Donnerstag, 18. April 2024
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Verwertungsgesellschaften auch in digitaler Welt sichern

Deutscher Kulturrat - Türschild in der Geschäftsstelle Berlin

Mit der Forderung, die Verwertungsgesellschaften auch in der digitalen Welt zu sichern, positioniert sich der Deutsche Kulturrat zur Umsetzung der EU-Verwertungsgesellschaftsrichtlinie. Der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat sich aktuell in einer Stellungnahme zur Kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten geäußert.

Deutscher Kulturrat - Türschild in der Geschäftsstelle Berlin
Deutscher Kulturrat – Türschild in der Geschäftsstelle Berlin

Damit positioniert sich der Deutsche Kulturrat zur neuen Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014.

Die neue EU-Richtlinie trifft Regelungen zum geistigen Eigentum, wie die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt.
Ferner sind weiteren Änderungen im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz formuliert.

Der Deutsche Kulturrat hofft, dass der deutsche Gesetzgeber die vorhandenen Spielräume der EU-Richtlinie bei der Umsetzung in nationales Recht ausschöpft, um die besondere soziale, kulturelle und kulturpolitische Bedeutung der Verwertungsgesellschaften in Deutschland zu erhalten und zu stärken.

Verwertungsgesellschaften sichern kulturelle Vielfalt

Der deutsche Kulturrat nimmt auch die in der Öffentlichkeit und Pressse eher unbeliebten Verwertungsgesellschaften in Schutz:

„Verwertungsgesellschaften nehmen in Deutschland eine zentrale Rolle bei der Sicherung der kulturellen Vielfalt ein. Kulturelle Vielfalt ist keine Leerformel für Sonntagsreden. Im Gegenteil, ein wesentlicher Bestandteil der deutschen und europäischen Kultur ist ihre Vielfalt, die in verschiedenen künstlerischen Formen, in populärer Kunst, aber auch in Werken, die nur ein kleines Publikum begeistern können, ihren Ausdruck findet.“

In seiner Erklärung setzt sich der Deutsche Kulturrat mit Nachdruck für die Wahrung und den Ausbau der kulturellen Vielfalt ein. Er ist der Überzeugung, dass Wettbewerb gerade im Kultursektor nicht der beste Weg ist, um kulturelle Vielfalt zu ermöglichen und zu erhalten.

Wettbewerb der Verwertungsgesellschaften kritisch bewertet

Der Deutsche Kulturrat sieht im angestrebten europäischen Wettbewerb der Verwertungsgesellschaften keinen Gewinn für das kulturelle Leben. Jedenfalls müssen für den vorgesehenen Wettbewerb der Verwertungsgesellschaften in Europa gleiche Bedingungen geschaffen und Absenkungen bestehender Standards verhindert werden.

Gerade in der digitalen Welt übernehmen Verwertungsgesellschaften wichtige, teilweise auch neue Aufgaben. Nutzer können durch Verwertungsgesellschaften in einem one-stop-shop auf ein breites Repertoire zugreifen, da die Verwertungsgesellschaften über Gegenseitigkeitsverträge und andere Kooperationsverträge auch das Repertoire von Verwertungsgesellschaften anderer Länder lizenzieren können. Die one-stop-shop Verwertungsgesellschaft hat eine Zeit- und Kostenersparnis bei den Nutzern zur Folge. Der nunmehr angestrebte europäische Wettbewerb von Verwertungsgesellschaft erschwert den one-stop-shop von Verwertungsgesellschaften.

Grundprinzip der Verwertungsgesellschaften in der digitalen Welt stärken

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Verwertungsgesellschaften waren die ersten Selbsthilfeorganisationen der Künstler. Künstler taten sich zusammen, damit sie gemeinsam dafür Sorge tragen, dass sie einen Ertrag aus der Nutzung ihrer kreativen Leistung ziehen können. Dieses Grundprinzip der Verwertungsgesellschaften hat in der digitalen Welt nichts an seiner Bedeutung verloren. Jetzt ist der deutsche Gesetzgeber gefordert, das besondere System der Verwertungsgesellschaften auch in der digitalen Welt zu stärken und damit einen Beitrag zur Sicherung kultureller Vielfalt zu leisten.“

Internet-Innovationen und Kultur im Widerstreit

Die in Europa bevorzugte „Kultur der Regulierung“ steht im Widerstreit mit den offenen Möglichkeiten des offenen Internets – vor allem den sozialen Netzwerken und modernen „Cloud-Diensten“. Zudem hat die „Aufmerksamkeits-Ökonomie“ des Internets auch andere digital meßbare „Währungen“. Klickzahlen, Seitenbesucher und Konversionsraten bilden z.B. ein wichtiges Anreizsystem, um Kultur und kulturelle Veranstaltungen erst bekannt zu machen.

Wäre etwa das „Posten“ und „Weiterempfehlen“ von Musik im sozialen Netzwerk eine kostenpflichtige Nutzung, so würde der Konzertbetrieb gänzlich zusammenbrechen: die kostenlose Weiterempfehlung nutzt, um Popularität, Beliebtheit und Ruhm zu erlangen.

Der Aufbau von „symbolischen Kapital“ für Musiker und Bands wäre unterbrochen, wenn es zum Beispiel keine „pressefreien Musikschnipsel“ von Künstlern und Bands, keine „pressefreien Musikvideos“ und die freie Verlinkung von „YouTube-Videos“ mehr gäbe.

Die „innovative Wirklichkeit“ in der digitalen Welt ist womöglich komplexer, als bisherige Kategorien und Begriffe von „Musiknutzung“ erfassen.

Haben wir es bei der „Musiknutzung“ nicht mit einem wechselseitigen Prozeß zu tun, bei dem Musikmanager und Musiker zuerst „das Gehirn der digitalen Zuhörer nutzen“, um einen „Ohrwurm zu erzeugen“ – bevor überhaupt eine CD oder eine Konzertkarte gekauft wird?

Die Regulierer sollten gewarnt werden: „Erst die Dinge verstehen – dann regulieren“ – noch bevor irgendein „Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird“.

Weitere Informationen:

Deutscher Kulturrat: Stellungnahme „Kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten

Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt Text von Bedeutung für den EWR
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32014L0026

m/s