/// Glosse /// – Die Griechenland-Krise scheint sich dramatisch zuzuspitzen. IWF-Chefin Christin Lagarde wird keinen Zahlungsaufschub dulden – wenn am 1. Juli nicht gezahlt ist, ist es nicht bezahlt. Währenddessen zerbrechen sich deutsche Politiker die Köpfe. Wochenlang sind sie von einer „Grexit-Debatte“ von „Ökonomen“ in die Irre geführt worden.
Mal schien es, als würde man nochmals auf Griechenland zugehen, mal entstanden Zweifel.
Seit der letzten Regierungserklärung von Kanzlerin Dr. Angela Merkel ist klar: man wird hart bleiben und Reformen verlangen. Doch Merkel hält sich die Hintertür offen, sie sagte: „„Ich bin unverändert davon überzeugt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wenn die politisch Verantwortlichen in Griechenland diesen Willen aufbringen, dann ist eine Einigung mit den drei Institutionen immer noch möglich.“
Draghi ganz cool
Mario Drahgi dagegen machte Business as usual, und stattete die griechischen Banken mit weiteren ELA-Krediten aus, damit die griechischen Vermögensbesitzer in die große von der EU aufgestellte Falle hineintappen:
„Sie hoben Milliardenbeträge von ihren Bankkonten ab, die aus verfassungsrechtlichen Gründen zwar gut geschützt sind, aber schwer nachversteuerbar sind“. Seit Jahresbeginn 2015 sind mindestens 120 Mrd. € von griechischen Guthabenkonten abgehoben worden. Nun lagert das Geld in Safes, Betten, Schränken, auf Yachten und auf ausländischen Konten – oder wurde in Immobilien angelegt.
Was die Griechen noch nicht ahnen, nun ist das Geld weitgehend nachvollziehbar dokumentiert, der Auszahlungsbeleg weist den Weg. Der Einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) rettet nicht nur den Euro, sondern auch Griechenland.
Geldbesitzer haben die Hosen heruntergelassen
Über die Euro Banking Association (EBA) mit dem EURO1 Zahlungssystem für Großgeldbeträge, dem EBA Clearing STEP1 für Kleinbeträge und dem paneuropäischen Automated Clearing House (PE-ACH) STEP2 für Massenzahlungen in Euro, sowie über MyBank, der elektronische Autorisierungslösung für Online-Zahlungen ist sämtliches ausgezahltes Geld persönlich rückverfolgbar.
Mit dem 30.Juni 2015 gibt es damit einen perfekten Bilanz-Stichtag, um alle Griechen künftig in eine geregelte Besteuerung hineinzuführen. Man kann den Bankbeleg nicht vernichten, auch nicht das Bargeld wegwerfen – es ist plötzlich in den Datenbanken des europäischen Bankensystems klar dokumentiert, wer wieviel Geld bekommen und abgehoben hat.
Grexkasso – statt Grexit
Noch wägen sich die meisten Griechen in Sicherheit, sofern sie ihr Geld von der Bank abgehoben haben. Jene armen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die über kein Geld verfügen, bekommen über die existenziellen Probleme und unmittelbare Not hinaus keine weiteren Probleme, etwa mit den Finanzbehörden. Sie müssen noch weiter leiden, weil der griechische Staat nicht genug Steuern erhoben hat.
Doch alle anderen Griechen sitzen nun mit ihrem Bargeld in der Falle: kaufen sie etwas, müssen sie Mehrwertsteuer zahlen, und zwar nicht zu knapp. Kaufen sie Autos, Luxusgüter oder Immobilen in der EU, dann zahlen sie Mehrwertsteuer an die jeweiligen EU-Staaten. Egal wie die Bargeldbesitzer es drehen und wenden: das Geld ist im abgehobenen Zustand plötzlich dem freien Spiel marktwirtschaftlicher Kräfte und der Besteuerung ausgesetzt.
Tsipras und Varoufakis können nun von jedem Bürger zum Bilanzstichtag eine Eingangs-Steuerbilanz bekommen, bestehend aus dem Auszahlungsbeleg, dem Restbetrag auf dem Konto und einer in Euro bemessenen Summe. Alle nach dem 30.6.2015 eingezahlten Beträge sind ebenfalls transparent.
Erstmals seit 1830 sind damit in Griechenland alle Voraussetzungen geschaffen, um eine gerechte Besteuerung umzusetzen. Zwar hat der griechische Staat dafür noch nicht alle organisatorischen und gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, aber es ist von nun an 10 Jahre Zeit, bis eine Verjährung wirksam werden kann.
Als europäischer Optimist denke ich, es wird auch nicht bis zum 1.8.2025 dauern, um in Griechenland ein EU-konformes Steuer- und Sozialsystem aufzubauen.
Mario Draghi ist es zu verdanken, dass die Griechen nun auf den Weg der Tugend in Europa zulaufen werden. Mit seinen Milliarden-ELA-Notkrediten hat er alle Griechen „auf die Lichtung gelockt“.
Die beiden Spieltheoretiker Tsipras und Varoufakis wurden durch das monatelange Krisenverhandeln in Sicherheit gewiegt. Nun kommt der unausweichliche „Showdown“ für den griechischen Klientelismus: der „Grexkasso“ kommt!
Griechenland-Krise klingt bald ab
Die Griechenland-Krise wird ganz plötzlich im Juli vorbei sein. Mit einer letzten Liquiditätshilfe wird die EU Mittel aus den geplanten 10 Mrd. € für die Banken-Kapitalisierung für die griechische Regierung freigeben, nachdem am 30.6.2015 die Rate an den IWF in Höhe von 1,6 Mrd. € gezahlt wurde. So können die nächsten großen Rückzahlungstranchen gemeistert werden.
Die Staatspleite wird ganz knapp vermieden! Und die griechische Regierung wird sich plötzlich in Arbeit stürzen müssen, und die große Aufgabe des „Grexkasso“ angehen. Schon ab August kann sich die EU bald zurücklehnen, und auf griechische Zuständigkeiten und Handlungsmöglichkeiten verweisen.
Tatsächlich ist nun genug Geld im System, um über den Sommer 2015 hinaus aus eigener Kraft voranzukommen. Es muss ja nur besteuert werden, was offenbar ist, und was per Steuererklärung ohne noch mögliche Tricksereien dokumentiert ist.
Mario Draghi ist der Gewinner
In all der großen Aufregung hat einer in Europa immer einen kühlen Kopf bewahrt: EZB-Chef Mario Draghi. Mit seiner Politik des „Quantity Easing“ und der großzügigen Gewährung der ELA-Notkredite hat er Ordnung und einen Bilanzstichtag ins System gebracht.
Schon im Herbst werden erste Griechen Dankschreiben an die EZB schreiben, weil es plötzlich doch ganz leicht geworden ist, als ehrliche Europäer weiter zu leben und zu arbeiten.
Es wird ein Ruck durch Griechenland gehen, wenn man sich mit Steuerzahlungen und Nachzahlungen von dem Druck befreien kann, der durch den „Bilanzstichtag“ und die noch „ungewohnte Transparenz“ ausgelöst wird.
Tsipras und Varoufakis müssen nun nur noch einen normalen Job machen, Besteuerung und Nachversteuerung ordnen, und werden auf ihre ureigene Verantwortung zurück verwiesen.
Wenn sie klug genug sind, bitten sie die Griechen, selbst Staatsanleihen, Sparanleihen zu zeichnen. Dann kann auch Monat um Monat die Rekapitalisierung der Banken vonstatten gehen, und die ELA-Notkredite ausgeglichen werden.
Und wenn sie ganz tapfer sein wollen, dann bauen sie ganz schnell an einem System sozialer Grundsicherung. Es muß keine Not in Griechenland geben! Das EU-Währungssystem ist eine mächtige moralische Instanz, die ihre wohlstandsfördernde Wirkung entfalten wird. Volkswirtschaft funktioniert! *
* die EU muss sich nun um internationale Steuerharmonisierung kümmen, Steueroasen austrocknen, und Schwarzgelder jagen, das sind nun wieder wichtigere Aufgaben!