varianten“ der Bürgerbeteiligung, die unter „Hinterzimmer-Verfahren“, „Nicht öffentliche Ausschuss-Sitzung“ und „Vereinsbeteiligungs-Verfahren“ gehandelt werden, etwa wenn der „Für Pankow e.V.“ als informell aktiver Träger auf öffentliche Planungsverfahren Einfluß nimmt, um einem Vereinsmitglied zum Baubescheid für ein Möbelhaus zu verhelfen.
Nicht unerwähnt sollte auch eine besondere Form der Bürgerbeteiligung bleiben, die unter Sammelbegriffen wie „Baugenehmigungsverfahren“ und „Investoren-Beteiligungsverfahren“ fallen, wenn der zuständige Stadtrat sich mit Bauherren, Finanzierern, Rechtsanwälten und Gutachtern zur Abstimmung trifft, oder sogar eine Investoren-Weiterbildung mit Dienstreise unternimmt, um „Kistenarchitektur der 70er Jahre zu verhindern“ und moderne Verkehrsplanung kennen zu lernen.
Stadtrat Kirchner kann sich nun noch einmal eine „schlaue Übersicht“ über die in seinem Amtsbereich eingeführten und nie (per Beschluß) ausgelisteten Verfahren direkter Demokratie verschaffen.
Über den Fröbelplatz
Von 1935 bis 1982 hieß das Areal noch kernig Nordmarkplatz, bis es nach dem Pädagogen Friedrich Wilhelm August Fröbel (*21.4.1782 Oberweißbach, + 21.6.1852 Marienthal, heute zu Bad Liebenstein) umbeannt wurde. Fröbels Idee der Einrichtung von Kindergärten ist weltweit bekannt. Als Schüler des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi entwickelte Fröbel ein mystisch-religiöses Weltbild, das von der deutschen Romantik beeinflusst war.
Fröbels umfassend entwickelte Erziehungslehre stellte das persönliche Erleben von Natur, Sport, Spiel, Heimat und Arbeit in das Zentrum der Pädagogik. Fröbel gründete den „Allgemeinen Kindergarten“ und leitete 1835 das Waisenhaus bei Bern. 1837 richtete er in Blankenburg, Kreis Rudolstadt, die „Anstalt zur Pflege des schaffenden Beschäftigungstriebes und des Selbsttuns“ ein. Ab etwa 1840 entwickelte Fröbel den Gedanken von einem „Allgemeinen deutschen Kindergarten“, der die Aufgabe der Vorschulerziehung übernehmen sollte. Eine Idee, die 1851 in Preußen verboten wurde, ein Verbot das 1860 aufgehoben wurde.
Heute ist der Fröbelplatz durch eine nachlässige und lieblose Grünflächenpflege geprägt, Folge von Sparmaßnahmen. Breite Wege tragen noch alte, brüchige und löchrige Asphaltbeläge aus alten DDR-Zeiten. Eine wertvolle Bronze-Skulptur „Debütantin“ (1982) des Bildhauers Michael Klein steht als Widmung an Friedrich Wilhelm August Fröbel an der Westseite der Wiese unscheinbar hinter dem Gebüsch. Die 150 cm große Figur steht auf einem Granitsockel mit Postament. Auf dem Boden vor den Ecken des Postaments liegen die von Fröbel favorisierten Spielelemente Kubus, Zylinder, Kugel. Ein großer großer Steinweichsel (Prunus mahaleb) wurde damals auch auf dem Fröbelplatz gepflanzt – erhaltenswert.
Dazu gibt es einen Bolzplatz, mit Ballfangzaun und zwei Alu-Toren. Jeder Torschuß hallt weit über das Gelände, ein laute Einladung zum Fußballspiel, Alu-Gedröhn – statt Fankurve. Manche Spieler und Trainer mögen das, Torwarte haben eher Angst davor.
Die Aufenthalts- und Nutzungsqualität auf dem Fröbelplatz entspricht schon lange nicht mehr den aktuellen Standards. Der Bodenbelag des Bolzplatzes ist schadhaft und die Ausstattung des Spielplatzes bedarf der Erneuerung.
Planungsparty für neuen Spiel- und Bolzplatz an der Fröbelstraße
Am Mittwoch, dem 13. April 2016 werden von 16 bis 18 Uhr Ideen für die Neugestaltung des Spiel- und Bolzplatzes gesammelt. Die „Planungsparty” auf dem Fröbelplatz in Prenzlauer Berg soll helfen, den Fröbelplatz zu einem „einprägsamen Ort“ zu machen. Über sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge aus den früheren Sanierungsgebieten im Prenzlauer Berg stehen jetzt Mittel für die Umgestaltung zur Verfügung.
Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind herzlich eingeladen, sich mit Vorschlägen, „Wunschzetteln“ und an Planungstischen auf spielerische Art zu beteiligen. Die 6. Klasse der Grundschule „Am Planetarium“ hat bereits Vorschläge entwickelt und wird ihre Ideen in Form von selbstgebauten Modellen auf der „Planungsparty“ ausstellen. Die Kita Prenzelberger Schwalbennest bringt erste Vorschläge sowie Kaffee und Kuchen mit.
Kinderbeteiligungsverfahren mit Beteiligungskoffer
In Rahmen der Veranstaltung findet außerdem um 16 Uhr die offizielle Übergabe eines Beteiligungskoffers für die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen an die Koordinatorin für Kinder- und Jugendbeteiligung des Jugendamtes Pankow, Jeanette Münch, statt.
Es ist der erste Koffer dieser Art in Berlin, bestückt mit einem Methodenheft, Fotoapparat, Maßband und anderen Hilfsmitteln. Es ist eine wichtige Innovation, die geeignet ist, das „Vordenken zu demokratisieren“ (Vordenken hilft – 19.5.2015). Obendrein eine sehr handfeste und pädagogisch wertvolle Form der Kreativitätsforderung, die besser geeignet ist, als etwa Apps mit vorgefertigten Bildern und programmierten Strukturen (Gamification der Bürgerbeteiligung 5. 10. 2015).
In Absprache mit Frau Münch steht er zukünftig Kitas, Schulen und Jugendclubs zur Verfügung, die sich z.B. an der Neugestaltung von Spielplätzen und anderen Flächen aktiv beteiligen wollen.
Der Koffer wurde vom Stadtentwicklungsamt Pankow finanziert. Ansprechpartnerin für alle Fragen zum Beteiligungskoffer ist Frau Münch, Tel.: 030 90295-7117, E-Mail: jeanette.muench@ba-pankow.berlin.de .
Stadtrat Jens-Holger Kirchner hat nun auch einen Planungsbaukasten nachlesbar vorliegen, den er einmal im Spielzimmer des Rat der Berliner Bürgermeister und in die Stadträtetreffen der Berliner Bezirke mitnehmen kann.