An den Karower Teichen warnen gelbe Schilder Spaziergänger und Radfahrer vor freilaufenden Weidetieren und freilaufenden Bullen. Auf grünen Informationstafeln wird über das größte Waldweideprojekt in Deutschland informiert. Beginnend in Karow bis nach Schönwalde und Zepernick in Brandenburg, gibt es auf den ehemaligen Feldern, Rieselfeldern und Vorwaltflächen eine naturnahe Haltung von englischen Parkrindern – auch „White Parks“ genannt.
Englische Parkrinder an den Karower Teichen
Hinter Weidezäunen leben die gelblich-weißen englischen Parkrinder (lat.: Bos primigenius taurus) halbwild und naturnah als tierische Landschaftsgestalter.
Sie stehen im Dienst des Entwicklungsvorhabens „Rieselfeldlandschaft – Hobrechtsfelde“ das mittels extensiver Beweidung eine halboffene artenreiche Waldlandschaft sichern und entwickeln soll.
Die alte Rinderrasse der „White Parks“ ist um 1220 n. Chr. im 120 ha großen Park von Chillingham in England durch Inzucht entstanden, als dieser eingezäunt und eingehegt wurde. Dabei sind auch einige weiße Rinder mit eingeschlossen worden, die vermutlich noch aus der Zeit der römischen Besatzung Englands stammen – und urprünglich im östlichen Mittelmeerraum beheimatet waren. Ihre Eigenschaften verbanden sich mit den Eigenchaften englischer Wildrinder.
Die „White Parks“ sind pigmentarm, nur Augen, Ohren und Maul sind schwarz. Die robusten Wildrinder leben ganzjährig draußen und grasen in der freien Natur. Am Ufer und einigen Senken finden sie natürlichen Tränken.
Warung vor freilaufenden Weidetieren
Very british: Parkrinder in Karower Rieselfeldlandschaft
Auf den Waldweiden an den Karower Teichen befindet sich jedoch nur ein kleiner Teil von Deutschlands größtem Waldweideprojekt – das sich auf insgesam 850 Hektar bis hinter die nördliche nördliche Stadtgrenze in den Naturpark Barnim ausdehnt.
Ziel des Waldweide-Projektes:
Mit dem Erprobungs- und Entwicklungs-Vorhaben Rieselfeldlandschaft Hobrechtsfelde soll ein neuer Umgang mit Kulturlandschaft entwickelt werden, der zu einer langfristigen Kombination der Nutzungen Beweidung, Waldwirtschaft und Erholung führen soll.
Das Projekt wird die touristische Entwicklung in den angrenzenden Berliner und Brandenburger Siedlungsgebieten unterstützen und die Verzahnung der Landschaftsräume des Naturparks Barnims an dieser Nahtstelle der Länder Berlin und Brandenburg ermöglichen. Die gesamte Landschaft zwischen Hobrechtsfelde und Karow soll zu einem eindrucksvollen Naturerlebnis- und Erholungsgebiet verwandelt werden, das zu jeder Jahreszeit besucht werden kann.
Ziel des Projekts ist es auch, die biologische Vielfalt zu stärken, heterogene Wälder zu ökologisch wertvollem, halboffenem Mischwald zu entwickeln und eindrucksvolle Erholungsräume für die nahe Stadt zu schaffen.
Gebiet des Waldweide-Projektes, Projektpartner und Finanzierung
Das länderübergreifende Gebiet der ehemaligen Rieselfelder um Buch und Hobrechtsfelde ist Teil des Naturpark Barnim und umfasst das Landschaftsschutzgebiet Buch sowie die Berliner Naturschutzgebiete „Karower Teiche“ und „Bogenseekette und Lietzengrabenniederung“.
Das Projektgebiet umfasst sogar rund 2.000 ha, mit 850 ha beweideten Flächen.
Die Flächen gehören auf Berliner Gebiet zum Bezirk Pankow. Im Land Brandenburg sind der Landkreis Barnim mit den Gemeinden Wandlitz, Bernau und dem Amt Panketal beteiligt.
Der Beweidungsträge ist die Agrar GmbH in Hobrechtsfelde. Projektträger ist der Naturpark Barnim e.V.
Außerdem sind an dem Projekt die Berliner Forsten, die Berliner Stadtgüter GmbH und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
beteiligt. Die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde übernimmt die wissenschaftliche Betreuung.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fördert das Hauptvorhaben bis 2015 mit rund 1.7 Millionen Euro. Die wissenschaftliche Begleitung durch die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) wird mit mehr als 370.000 € unterstützt. Weitere Förderer des Hauptvorhabens sind das Land Berlin mit 700.000 €, die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg mit 300.000 €, der Landkreis Barnim mit 50.000 € und der Förderverein Naturpark Barnim e.V. mit 120.000 €.
Was hat sich seit dem Projektstart getan?
Seit dem Start des Projekt im Jahr 2011 hat sich bereits vieles in dieser Landschaft getan. Im ersten Jahr wurden 1,3 Millionen Euro investiert und rund 60 km Weidezäune errichtet.
Die Besucher können seither das Projektgebiet über 47 Tore betreten und von den Wegen aus die extensive Waldweide und die Natur erleben und genießen.
Während nahe der Karower Teiche Englischen Parkrinder grasen, sind es auf anderen Flächen auch Schottische Hochlandrinder, Uckermärker und Konikpferde, einer robusten, aus Osteuropa stammenden Ponyrasse (Konik = polnisch „Pferdchen“).
Alle Hauptwander- und Radwege sind weiterhin frei benutzbar ohne in direkten Kontakt mit den Weidetieren zu kommen. Die Weidetiere grasen meist in einiger Entfernung von den Zäunen. Für die Beobachtung sind Teleobjektiv und Fernglas sehr hilfreich.
Derzeit beweiden etwa 200 Weidetiere das über 850 Hektar große Gebiet. Davon sind etwa 30 Pferde (inkl. Fohlen) und 170 Rinder (inkl. Kälbern). Die Agrar GmbH Gut Hobrechtsfelde betreut und kontrolliert regelmässig die Weidetiere und die Zaunanlagen.
Das Gebiet soll weiter für Erholungssuchende erschlossen werden. Dazu wurden bereits 16 neue Bänke, 5 überdachte Rastplätze und eine 4 Meter hohe Aussichtsplattform errichtet. Ferner werden 35 Informations-Tafeln mit Gebietskarte und Projektinformationen aufgestellt.
Die Informations-Tafels stehen an nahe den S- und Regionalbahnhöfen, sowie an weiteren wichtigen Orientierungspunkten. Jeweils von den S-Bahnhöfen Karow, Buch, Röntgental und Zepernick ist das Gebiet gut per Wanderweg und Fahrradweg erreichbar.
Besucher-Attraktion Gut Hobrechtsfelde
Auf dem ehemaligen Gutshof in Hobrechtsfelde in der Nähe von Zepernick entsteht ein Besucherzentrum mit Schaugehege, Streichelgehege und Spielplatz. Ein weiterer Besuchermagnet wird eine Ausstellung im alten Speicher sein – über die regionale Entwicklung der Waldweide von den historischen Anfängen über die Entstehung von Hobrechtsfelde und der Rieselfeldwirtschaft bis hin zur Zukunft der eichengeprägten halboffenen Waldlandschaft.
Die Eröffnung der Ausstellung und des Speichers als Aussichtspunkt für Besucher ist für Mitte 2013 geplant.
„Mit dieser Art der Beweidung entsteht auf den ehemaligen Rieselfeldern und in den angrenzenden klassischen Waldflächen eine halboffene Weidelandschaft – ein in Deutschland besonders selten gewordener Landschaftstyp“, sagte Staatsekretär Christian Gaebler 2011 zum offiziellen Projektbeginn.
„Hier entsteht eine arten- und erlebnisreiche Erholungslandschaft mit S-Bahnanschluss“, so formulierten es Gaebler und sein Brandenburger Amtskollege Rühmkorff die Zielsetzung der länderübergreifenden Zusammenarbeit.
Weitere Informationen:
Schutzgebiete – Landschaftspflege durch Beweidung: Rieselfeldlandschaft Hobrechtsfelde Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben