Montag, 07. Oktober 2024
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Pankow baut

Gelände des ehem. Rangierbahnhof Pankow

Auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhof Pankow ist seit Anfang Februar schweres Gerät im Einsatz. An der Prenzlauer Promenade wird das ehemalige Büro-Gebäude der DB AG rückgebaut, in dem früher u.a. der medizinischen Dienst der Bahn untergebracht war. Bagger und Erdbaumaschinen sind im Einsatz. Bäume werden gefällt. Offensichtlich werden nun große Vorbereitungen zur Baufreimachung unternommen.

Gelände des ehem. Rangierbahnhof Pankow
Gelände des ehem. Rangierbahnhof Pankow im Frühsommer 2015

Nach Angaben im TAGESSPIEGEL vom 13.2.2016 sollen auf dem Gelände zwei rund 350 Meter lange, 20 Meter hohe und 160 Meter tiefe Gebäudekomplexe entlang des Autobahnzubringers zur A 114 in unmittelbarer Nähe des S-Bahnhofes Pankow-Heinersdorf entstehen.

Investor Kurt Krieger beabsichtigt, hier zwei Möbelmärkte zu bauen, das bereits geplante „Möbel Höffner“ und einen „Sconto-Markt“. Im Osten von Prenzlauer Berg auf dem Gelände am Alten Schlachthof kann ein „SCONTO-Markt“ besichtigt werden. Das geplante neue Möbel Höffner soll den alten Standort in Berlin-Wedding ersetzen.

Neuer Plan – zwei Bauetappen

Bislang war geplant, das Gesamtgelände wie ein großes Entwicklungsgebiet zu handhaben, und entsprechende umfassende städtebauliche Planungen aufzulegen. Das gescheiterte Werkstattverfahren und die unterschiedlichen Vorstellungen zwischen Investor und Bezirk und die Einpassung in des Stadtentwicklungskonzept Berlins (STEP Zentren) brachten jedoch enorme Verzögerungen. Das begonnene Werkstattverfahren scheiterte letztlich sogar.

Neue Möbelhaus-Konkurrenz und die Baupläne von PORTA in Berlin-Lichtenberg sorgen jetzt für Eile. Es geht auch um Marktanteile im Möbelmarkt. Folglich gibt es eine veränderte Strategie des Investors KGG. Zunächst soll der weniger strittige Teil des Gesamtvohabens geplant und realisiert werden: ein Bebauungsplan mit der Flächennutzung „Fachmarktzentrum“ und den zwei Möbel-Märkten. Das große Shopping-Center soll im zweiten Schritt geplant und gebaut werden. Für die weitere städtebauliche Planung und für geplante Wohnbauten soll es einen städtebaulichen Wettbewerb geben.

Das von der KGG bisher hergestellte Junktim mit der Errichtung einer großen Shopping-Zentrum wird offensichtlich aufgelöst, denn Standortfragen und Verkehrplanung sind nach wie vor ungeklärt.

Es gibt jedoch ein Übereinkommen, den Standort des geplanten Shopping-Zentrums an die Berliner Straße heran zu rücken. Doch hierfür gibt es noch keinen genauen städtebaulichen Plan. Es müssen zuerst ein Architektenwettbewerb und ein Verkehrsgutachten auf neuer Plangrundlage erstellt werden. Dies wird Zeit kosten.

Mit der Auflösung in zwei Bauetappen ist ein neuer städtebaulicher Vertrag notwendig, denn das Baurecht soll unter Auflagen erteilt werden. Auch zwei geplante Schulstandorte sollen untergebracht werden, in einem Gebiet, das bereits heute die Grenzwerte für Stickoxide überschreitet, und weiteren Autoverkehr anzieht. Schwer vorstellbar ist es heute auch, eine weiterführende Schule in die Abwind-Fahne des Autobahnzubringers Prenzlauer Promenade zu bauen.

Infobox am Engpass "Pankower Tor"
Infobox am Engpass „Pankower Tor“ im Sommer 2015

Pankow baut

Während Investor, Senat und Bezirk noch uneins sind, liegt auch noch keine Baugenehmigung für das Gesamtvorhaben vor. Auch die versprochene Bürgerbeteiligung ist bislang weitgehend ausgeblieben. Aus dem öffentlich angekündigten offenen Werkstattverfahren ist ein „Hinterzimmer-Werkstattverfahren“ geworden, das immerhin wichtige Erkenntnisse zutage gefördert hat, was nicht geht.

Immerhin wurde ein wichtiger Pankower Verein beteiligt, in dem der Investor Krieger Mitglied und Sponsor ist.

Dieser Verein wird nun am 8. März 2016 der Pankower Politik und den Bürgerinnen und Bürgern mittteilen, wie es laufen soll. Das strittige Vorhaben „Elisabeth-Aue“ wird gleich als zu erledigendes Bauvorhaben mit auf die Tagesordnung gesetzt, obwohl dort erst am 12. März 2016 die „vorbereitende städtebauliche Planung“ in einer 1. Beteiligungswerkstatt angesetzt ist.

Erweiterte Oberschule "Carl-von-Ossietzky" in Pankow
Erweiterte Oberschule „Carl-von-Ossietzky“ in Pankow

Verein für Pankow e.V. lädt ein

In Pankow gibt es so einen bundesweit einmaligen Präzedenzfall. Erstmals wird bei einem der bedeutendsten Entwicklungsvorhaben einer großen Stadt (Pankow ist die 16.größte Stadt Deutschlands) ein „Vereinsbeteiligungs-Verfahren“ in der Stadtplanung in Gang gesetzt, bei dem ein Verein die „Politik antanzen“ läßt (es folgt O-Text übernommen als Zitat):

„Wir freuen uns, Sie zu unserer Bürgerveranstaltung zum Güterbahnhof Pankow und zur Elisabethaue einladen zu können.
Auf dieser Veranstaltung wird über den Stand der 2 größten Bauvorhanden in Pan-kow informiert und ein inhaltlicher und terminlicher Ausblick auf die weiteren Verfahrensschritte bis zum Baubeginn der beiden Bauvorhaben gegeben.

Bürgerveranstaltung zum Güterbahnhof Pankow und zur Elisabethaue
Dienstag 08.03.2016 – Einlass ab 17:30 Uhr, Beginn: 18:00 Uhr — Ende: ca. 20:00 Uhr
Carl-von-Ossietzky-Gymnasium | Görschstraße 42/44 | 13187 Berlin-Pankow

Die Veranstaltung wird durch den Vorsitzenden des Vereins FÜR PANKOW e.V., Herrn Thomas Brandt, eröffnet.

Referenten der Veranstaltung:

Der Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Herr Andreas Geisel

Der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Herr Jens-Holger Kirchner

Herr Kurt Krieger Eigentümer und Projektentwickler des Güterbahnhofes Pankow

Frau Dr. Ursula Flecken Vorstandsvorsitzende der Planergemeinschaft Kohlbrenner eG beauftragt mit dem städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) zur Elisabethaue und ihrer Umgebung

Nils Busch-Petersen Moderator

Wir freuen uns auf Ihr Kommen und eine interessante Bürgerveranstaltung.
Mit besten Grüßen

Thomas Brandt
Vorsitzender“
[Zitat-Ende]

Pankower Kommunalpolitik – abgetaucht?

Im Widerstreit von baurechtlicher Zuständigkeit, genehmigungsrechtlicher Planaufsicht des Senators für Stadtentwicklung und Umwelt und den Interessen von Investor, Anlieger und Betroffenen ist die Pankower Kommunalpolitik auffällig still geblieben.
Normalerweise gibt es bei derartigen großen Planvorhaben auch politische Begleitdiskussionen der Parteien, zumal in einem wichtigen Wahljahr. – Lediglich der zuständige Stadtrat Jens-Holger Kirchner lässt öffentlich durchblicken, dass er lieber eine Planung eines „Quartiers“ – statt toter geschlossener Räume – sehen will.

Auch die Pläne für eine begleitende Grünachse, Pläne für Fahrradstraßen und moderne Mobilitätskonzepte werden bisher in Pankow nicht mehr öffentlich angesprochen.

Während man in Berlin-Buch und rund um die Elisabeth-Aue „integrierte Stadtentwicklungs-Konzepte“ mit Bürgerbeteiligung in Auftrag gibt, wird in Alt-Pankow „Investoren-Vereins-Politik“ gemacht.

Ehemaliger Rund-Lokschuppen am Bahnhof Pankow-Heinersdorf
Ehemaliger Rund-Lokschuppen am Bahnhof Pankow-Heinersdorf

Bisherige Versäumnisse der Pankower Kommunalpolitik

Für ganz Pankow fehlt eine dem Einwohnerzuwachs angemessene städtebauliche Diskussion. Angesichts der Enge am Bahnhof Pankow, und der bereits vorhandenen Sicherheitsprobleme auf den Haltestellen-Inseln in der Berliner Straße drängt die Zeit. Es müßte längst eine verkehrtechnische Planung geben, wie man den künftig zu erwartenden Verkehr lenken und leiten will – und wie man den heute bereits bestehenden Engpaß beseitigen will.

Indem man die verkehrsplanerische Verantwortung allein beim Investor sieht, der für seinen „vorhabenbezogenen Plan“ ein Genehmigungs-Gutachten benötigt, entzieht sich die Kommunalpolitik aller Parteien ihrer öffentlichen und städtebaulichen Verantwortung. Schlimmer noch: sie behindert alle Investionen, weil auch langwierige Planverfahren wie etwa ein Planfeststellungsverfahren für eine neue geplante Straßenbahnlinie unnötig aufgeschoben werden.

Das größte Versäumnis: ausgerechnet im Pankower Zentrumsbereich fehlt bisher ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK), das nicht nur mit den wachsenden verkehrlichen Auswirkungen umgeht, sondern auch den geplanten Baus eines Kombi-Bades mit einbezieht. Das Problem des aus dem Pankower Norden stark anwachsenden Verkehrs wird bisher nicht planerisch behandelt.

Zukunftslösung am S-Bahnhof-Pankow-Heinersdorf?

Eine mögliche städtebauliche Lösung durch Aufwertung des S-Bahnhof-Pankow-Heinersdorf zu einem Umsteigepunkt ist bislang nicht bedacht und diskutiert. Ist hier nicht längst ein „zweites Pankower Tor“ zur Metropole Berlin notwendig?

Die Nutzung und Einbindung von vorhandenen P+R-Flächen und eine städtebauliche Neuordnung an der Damerow-Straße mit Umsteigemöglichkeit zwischen Tram 50 und S-Bahn böte große Chancen – auch für die geplanten Möbelfachmärkte.

Am S-Bahnhof-Pankow-Heinersdorf könnte eine Konzentration von Einzelhandel- und Nahversorgungszentrum mit Fußgänger-Brücke zu den Möbelmärkten eine sinnvolle städtebauliche Lösung sein, um mehr Besucher per ÖPNV zu den Fachmärkten zu bringen. Damit kann auch mehr Individualverkehr auf die Schiene gelockt werden.

Die Pankower Bürgerinnen und Bürger müssen nun genau hinschauen, wer sich für die städtebaulichen Zukunftsinteressen einsetzt. Blickt man durch die Kandidaten-Tableaus der im September zu wählenden Bezirksverordneten und Abgeordneten, so fehlt auffallend die notwendige stadtplanerische und architektonische Fachkompetenz für die „im Einwohnerwachstum zu verdichtende Stadt!“.