Die deutsche Automobilindustrie arbeitet mit Nachdruck an innovativen Fahrzeugkonzepten. Das Automatisiertes Fahren soll bald auf deutschen Straßen möglich sein. Auch der Gesetzgeber muss sich auf die neuen Innovationen einstellen. Das Bundeskabinett hat daher Anfang Februar einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der eine entsprechende Änderung im Straßenverkehrsgesetz vorsieht. Wichtig dabei: Auch beim Einsatz des Computers bleibt die letzte Verantwortung grundsätzlich beim Menschen.
Der Mensch bleibt verantwortlich
Laut Gesetzentwurf dürfen künftig auch solche Fahrzeuge im Einsatz sein, die für eine bestimmte Zeit und in bestimmten Situationen die Kontrolle über das Fahrgeschehen übernehmen. Wichtigste Neuerung: Der Mensch soll auch beim Einsatz des Computers grundsätzlich die letzte Verantwortung behalten.
Mit dem neuen Gesetz regelt der Gesetzgeber das Zusammenwirken zwischen Fahrer und hoch- oder vollautomatisierten Fahrfunktionen. Es lässt zu, dass der Fahrer „dem technischen System in bestimmten Situationen die Fahrzeugsteuerung übergeben kann“. Die letzte Verantwortung bleibt aber bei ihm.
So müssen automatisierte Systeme „jederzeit durch den Fahrzeugführer übersteuerbar oder deaktivierbar“ sein. Der Fahrer wird also während der Fahrt nicht durch das System ersetzt. Das wäre erst beim autonomen Fahren der Fall, bei dem es keinen Fahrer, sondern nur noch Passagiere gibt.
„Blackbox“ klärt Schuldfrage bei Unfall
Doch wer haftet, wenn die Technik versagt und einen Unfall verursacht? Die Suche nach dem Schuldigen soll eine Art „Blackbox“ übernehmen. Das Gerät zeichnet die wesentlichen Daten der Fahrt auf. Damit lässt sich nach einem Unfall klären, ob Technik und damit Hersteller oder der Fahrer Schuld hat.
Die Aufzeichnung soll zudem sicherstellen, dass sich der Fahrer nicht pauschal auf ein Versagen des automatisierten Systems berufen kann. Vorbereitungen zu den entsprechenden technischen Spezifikationen laufen derweil auf Ebene der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN-ECE).
Leitmarkt und Leitanbieter Deutschland
Das Kabinett hatte bereits im September 2015 die „Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren“ beschlossen. Ziel ist, dass Deutschland „Leitanbieter für automatisierte und vernetzte Fahrzeuge“ bleibt und zugleich „Leitmarkt“ wird. Ein Baustein der Strategie ist die Schaffung des nötigen Rechtsrahmens.
Dem folgte im April vergangenen Jahres ein Gesetzentwurf zur Umsetzung des Wiener Übereinkommens. Dabei ging es um technische Vorschriften für automatisierte Fahrsysteme: Die Systeme müssen so gestaltet sein, dass der Fahrer ihre Funktion jederzeit überstimmen oder abschalten kann.
Automatisierungsstufen im Überblick
teilautomatisiertes Fahren:
Der Fahrer muss das System dauerhaft überwachen und jederzeit zur vollständigen Übernahme der Fahraufgabe bereit sein;
hochautomatisiertes Fahren:
Der Fahrer muss das System nicht dauerhaft überwachen. Das System warnt den Fahrer aber rechtzeitig, wenn dieser eingreifen muss;
vollautomatisiertes Fahren:
Der Fahrer muss das System nicht überwachen. Das System ist in allen Situationen in der Lage, einen „risikominimalen“ Zustand herzustellen;
autonomes („fahrerloses“) Fahren:
Das System übernimmt das Fahrzeug vollständig vom Start bis zum Ziel; alle im Fahrzeug befindlichen Personen sind nur Passagiere.
Der Gesetzgeber folgt damit den Vorschlägen der Industrie, die entsprechende Systeme und Testfahrzeuge entwickelt. Die Szenarien sind bisher auf die Komfortverbesserung und Automatisierung des Fahrens gerichtet.
In Anbetracht der demographischen Entwicklung und des wachsenden Anteils älterer Autofahrer wäre es sinnvoll, auch Notfall-Assistenzfunktionen in Autos einzubauen, die bei Aktivierung ein Fahrzeug kontrolliert in den Ruhezustand bringen, und Hilfe herbeirufen. Hierzu sieht der derzeitige Gesetzentwurf keine Regelung vor.
Weitere Informationen:
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur – www.bmvi.de