In der kommenden Woche tritt die EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft. Ab dem 25. Mai 2018 gelten neue Bestimmungen für den Datenschutz, die auch alle Online-Medien und digitalen Zeitungen betreffen. Juristisch tritt für verantwortliche Herausgeber und Redakteure eine Lage ein, die eine Einschränkung der Pressefreiheit bewirkt.
Die EU trifft in diesem Fall keine Schuld: bei der Verabschiedung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) durch das Europäische Parlament im im April 2016 wurde eine zweijährige Übergangsfrist bis zum 25. Mai 2018 installiert, um in den nationalen Gesetzgebungen betroffene Grundrechte, Gesetze und Normen rechtzeitig anpassen zu können.
Die EU-DSGVO ist überdies überaus sorgfältig und ausgiebig beraten worden, und wurde nach langwierigen Verhandlungen mit der Brüsseler EU-Kommission und den Mitgliedstaaten beschlossen.
Datenschutz und Auskunftsrecht im Widerspruch zum Medienprivileg
Auch wenn die Ziele des Datenschutzes und zum Schutz von Persönlichkeitsrechten grundsätzlich bejaht werden, für Journalisten und Redaktionen gilt das Medienprivileg: im Rahmen der grundgesetzlich geschützten Presse- und Rundfunkfreiheit (Artikel 5 Grundgesetz) werden Informationen öffentlich gemacht, dokumentiert und wiederauffindbar archiviert. Aufgrund des Medienprivilegs muss dazu auch keine gesetzliche Erlaubnis oder die Einwilligung des Betroffenen vorliegen. Investigativer Journalismus muss sogar Personen und Zusammenhänge offenbaren, wenn dabei Mißstände aufgedeckt werden.
Die Bestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung können daher nur eingeschränkt im Bereich des Journalismus angewendet werden, weil hier presserechtliche Zwecke Vorrang haben. Allerdings gilt für Journalisten die berufliche Sorgfaltspflicht und nach den Kriterien des freiwilligen Pressekodex müssnen natürlich Persönlichkeitsrechte von Betroffenen beaachtet werden.
Auch das nach EU-DSGVO geltende Auskunftsrecht über die Datenspeicherung von personenbezogenen Daten kann nicht uneingeschränkt gelten. Der Informanten- und Quellenschutz und das berufliche Auskunftsverweigerungsrecht der Journalisten stehen den Vorschriften der EU-DSGVO entgegen.
Anzeigenkunden und Abonnenten als EU-DSGVO-Regelbereich
Die geschäftlichen Daten von Abonnenten und Anzeigenkunden sind von Presse- und Medienunternehmen dagegen im Regelfall nach den Vorschriften der EU-DSGVO zu behandeln. Sie müssen getrennt von redaktionellen Zwecken gespeichert und verarbeitet werden, um Konflikte mit dem Quellenschutz zu vermeiden. Im Veröffentlichungsmedium ist es jedoch unerläßlich redaktionelle Daten und Anzeigen auf einem Internet-Server technisch zusammenzuführen.
Prinzip Zeitung und das Recht auf Vergessenwerden
Einmal zur Veröffentlichung bestimmte und beauftragte Daten sind nicht mehr rückholbar, sondern bleiben dauerhaft im Internet auffindbar und werden sogar systematisch archiviert. Der Anspruch auf Vergessenwerden steht im Widerspruch zur Funktion von Presse, die auch zeitgeschichtlich bedeutsame Informationen nach Möglichkeit auch permanent öffentlich verfügbar halten muss.
Bürger haben das Recht, Auskunft über ihre Daten zu erhalten, und die Unternehmen müssen die Sicherheit der Daten gewährleisten.
Um hier Konflikte zu vermeiden, muss bei werblichen Inhalten künftig schon beim Auftrag über eine mögliche De-Publikation bzw. Dauer-Archivierung verhandelt werden.
In dieser Frage wird es künftig detaillierte Regeln geben müssen, um den Schutz von Kultur und Öffentlichkeit in Archiven zu sichern.
Fehlende gesetzliche Regelung – Pressearbeit auf unsicherer Rechtsgrundlage
Ab dem 25.5.2018 wird in der Medienlandschaft eine Diskussion aufkommen, wie es mit der Pressefreiheit künftig bestellt ist. Offenbar hat der Berliner Landesgesetzgeber in Gestalt der rot-rot-grünen Koalition seine Gesetzgebungskompetenz nicht wahrgenommen.
Die Lage ist komplex, denn nicht einmal die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in eigener Sache öffentlich informiert und agiert. Offenbar sind sie nicht einmal in der Lage, rechtzeitig zu erkennen, wenn ihnen die Rechtsgrundlage für die Presse- und Rundfunkfreiheit von der EU per Verordnung entzogen wird!
Am 25.Mai 2018 werden sicher bundesweit alle Redaktionen bei ARD und ZDF und in den gro0en Zeitungen erwachen, wenn das „Kind Pressefreiheit“ in den „bürokratische-politischen Brunnen“ dysfunktionaler Regulierungs- und Medienpolitik gefallen ist.
Was tun? Abschalten? Weiter machen und Abmahnungen riskieren?
Die entstandene Lage ist ernst. Das Risiko eines unregulierten Betriebs ist hoch. Die politischen Parteien im Land Berlin und die Bundesregierung haben in einer verfassungppolitisch bedeutsamen Frage nicht gehandelt. Im Prinzip ist nun auch das Vertrauen von Journalisten und Verlegern in staatliche Institutionen schwer erschütttert. Die Berliner Landesregierung ist offensichtlich nicht in der Lage die demokratischen Grundrechte in Berlin zu sichern und entsprechend den Landes-Zuständigkeiten für die Rundfunk- und Pressempolitik proaktiv zu handeln.
Die Pankower Allgemeine Zeitung wird daher am 24. Mai 2018 bis auf Weiteres abgeschaltet!`*
Weitere Informationen:
* Die Umstellung auf die Anforderungen der EU-DSGSVO erfordert einen vollen Wartungstag. Ferner muss eine Umstellung auf Sicherheitszertifikate (https://) vorgenommen werden, die nicht im vollen Umfang automatisch erfolgen kann. Für Whistleblower und vertrauliche Informationen wird eine eigene sichere Mail-Verbindung auf externen Servern eingerichtet. Die Umstellung wird im gesamten Mediennetzwerk Berlin für insgesamt 10 Bezirkszeitungen durchgeführt. Der Start der neuen Hauptstadtzeitung für die Metropolenregion Berlin Brandenburg verzögert sich um mindestens einen Monat.