Im Auftrag der Wirtschaftsförderungen der Berliner Bezirke Pankow und Mitte wurde eine „Bedarfsanalyse der Modewirtschaft“ erstellt, die nun in beiden Bezirken veröffentlicht wurde.
Als Autoren sind Sabine Hülsebus und Daniela Fleig genannt, unter der Mitwirkung von Ares Kalandides. Alle drei sind in der Firma Inpolis Urbanism GmbH verbunden.
Das Modenetzwerk NEMONA ist ein konzeptionelles Internetprojekt in dessen Impressum ebenfalls die Firma Inpolis Urbanism GmbH verantwortlich zeichnet.
Problemlage der Modewirtschaft in Mitte und Pankow
„Die Bezirke Pankow und Mitte verzeichnen seit Jahren einen Rückgang
bzw. Stillstand bei den Ansiedlungen neuer Modeunternehmen. Steigende
Mieten, mangelnde Standort-Rahmenbedingungen und fehlende
Branchenvernetzung führen dazu, dass das Kreativpotential und
handwerkliches Know-How abwandert. Unternehmen, die
verantwortungsbewusst und ressourcenschonend arbeiten möchten, erhalten kaum Unterstützung. Diese Situation hat sich durch die Corona-Pandemie noch einmal verstärkt“ beschreibt die Pressemitteilung vom 19.2.2021.
Ergebnisse einer „Bedarfsanalyse der Modewirtschaft“
Die Autorinnen führten in den vergangenen Monaten eine Untersuchung durch, die „der Entwicklung eines nachhaltigen Modehauses für Modeschaffende in Berlin dienen soll.“
Weiter heißt es in der Pressemitteilung:
„Hierzu wurden 140 unabhängige Labels, Produzenten, Experten und Netzwerke des Berliner Modeökosystems sowie Projektentwickler, Vertreter von Hochschulen, Agenturen und Modeinstitutionen befragt, um ein möglichst umfassendes Bild der derzeitigen Lage und zu den Bedarfen zu erhalten. Zusätzlich wurden Best-Practice-Beispiele, vorhandene Studien, die aktuelle Situation der Berliner Mode und die stadträumliche Dimension betrachtet, die als Ergebnisse mit in die Analyse einfließen.“
„Die wichtigste Erkenntnis hieraus ist, dass es in Berlin zwar viele Modeschaffende, Orte und Projekte gibt, aber keinen zentralen und
unabhängigen Ort, der alle aufnimmt und als Katalysator fungiert.
Berlin könnte als nachhaltige Modestadt Bedeutung erlangen, wenn die
verschiedenen vorhandenen Ansätze an einem zentralen Standort
zusammengeführt werden. Parallel sollte dieser Ort digital entstehen.
Hierbei müssen innovationstreibende Inhalte gleichermaßen wie konkrete
unterstützende Angebote für die Modeschaffenden berücksichtigt werden.
Über die Bedarfsanalyse konnten die Bezirke sehr genau herausfiltern,
welche konkreten Angebote die Modeschaffenden in Berlin derzeit konkret
benötigen, um ihr Unternehmen zu festigen und sich weiter zu entwickeln.“
Das Autor-Team folgert:
„Der größte Bedarf betrifft die Themen Nachhaltigkeit und Zukunftsorientierung, gemeinsame Infrastruktur, Vernetzung, Coachings,
Beratungen und Forschung.
Sichtbarkeit und verkaufsfördernde Instrumente, wie z. B. ein Showroom,
spielen eine große Rolle.“
Die Bedarfsformulierung wird dann um einen Wunschkatalog ergänzt:
„Auch junge Talente von den Berliner Hochschulen und den Modeschulen sollen die Plattform nutzen können. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich der Produktion. Es gibt eine große Nachfrage für einen Maker-Space, nach Arbeitsplätzen mit branchenspezifischer Software, einem Fotostudio sowie Professionalisierungsangeboten.
Da Modedesigner wie alle Kreative nicht in verschlossenen Räumen
arbeiten, sondern Inspiration aus der breiteren Gesellschaft brauchen,
sollen weitere urbane Funktionen in ein Modehaus integriert werden, die
nicht direkt mit Mode zu tun haben, aber auch für die Akteure der
Modewirtschaft relevant sind: Restaurant, Yogastudio, Kinderbetreuung,
usw.
Ein starkes Place-Branding, kontinuierliche, lokale – aber auch
internationale – Netzwerke und starke Partnerschaften in den Bereichen
Forschung, Design, Produktion und Verkauf sind hierbei essentiell, um
zukunftsfähig zu werden.“
Die Studie ist aus Befragungen abgeleitet, die Bedarfsanalyse hebt auf eine standortpolitisch gewünschte Zentren- und Plattform-Bildung mit einem „Modehaus“ ab, die vor allem Beratungsstrukturen in der Produktion stärkt. Hier kommt ein Übergewicht der “Berater-Perspektiven“ zum Ausdruck.
Unverständlich ist, warum man nicht auf stärkere Vernetzung mit Vermietern (z.B. PopUp-Shops, Shop-in-Shop) setzt. Auch die Chancen der Geschäftsstraßen (z.B. Schönhauser Allee, Neue Schönhauser Straße, Friedrichstraße) eine stadträumliche Fokussierung im „Absatzmarkt“ sind nicht in den Blick genommen worden.
Die Konkurrenz-Situation mit der Messe Frankfurt und der Abwanderung von wichtigen Akteuren der Berlin Fashion Week ist nicht angesprochen.
Die aktuellen Folgen der Pandemie, die den Handel und die Label trifft konnten nicht angesprochen werden. Die Tragfähigkeit der Modebranchen in der „Post-Corona-Stadt“ muss ganz sicher neu analysiert werden — wobei die Absatzfinanzierung den zentralen Engpass darstellt.
Zu aktuellen Trends im E-Commerce und den weltweiten Folgen im Modehandel und den Krisen bei rennommierten Marken sagt die Studie nichts aus. Das ist anzumerken, weil wichtige Berliner Innovationen in der Studie nicht aufgegriffen wurden.
Für eine effektive Wirtschaftsförderung im Bereich „Kreativ-, Design- und Modewirtschaft“ ist die Studie nicht umfassend genug angesetzt worden.
Weitere Informationen:
BEDARFSANALYSE DER MODEWIRTSCHAFT
in den Bezirken Pankow und Mitte – PDF-Download