Samstag, 20. April 2024
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Baden-Württemberg richtet Normenkontrollrat ein

Normenkontrollrat Bericht 2017

Die Landesregierung Baden-Württemberg hat beschlossen, einen Normenkontrollrat auf Landesebene einzurichten. Dieser soll die Landesregierung dabei unterstützen, unnötige Bürokratie abzubauen. Als erstes Bundesland hatte Sachsen bereits 2016 einen eigenen Normenkontrollrat berufen.
Auch ie neue Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat im neuen Koalitionsvertrag angekündigt, einen Normenkontrollrat auf Landesebene einzurichten.

Dr. Johannes Ludewig, Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrates, sieht die Bundesländer auf einem guten Weg:
„Der Nationale Normenkontrollrat begrüßt die Initiative einiger Bundesländer, sich systematisch mit den Folgekosten aus Landesgesetzen zu befassen. Wir bieten jegliche Unterstützung an, die zum Gelingen beiträgt, damit Bürger und Unternehmen vor Ort von unnötiger Bürokratie entlastet werden,“

Über den Normenkontrollrat

Zum Nationalen Normenkontrollrat: Der Nationale Normenkontrollrat ist ein beim Bundeskanzleramt eingerichtetes unabhängiges Beratungs- und Kontrollgremium der Bundesregierung. Der Nationale Normenkontrollrat sorgt seit September 2006 dafür, dass bei gesetzlichen Regelungen die Folgekosten für Bürger, Unternehmen und Verwaltung deutlich und nachvollziehbar ausgewiesen werden.

Diese Transparenz soll Entscheidungsträgern in Regierung und Parlament helfen, sich die Konsequenzen bewusst zu machen, bevor
sie entscheiden. Auf nationaler Ebene behält der Nationale Normenkontrollrat dabei auch den Vollzug von Gesetzen bei Ländern und Kommunen im Blick.
International setzt er sich gleichermaßen für Transparenz über die Folgekosten der EU-Gesetzgebung ein. Ziel ist es, dass unnötige Bürokratie und gesetzliche Folgekosten begrenzt und abgebaut werden.

Rotes Rathaus
Rotes Rathaus – Turm – Foto: pixabay

Braucht Berlin einen Normenkontrollrat auf Landesebene?

Als Folge der vergangenen Sparpolitik sind in Berlin alle Fachebenen personell ausgedünnt, dazu kommt der demografische Wandel, eine Pensionierungswelle und die Digitalisierung der Verwaltung.

Die politischen Ebenen stützen sich vorwiegend auf ehrenamtlich Kommunalpolitiker in den Bezirken, und auf gewählte Abgeordnete, die in der Regel nicht genug Fachkompetenzen und Systemwissen mitbringen, um langrristigen Folgekosten von politischen Entschlüssen zu verifizieren und abzuschätzen. Der Landesrechnungshof wird z.B. erst tätig, wenn ein „Kind in den Brunnen gefallen“ ist.
Die Digitalisierung der Verwaltung macht jedoch auch Planung und Vorausschau notwendig. Ein Normenkontrollrat könnte auch proaktiv tätig werden, und Best-Practice-Beispiele auf Berliner Verhältnisse anwenden und abschätzen.

Vor allem müssen zu komplizierte Gesetzeslagen vor einer Digitalisierung bereinigt werden, um teure Folgekosten von IT-Systemen zu vermeiden und Doppelstrukturen auszuschließen.

Es gibt viel zu tun in Berlin: ein bereinigtes „Sauberkeitsgesetz“ und eine Novellierung des Ordnungswidrigkeitengesetzes könnten etwa den Gesetzesvollzug und Lebensqualität und Stadtbild verbessern. Im Bereich der Zweckentfremdung von Wohnraum und der Erfassung von Zweitwohnungssteuer und Übernachtungssteuer gibt es dreifache Zuständigkeiten, mit dreifacher Datenerfassung und große Vollzugslücken.
Das Verhältnis von Zuständigkeiten auf Landesebene, regionalisierten Fachzuständigkeiten und kommmunaler Selbstverwaltung in den Bezirken muss stetig austariert werden, und im Rahmen der Digitalisierung planungssicher ausgelegt werden.

Mehrausgaben für Normenkontrollrat nicht eingeplant
Das Problem in Berlin: Mehrausgaben für ein Normenkontrollgremium sind noch nicht geplant. Für Sitzungsgelder, ein Sekretariat und eine neue Stabsstelle beim Statistischen Landesamt, das die Ressorts bei der Ermittlung der Folgekosten neuer Regelungen unterstützen soll, werden mindestens eine Million Euro pro Jahr benötigt.
Gegner sagen, ein Normenkontrollrat ist selbst zusätzliche Bürokratie. Andererseits ist aber sehr viel Personal abgebaut worden, die Gefahr von Fehlentscheidungen und „schlampigen Gesetzen“ und unnötigen Folgekosten wächst.

Ein Berliner Normenkontrollrat auf Landesebene könnte wichtiges Erfahrungswissen bündeln, und für mehr Vorausschau, Planung und Planungssicherheit sorgen und im Ergebnis Fehlinvestitionen und Folgekosten vermeiden helfen.

Vor einer dritten Lesung des Doppelhaushaltes 2018/2019 könnte noch gehandelt werden! Käme ein Normenkontrollrat erst 2020, wäre manches Vorhaben zur Digitalisierung der Verwaltung und zur Umsetzung einer Smart-City-Lösung falsch eingespurt.

Weitere Informationen:

www.normenkontrollrat.bund.de