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17 Tote Radfahrende 2016 mahnen!

ADFC mahnt: weisse Geisterräder

Die Polizeimeldung vom 05.01.2017 „Nach Verkehrsunfall gestorben“ veränderte die Unfall-Statistik des Jahres 2016:

„Eine 42-jährige Frau erlag gestern Abend in einem Krankenhaus ihren Verletzungen, die sie bei einem Verkehrsunfall am 30. Dezember 2016 erlitten hatte. Den derzeitigen Ermittlungen zufolge hatte die 74-jährige Fahrerin eines VW Polo gegen 15.50 Uhr beim Abbiegen aus der Malchower Ortnitstraße in die Dorfstraße die ihr entgegenkommende Radfahrerin übersehen, die sich aufgrund des Zusammenstoßes und des anschließenden Sturzes Kopf- und innere Verletzungen zuzog. Sie kam zur intensivmedizinischen Behandlung in eine Klinik, in der sie gestern verstarb.“

Der Allgemeine Deutscher Fahrrad-Club Berlin e.V. (ADFC) trug diesen Unfall als 17. Todesfall des Vorjahres in ihre Statistik der in Berlin getöteten Radfahrenden ein.

Der ADFC analysiert auch im Detail die Unfallursachen, und erarbeitet daraus einen Fakten-Überblick für Fahrradunfälle, um einen genaueren Blick auf die relativen Anteile von Verursachern und Opfern von Verkehrsunfällen zu gewinnen.

Im Straßenverkehr im Land Berlin gibt es folgende Trends (Zahlen aktualisiert am 04. Mai 2015):

– Radfahrende haben über 80% ihrer Unfälle mit Kfz.

– verursachen 65% der Radunfälle mit Sachschaden (Unfälle ohne Personenschaden). Die Anzahl der Radunfälle mit Sachschaden ist halb so groß wie die Anzahl der Radunfälle mit Personenschaden.

– Radunfälle mit Personenschaden werden zu 65% von Kraftfahrern verursacht. Die verletzten und getöteten Personen sind indessen fast ausschließlich Radfahrer.

– Der Anteil von Radfahrenden an den Verursachern von Radunfällen nimmt seit Jahren kontinuierlich ab.

– Lkw-Fahrer verursachen 75% der Unfälle, an denen sie beteiligt sind.

– Die Hauptverursacher von Radunfällen mit Todesfolge sind Berufskraftfahrer in schweren Lkw.

– Es gibt keinen „Toten Winkel“ an schweren Lkw. Alle Bereiche vor und neben schweren Lkw sind vom Fahrer direkt oder durch EU-weit vorgeschriebene Spiegel einsehbar.

– Fahrzeuge mit einem „Toten Winkel“ sind nicht konform zu § 56 der StVZO.

– 8% der Unfälle von Fußgängern werden durch Radfahrer verursacht. Fußgänger haben 76% ihrer Unfälle mit Kfz.

Der ADFC räumt damit auch Mythen und Missverständnisse auf, denn aufgrund der Vielzahl von Nachrichtenmedien und Aussagen entwickelt sich mitunter ein schiefes Bild beim Lesepublikum.

Abbiegeunfälle nach wie vor das größte Problem

An den vorderen Stellen der Ursachen für Radunfälle stehen „Fehler beim Abbiegen“ von Kraftfahrern sowie „Benutzung der falschen Fahrbahn“ durch Radfahrer.
Die Argumentation bei LKW-Unfällen muss zudem auch auf die richtige Unfall-Ursache ausgerichtet werden:

Die Landesvorsitzende des ADFC Berlin, Eva-Maria Scheel forderte bereits 2014. „Es müssen mehr Mittel und mehr Personal bereitgestellt werden, um Gefahrenstellen umzubauen. Außerdem muss der Lkw-Verkehr besser kontrolliert werden, hier insbesondere die korrekte Einstellung und Nutzung von Spiegeln.“

Mahnwache
Berlin-Britz, 29.11.2016: Mahnwache von Aktivisten des Volksentscheid Fahrrad zum Gedenken an die am Vortag von einem rechstabbiegenden Lkw getötete Radfahrerin. Foto: Norbert Michalke/
Volksentscheid Fahrrad

Geringes Verwarngeld bei falsch eingestellten Außenspiegeln

Der § 56 Absatz 1 StVZO fordert eindeutig:

„Kraftfahrzeuge müssen […] Spiegel oder andere Einrichtungen für indirekte Sicht haben, die so beschaffen und angebracht sind, dass der Fahrzeugführer nach rückwärts, zur Seite und unmittelbar vor dem Fahrzeug – auch beim Mitführen von Anhängern – alle für ihn wesentlichen Verkehrsvorgänge beobachten kann.“

Stellen Beamte bei einer Verkehrskontrolle einen Defekt der Spiegel fest bzw. gar ein Fehlen, können Sie ein Verwarngeld in Höhe von 15 Euro erheben. Angesichts der Todesgefahren für Radfahrer und Fußgänger ein vermutlich zu geringes Verwarngeld.

Update: Aufruf zur Mahnwache heute in Malchow

Der Volksentscheid Fahrrad ruft erneut zu einer Mahnwache auf – im stillen Gedenken an die getötete Frau, für ihre Angehörigen und an die politisch Verantwortlichen, das neue Rad Gesetz in Kraft zu setzen, um für mehr Sicherheit im Radverkehr zu sorgen.

Der Volksentscheid Fahrrad wird in Absprache mit dem ADFC ein weißes Geisterrad aufstellen. Außerdem werden für die 17 tödliche Unfälle im vergangenen Jahr 17 Grablichter aufgestellt.

Die Mahnwache findet am 06. Januar von 18:30 bis 19:00 an der Unfallstelle in Pankow, Ecke Ortnitstraße / Dorfstraße im Pankower Ortsteil Malchow stat