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Weissenseer Spitze – bitte kommen!

Markantes Eckhaus: "Weißensseer Spitze"

Das Wohnhaus an der „Weißenseer Spitze“ in der Gustav-Adolf-Straße, Ecke Heinersdorfer Straße wurde 1909 vom Architekten Andreé Wischkat für den Bauherrn W. Nitschke geplant. Es wurde als klassisches Wohnhaus mit gewerblicher Nutzung im Erdgeschoß errichtet. Unmittelbar an der Gabelung am Ende der Prenzlauer Allee platziert, steht es auch synonym für einen ganzen Stadtteil von Weißensee.

Die Prenzlauer Allee ist eine der zentralen radialen Straßenachsen Berlins. An der „Weißenseer Spitze“ verzweigt sich die Achse in die Prenzlauer Promenade (ehemals Uckermarckstraße) und in die Heinersdorfer- und Gustav-Adolf-Straße an der Grenze der drei Bezirke Weißensee, Pankow und Prenzlauer Berg.

Das Stadthaus dominiert die städtebauliche Situation am Caligariplatz. Nach grundlegender Modernisierung ist es wieder zum markanten Stadtbaustein geworden, der Aufbruchstimmung signalisiert. Ein neues Back-Café und ein erster SPÄTI in der Gustav-Adolf-Straße signalisieren neu erkannte Geschäftschancen. Insgesamt sind hier 25 hochwertig sanierte Wohnungen und 4 Ladeneinheiten entstanden.

Sensible Umsetzung als Effizienzhaus Denkmal

Die Straßenfassade wurde wegen ihrer architektonischen und städtebaulichen Bedeutung außenseitig nicht gedämmt. Die Fenster-Leibungen und die Dachwände wurden mit einer Innendämmung ausgestattet. Das Ergebnis ist ein Effizienzhaus Denkmal, das moderne Anforderungen an Energieeinsparung und Stadtgestalt verbindet.
Die Fassadenfarbe im Farbton RAL 1015, elfenbein sorgt für die Ablesbarkeit des städtebaulichen Motivs „Weißenseer Spitze.“
Die Hoffassaden wurden dagegen mit einem Wärmedämmverbundsystem modernisiert.

Ein neuer Gasbrennwertkessel im Keller sorgt für die Heizungs- und Warmwassererzeugung, die durch eine Kombination mit einem Blockheizkraftwerk besonders energie- und kosteneffizient arbeitet.

Die historische Fassadengliederung des Gründerzeitbaus bleibt erhalten, die Verordnung zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart der Gebietes „Weißenseer Spitze/Weißensee Süd“ wurde musterhaft umgesetzt.

Geschäftsstraßengemeinschaft „Weißenseer Spitze“

Im Juli 2012 hatte die Pankower Allgemeine Zeitung schon einmal berichtet. Damals stand noch ein Gerüst:

„Die traditionelle Eckkneipe „Die Spitze“ wird geschlossen. Die Stimmung bei den Stamm-Gästen ist gedrückt: „Wir haben dann keinen Kieztreff mehr!“. Die nahe Brotfabrik richtet sich mit ihrer Kneipe eher an ein jüngeres Publikum. Die Nachbarhäuser haben schon grellbunte Fassaden-Farben. Die Weißenseer Spitze verändert sich.“

Mit Hilfe öffentlicher Fördermittel wurde 2013 ein kleine Geschäftsstraßeninitiative begonnen, die von ein paar wackeren Einzelhändlern und lokalen Akteuren vorangetrieben wurde. Der optimistische Slogan: „Die Weißenseer Spitze – die Spitze blüht auf!“ inspirierte zum Mitmachen.

Im Jahr 2013 tat sich etwas Bemerkenswertes in der Gustav-Adolf-Straße: Sandra Riedel, eine lokal ansässige Designerin, entwarf ein schönes und markantes Logo, das bald auch eine Internetseite zierte.

Im Herbst 2013 konnte optimistisch über die ersten Aktivitäten berichtet werden: „Die Weißenseer Spitze kommt … ( 15.11.2013 | Pankower Allgemeine Zeitung ).

Die Initiative traf sich regelmässig, und bereitete gemeinsame Aktivitäten zur Belebung des Kiezes vor.

Initiative Hundekotbeutelspender

Die wohl wichtigste Initiative wird durch Augenoptiker Friedemann Preubsch seit 2008 in Gang gehalten: er finanziert mit anderen Geschäftsleuten Hundekotbeutelspender in der Straße, die tatsächlich auch merklich sauberer geworden ist. Zu finden sind die Beutelspender an Masten in der Gustav-Adolf-Str. 10, an der Nummer 14 und an den Nummern Gustav-Adolf-Str. 150 und 153.
Im Sommer 2015 gelang es auch, einen zusätzlichen BSR-Papierkorb zu installieren, die Anforderung an den BSR-Kundenservice verlief vorbildlich schnell. So verkürzten sich die Wege für die Entsorgung der Hundebeutel – wieder ein klitzekleiner Schritt und Erfolg.
Doch der entscheidende Schritt zur Kundengewinnung unterblieb: kein Händler war bereit, Hundefutter ins Sortiment zu nehmen, und so laufen Hundebesitzer wie gewohnt zum nächsten Fressnapf in der Ostseestraße und kaufen dort gleich im REWE-Markt oder Hundefutter im nächsten NETTO-Markt in der Langhansstraße ein.

Kurze Blütezeit der Initiative

Das Café „Meen Berlin“ von Livia Uttecht trug eine Weile neue Atmosphäre in die Straße, doch es hielt nicht lange durch. Die Hoffnung auf studentische Kunden der nahen Kunsthochschule trug nicht. Der Laden „Kleine Fachwelt“ brachte ein vielfältiges Second-Hand-Sortiment in die Straße, und baute einen Kundenstamm auf. Doch für die typische Berliner Mischung einer Nahversorgungs-Einkaufsstraße reichte das Kundenpotential auf Dauer nicht aus. Baustellen, fehlende Parkplätze, der Umzug der Sparkasse und viele kleine Fährnisse verhinderten den Aufschwung.
Ein Gesundheitstag am 16. November 2013, der in der Kunsthalle am Hamburger Platz organisiert wurde, fand nur wenig Interesse. Die Diskrepanz zwischen Eigenwahrnehmung der Initiatoren und dem Interesse des Publikums war sehr groß.

Zum 1. Advent 2013 startete der Adventskalender und die Geschäfte in der Gustav-Adolf-Straße boten während der Dezembertage viele Attraktionen vor ihren Geschäften. Stimmung lag in der Luft, das Engagement führte zwar zur Belebung, war jedoch für Händler kein ausreichender Kassenerfolg.

Im Frühjahr 2014 gab es das größte Warensortiment seit langer Zeit in der Gustav-Adolf-Straße. Mehr Werbung hätte nun Kunden einladen müssen, doch die Möglichkeiten wurden nicht ausreichend genutzt. In der Pankower Allgemeine Zeitung wird seitdem auch auf den Wochenmarkt auf dem Caligariplatz hingewiesen, der zwar nur zwei feste Stände mit Fleischerei und Gemüse hat, der aber das Gesamtsortiment in der Gustav-Adolf-Straße immer mittwochs und freitags enorm stärkt.

Das Frühjahr 2014 wurde zur Begrünung von Baumscheiben genutzt. Das erste Straßenfest am 1. Juni 2014 unter dem Motto „Der Kunstraub“ sollte Kinder nach Art einer detektivischen Schnitzeljagd durch die Gustav-Adolf-Straße und einige geöffnete Hinterhöfe führen, in denen u.a. die Druckerei Schmohl besichtigt werden konnte. Polizei und Feuerwehr unterstützten das Kiezfest.

2014 im Herbst gab der Gewinn im Berliner Mittendrin-Wettbewerb für die Initiative der Local Smarts*, der auch für weitere positive Energie im Jahr 2015 sorgte. Die Kunstversteigerung von UHU-Kunstwerken unter 100 € wurde von fast allen Geschäften am 17. Oktober 2014 unterstützt.

Das Jahr 2015 – der Abschwung der Initiative

Im Frühjahr wurde am 19. April 2015 für mehr Grün gesorgt: „Mit den Bewohnern und den Kindern unseres Kiezes wurden Baumscheiben im Kiez gesäubert und mit Samenkugeln beworfen,“ beschreibt es die Internetseite. Ein großer Erfolg erwuchs daraus nicht.

Stattdessen wurde das Straßenfest „Auf zum SpitzenMahl“ am 31. Mai 2015 zum Höhepunkt, der in der Lehderstraße zwischen Gustav-Adolf-Straße und Goethestraße gefeiert wurde. Bunte Stände, Spiele und Musik und Aktionen lockten Besucher aus dem Kiez zu einem fröhlichen Tag. Zum Fest wurde die Einweihung des Parkmobil von LocalSmarts vorgenommen, eine Art Mini-Park auf der Grundfläche eines Parkplatzes. Eine riesen Tafel lud zum Speisen und kennenlernen der Nachbarn ein.

Vereinsgründung und organisatorische Auflösungsphase

Am 7.7.2015 gründeten 13 Mitstreiter schließlich einen Verein, um die Geschäftsstraßeninitiative weiter voran zu bringen. Bemühungen, die vermieter einzubinden, scheiterten bisher. Eine wichtige Bedingung für ein Geschäftsstraßen-Management fehlte damit.
Zudem banden die Feste viel Kraft und Engagement der Händler, die als Alleininhaber hoe Risiken tragen, und leicht durch enttäuschte Erwartungen in Krisen stürzen.

Eine Ladenbesitzerin gab im Sommer verärgert auf, weil eine Erhöhung des Krankenkassenbeitrags um 50 €/Monat nicht mehr vom Jobcenter gedeckt wurde. Ein gerade stabil laufender Laden musste schliessen.
Plötzlich verschwand ein buntes Sortiment mit einer Produktvielfalt von über 2.400 Artikeln aus der Straße – das Kauf-Interesse nahm damit auch ab.

Offenbar gab es aber auch hintergründig Streit zwischen den Akteuren, der nicht an die Öffentlichkeit drang. Sichtbar wurden plötzlich ein neue Internetseite, die Leitseite zur Weissenseer Spitze wurde nicht mehr aktualisiert. Akteure trennten sich in Gruppen auf. Die Händler blieben in Unterzahl, wo sie doch am Dringendsten neue Kunden und bessere Umsätze brauchen.

Am 1.September 2015 feierte das Kunststübchen in der Langhansstraße sein 35. Jubiläum. Anita Seyfert-Kreysner führt damit eine kleine stabile Institution unter den Geschenkegeschäften im Kiez. Die Händlerin kennt ihren Kiez und gibt im Video-Interwiew Einblicke, wie der Kiez tickt.

 

Die Weihnachtaktion 2015 fiel spärlich aus – am 2., 9. und 16.12.2015 gab es noch Weihnachts-Stände auf dem Caligariplatz, doch das Engagement endet in dem Jahr abrupt.
Noch heute sind beide Internetseiten mit letzten Termin-Einträgen zu sehen, die am Jahresende 2015 enden.

Im Jahr 2016 kümmerte sich die Wahlkreisabgeordnete Dr. Clara West um den Kiez. Ein Kiezrundgang im Juli 2016 war wohl auch dem Wahlkampf verpflichtet. Folgerungen wurden nicht öffentlich gezogen.

Eine zwischenzeitlich gegründete Facebook-Gruppe legte auch die Hintergründe offen. Thomas Meister schrieb am 8. Dezember 2016: „Die Weißenseer Spitze ist zwar ein gut gemeintes Projekt, aber ich fürchte dass es die Gentrifizierung vorantreiben könnte, was im Effekt die Alteingesessenen verdängt … .“

Doch das altbackene Ansinnen „Hier wollen wir uns begegnen, uns wohlfühlen und etwas dafür tun;“ wird den Kiez nicht weit voranbringen.

Immerhin scheint sich etwas auf einer der eingeschlafenen Internetseiten zu tun:

„Liebe Besucher, unsere Web-Präsenz wird derzeit komplett erneuert. Aktuelle Informationen finden Sie derzeit nur im Blog. Zur Aufnahme in den Mailverteiler für Aktuelles melden Sie sich bitte über das Kontaktformular unten.Wir danken für Ihr Verständnis und beeilen uns mit den „Umbauarbeiten“…“ –

„Weissenseer Spitze – bitte kommen!“

Weitere Informationen:

* Internetadresse www.localsmarts.org wegen langer Ladezeit und Absturzgefahr des Browsers nicht verlinkt. Laden auf eigene Gefahr!

Neue Gebiete für die Städtebauförderung | 21.5,2014 | Pankower Allgemeine Zeitung

m/s