Für Anwohner, Gewerbetreibende, Freiberufler und Ladenbesitzer ist es lästig: Fehlende Parkplätze und die Parkraumbewirtschaftung kosten Zeit, Geld und Nerven. Auch die Mitarbeiter des Ordnungsamtes leiden unter der bisweilen krisenhaft verstärkten Lage, wenn uneinsichtige und genervte Autofahrer aber auch betroffene Anwohner Streit entfachen. In Prenzlauer Berg spürt jeder täglich den „Parkraum-Druck“.
Hoher Krankenstand im Ordnungsamt
Für das Bezirksamt Pankow wächst sich die Parkraumbewirtschaftung zum Dauerthema aus, der Streß zehrt an den Nerven der Mitarbeiter der Parkraumkontrolle. Viele Mitarbeiter melden sich krank, weil alltägliche Auseinandersetzungen mit Falschparkern und zahlungsunwilligen Autobesitzern Streß bereiten.
Der zuständige Stadtrat Dr. Torsten Kühne ist nicht nur um die Gesundheit besorgt, sondern auch, weil ein hoher Krankenstand auf Dauer die Gebühreneinnahmen schrumpfen lässt. Diese aber sind kalkuliert, wenn sie nicht ausreichen, gerät das gesamte Modell der Parkraumbewirtschaftung und die Bezirkshaushaltsplanung aus dem Lot.
Es wird deshalb nach Auswegen gesucht, um Mitarbeiter der Parkraumüberwachung besser für ihren Job zu wappnen. Der Job ist krisensicher und dennoch unbeliebt. Die Stellen-Anforderungen an die MitarbeiterInnen sind bundeseinheitlich nahezu gleich: „„Die idealen Mitarbeiter sind kommunikativ, durchsetzungsfähig und in jeder Hinsicht wetterfest”.
Mobbing und tätliche Angriffe gehören zum Alltag
Im Internet tauschen sich manche Autofahrer auch aus, und geben menschenverachtende „Mobbing-Tips“, um ihren Ärger über verhängte Knöllchen und Geldstrafen Luft zu machen.
„Man sollte auch, wenn man zu Fuß und daher unangreifbar unterwegs ist, keine Gelegenheit versäumen, diesen Schergen das Leben zu versauen.“ „Mein beliebtestes Motiv ist: „Sagen Sie…..und dieser Job macht Ihnen wirklich Spaß?“.“ „Primitiver, aber natürlich auch immer wirksam ist: „Hätten Sie was gelernt, dann müßten Sie sich nun nicht so unbeliebt machen!“.
Manche denken dabei ganz schlau zu sein, und ätzen:“ Einmal habe ich einen jungen „Blauen“ zurechtgewiesen: „Guter Mann,“ sagte ich also, „Sie tragen eine Uniform und daher nehmen Sie gefälligst ihre Hand aus der Hosentasche!“ So was kommt immer gut rüber. Die Menschen sind für solche Hinweise immer dankbar.“
Die Parkraumkontrolleure müssen alltäglich mit Lügen, Ausreden und falschen Anschuldigungen umgehen. Manche Autofahrer versuchen den Ermessungsspielraum auszutesten, oder Fakten für einen juristischen Widerspruch zu sammeln.
ParkraumkontrolleurInnen müssen daher ein robustes Gemüt haben, und dennoch immer hochkonzentriert bei der Sache bleiben, die richtige Sprache finden.
Sie sprechen also nicht von „Falschparkern“, wenn Fahrzeughalter keinen oder einen nicht mehr gültigen Parkschein haben. Nur wer auf dem Bürgersteig, an einer Bushaltestelle oder – ohne Ausweis – auf einem Behindertenparkplatz steht, ist ein Falschparker.
Sie müssen deeskalierend wirken, und gleichzeitig Selbstbewußtsein zeigen: „Kontrollberufe wie der Beruf einer Politesse oder eines Parkraumkontrolleurs sind unbeliebt, aber es gibt eben Regeln, die einzuhalten sind!“
Schulungen als Ausweg?
Schulungen für die MitarbeiterInnen der Parkraumkontrolle mögen hilfreich sein. Es gibt sogar spezielle Schulungsistitute, die Schulungen speziell für Politessen und Parkraumkontrolleure durchführen. In den Schulungen werden auch Trainings für mehr Selbstbewußtsein und Konfliktbewältigung durchgeführt. Es wird gezeigt, wie man wütende Diskussionen deeskaliert, etwa wenn der Kontrolleur von einem Geschäftsmann heftig als „Geier und gierig“ bezeichent und noch schlimmer beschimpft wird.
Im Planspiel findet eine Politesse diese Lösung: „Sie habe ihm erklärt, dass er Geschäfte mache und sie eben „Parkplätze verkaufen“, die ebenso wie seine Waren bezahlt werden müssten.“
Ob eine Stärkung der MitarbeiterInnen der Parkraumbewirtschaftung zum gewünschten Erfolg führt, ist fraglich. Der Parkraumdruck in Prenzlauer Berg bleibt – und er steigt auf Dauer eher noch.
Dichte Bebauung und Urbanität erfordern neue Lösungen
Die dichte Bebauung, Siedlungsdichte, hohe wirtschaftliche Ansprüche und der große Bedarf nach Flexibilität sorgen für einen hohen Nachrage-Druck auf zu wenige freie Parkplatzflächen.
Wenn Autofahrer mehrere Runden um den Block fahren müssen, um einen Parkplatz zu finden, steigen Stress und Belastungen durch Park- und Suchverkehr.
Natürlich könnten Autofahrer außerhalb der engen Wohngebiete parken, und mit der TRAM, S-Bahn oder dem BUS zum Zielort fahren. Doch am Ende bliebe immer eine Strecke, die zu Fuß bewältigt werden muß.
Dies wird unzumutbar, wenn eine Lieferung oder Abholung geplant ist. AutofahrerInnen wähnen sich deshalb immer im „Vollbesitz einer Legitimation“, um „Ad hoc“, „zu spät“, „kurzfristig“ oder „unvorhergesehen“ an einem Ziel ankommen zu können.
Wenn an diesem Ziel kein Parkplazu frei ist, wird eben die „Gegend“ für schuldig befunden, und es wird frei „Schnauze und Frontspoiler“ geparkt. Mal auf Behindertenplätzen, mal auf dem Bürgersteig, in Einfahrten, oder in zweiter Spur.
Und natürlich wird es oft zu spät, weil Termine sich überraschend verlängert haben … . Dann wird auch der bezahlte Parkschein zu Ärgernis, wenn wenige Minuten nach Ablauf der Parkzeit eine blaue Uniform die Szene betritt.
Autos verstecken in Prenzlauer Berg
Wenn man selbst als Autofahrer in so eine Situation gerät, beispielsweise zwischen wichtigen Anwaltstermin und Parkplatzsuche, dann keimt mitunter der Gedanke auf: „Könnte man das Auto nicht einfach verstecken?“ „Ist es möglich, mitten in Prenzlauer Berg so zu parken, das kein Parkraumkontrolleur stören kann?“.
Genau diese Idee hat auch einige Entwickler bewogen, eine neue Alternative für die innerstädtische Mobilität zu entwickeln. Die ersten Großplakate hängen schon in der U-Bahn aus – und werden bald auch im ganzen Stadtgebiet zu sehen sein: es geht um eine App!
Anders als die „StadtSherrif-App“, die auf Kontrolle und Bestrafung setzt, ist die neue „Park2gether“-App ein Modell, das zu mehr Kooperation und Synergie anregt.
Das Modell ist ganz einfach: „Erfinde das Parken neu!“ „Finde einfacher Parkplätze. Oder teile Deinen Parkplatz und verdiene Geld. Oder beides. Park2gether verbindet Parkplatzsucher und Besitzer von Parkplätzen direkt per App.“
Park2gether ist ein Pilotprojekt der Daimler Mobility Services GmbH, das 2014 in Hamburg und Berlin startet. Die Idee ist einfach: viele Parkplätze stehen zeitweise leer, könnten zeitweilig genutzt werden – wenn sie nur wieder rechtzeitig frei werden! Im Hinterhof, auf einer Auffahrt oder vor einem Laden.
So funktioniert die App
Die neue App bringt Parkplatzbesitzer und Parkplatz-Nutzer per App zusammen. Wer mit dem Smartphone durch die Stadt navigiert, kann orts- und zeitnah verfügbare Parkplätze orten und ansteuern. Natürlich muss der Parkplatz auch zur avisierten Zeit wieder freigegeben werden.
Insbesondere in Prenzlauer Berg kann die neue App helfen, Druck aus dem bisherigen „System“ zu nehmen.
Wie bei allen Pilotprojekten müssen natürlich erst Erfahrungen gesammelt werden, aber es ist ein vielversprechender Ansatz.
Derzeit gibt es nur eine iOS-App, eine App für Android-Smartphones ist in Vorbereitung. Damit das System funktioniert, muß ein Vertrag mit einem Schweizer Zahlungsdienstleister geschlossen werden, der eine „digitale Geldbörse“ verwaltet. Mit der „Wallet“ genannten Geldbörse kann man selbst Einnahmen aus der Parkplatzvermietung erzielen, und an anderer Stelle Parkgebühren zahlen. Kostenlos ist das System also nicht.
Wer mehrere Parkplätze einstellt, kann Geld verdienen. Erlöse über 100 € können das Post-Ident-Verfahren ausgezahlt werden. Der Systemanbieter behält 25% der Einnahmen und finanziert damit seinen Service.
Vorteile des Pilotprojektes park2gether
Die Idee ist auch geeignet, Geschäftsstrassen mit knappen Parkraum zu beleben. Wenn findige Ladenbesitzer das System bei ihren Kunden bekannt machen, bringt die neue App Entlastung bei der Parkplatzsuche, und mehr Umsatz in der Ladenkasse.
Das Pilotprojekt ist geeignet, den vorhandenen Parkraum, einschließlich tagsüber ungenutzter Parkflächen auf Grundstücken besser nutzbar zu machen. Zugleich spart es Energie bei der Parkplatzsuche, und nimmt Druck aus dem Gesamtsystem Stadt.
Auch die Ordnungsamtsmitarbeiter dürften davon entlastet werden, wenn es weniger Stress und Streit gibt. Allerdings gibt es einen Nebeneffekt: die App wird auch die Zahl der Knöllchenzahler verringern.
Park3gether könnte eine ganz populäre Idee werden! „Autos verstecken in Prenzlauer Berg“ übrigens auch! m/s
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Park2gether: Häufige Fragen