Donnerstag, 20. März 2025
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Prenzlauer Berg: „Voll öko & natürlich höchst divers!“

Urbaner Wildwuchs

Glosse: Michael Springer

Vor wenigen Tagen ging eine Mail mit Fotos aus Prenzlauer Berg ein. Kerstin A. , eine erboste Anwohnerin, machte auf ihr Alltagsproblem aufmerksam:

„Neue Fahrradständer sind ja grundsätzlich etwas Gutes. Fakt ist aber, das die Fahrräder (z.B.) bei den vorhandenen Plätzen nicht abgestellt werden können, weil das Unkraut wuchert. Und es wuchert mächtig bis über den Gehweg. Die Bilder zeigen Beispiele aus der Dunckerstr. und der Gutvangerstr. in 10439 Berlin.

Die Straßen werden nicht gereinigt oder eben wirklich schlampig. Wenn ich dem BSR-Fahrer zuschaue, frage ich mich wirklich, warum dieser bezahlt wird. Das Unkraut wird nicht mehr beseitigt, was ist los in dieser Stadt?
Es sieht schlimm aus in den Bezirken, ich schäme mich oft dafür.“

Was soll die Redaktion zu so einem Leserbrief sagen?

Urbaner Wildwuchs
Urbaner Wildwuchs in Prenzlauer Berg: bindet CO2 und ist Dank hoher Biodiversität förderungswürdig aber lästig. Foto: Privat, Kerstin A.

Zuerst muss auf die offizielle Bezirkspolitik verwiesen werden: Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow hat 2019 den Klimanotstand für den Bezirk erklärt und will sich mit Pankower Verwaltung und zivilgesellschaftlichen Gruppen der Herausforderung stellen, dass Berlin bis zum Jahr 2045 klimaneutral wird.
Zudem hat Berlin eine Strategie, urbane Vielfalt zu fördern: „Der hohe Grünanteil in Berlins Stadtbild wird überwiegend durch urbane Lebensräume geprägt. Besonders historische Parkanlagen und alte Friedhöfe haben eine herausgehobene Bedeutung als Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten. Aber auch Klein- und Gemeinschaftsgärten, begrünte Dächer und Höfe sowie Gebäudefassaden haben vielfältige Lebensraumfunktionen. In oft überraschender Fülle kann sich biologische Vielfalt hier entfalten, abhängig davon, wie die Flächen gestaltet, gepflegt und genutzt werden.“

In Zeiten von finanziellen Engpässen, Haushaltsnotlagen und Personalknappheit muss nun eigentlich auch logisch geschlussfolgert werden: „Das Wildkraut ist Ergebnis einer politisch-ökologisch-finanziellen Gemengelage, die sich ganz wildwüchsig einstellt, und Duldungsstatus genießt.“

Ob die BSR sich zuständig fühlt, ist fraglich, denn für die Baumscheiben ist das Pankower Straßen- und Grünflächenamt zuständig, das seit Jahren unterfinanziert ist.
So bleibt wohl nur zivilgesellschaftliches Engagement, sich der wildwüchsigen Sachlage zu widmen.

Was aber, wenn es in der Gudvanger Straßen und Dunckerstraße mehr „naturliebhabende“ Menschen gibt, als urbane Ordnungs-Fanatiker:innen?

Antworten bitte an die Redaktion: info@.pankower-allgemeine-zeitung.de

Baumscheibe mit Fahrrad an Wildkraut
Baumscheibe mit Fahrrad an Wildkraut – Foto: Privat, Kerstin A.
m/s