Nur noch wenige Tage, dann fällt für die deutsche Sozialdemokratie eine historische Entscheidung: entsagt sie einer möglichen Regierungsverantwortung, und zieht sie sich aus einer immer noch geschäftsführenden Regierung zurück? Die Simmung in der SPD ist nicht gut, der Sondierungskompromiss stößt insbesondere bei der Parteilinken und den Jusos auf entschiedenen Widerstand.Praktisch geht ein Riss durch die SPD, die nach neuesten INSA-Umfragen bei nur noch 18,5 % Wählerzustimmung liegt.
Nach ersten Abstimmungen scheinen sich sogar die Fronten zwischen Parteispitze und GroKo-Kritikern aus den eigenen Reihen zu verfestigen.
SPD-Vorsitzender Martin Schulz verwies am Montagabend in Dortmund vor einem Treffen mit Parteitagsdelegierten aus Westfalen auf die Ergebnisse der Sondierungen mit der Union, er habe „eine große Liste von Erfolgen“ vorzuweisen.
Das Erreichte gehe teilweise auch über das vom SPD-Parteitag vor Aufnahme der Sondierungsgespräche Geforderte hinaus.
Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Schulz, die SPD habe natürlich nicht alles bekommen. „Aber das, was wir durchgesetzt haben, rechtfertigt die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.“
Berliner Landesvorstand der SPD stimmt gegen GroKo
Der Landesvorstand der Berliner SPD hat sich am Montagabend anders entschieden: Mit 21 zu 8 Stimmen sprach man sich gegen Koalitionsverhandlungen aus, obwohl sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller gegenüber dem TAGESSPIEGEL für eine GroKo ausgesprochen hatte. Berlin wird also mit 23 von 600 Bundesdelegierten auf dem Bundesparteitag mit „Nein“ stimmen.
SPD-Brandenburg für GroKo
Anders sieht es bei der SPD in Potsdam aus: der Landesvorstand der SPD in Brandenburg befürwortete mit 9 zu 2 Stimmen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Die Brandenburger SPD wird also mit 10 von 600 Delegierten auf dem Sonderparteitag in Bonn für Koalitionsverhandlungen mit der Union stimmen.
Sachsen-Anhalt gegen GroKo
Der Landesverband Sachsen-Anhalt der SPD hatte mit nur einer Stimme Mehrheit 53:52 gegen eine GroKo gestimmt. Aus Sachsen-Anhalt werden 7 Delegierte nach Bonn fahren.
Weitere Stimmen pro und contra GroKo
Ministerpräsident Weil aus Niedersachsen sprach sich heute in der Tagesschau für eine GroKo aus. Auch seine Amtskollegin Malu Dreyer aus Rheinland-Pfalz wird auf dem Sonderparteitag in Bonn vehement für eine Aufnahme von Koalitionsverhandlungen aussprechen.
Unterdessen macht der Bundesvorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert weiter Stimmung gegen die GroKo, und reist durchs Land. Der Christoph Schwennicke sieht ihn in Cicero heute als „Drama-Queen“ „in der Rolle des klassischen Unholds“, der aber gute Argumente hat. Kevin Kühnert ist zugleich Mitglied der BVV in Tempelhof-Schöneberg und versammelt vor allem Stimmen der SPD-Linken hinter sich.
Wie der Sonderparteitag am 21.Januar 2018 letztlich abstimmen wird, ist noch offen. Bei einer knappen Zustimmung für Koalitionsverhandlungen, wären zuerst die SPD aber auch eine künftige Bundesregierung stark geschwächt. Kaum denkbar, dass eine solche Konstellation vier Jahre Legislaturperiode durchhält.
Weitere Informationen und ein Update folgen | Stand: 15.01.2018 – 23:00