/// Kommentar /// – Die Internetseite der IG City Weißensee e.V. ist offline. Die einzig einigermaßen funktionierende Geschäftsstraßen-Gemeinschaft in Pankow macht damit ihre Krise offenbar. Die größte Errungenschaft der IG City Weißensee: die alljährliche Finanzierung der Weihnachtsbeleuchtung der Berliner Allee. Im Marketing hat die IG City Weißensee e.V. nie richtig funktioniert, denn streng genommen gibt es keine „City Weißensee“. Es handelt sich eher um ein rustikales Mißverständnis, und eine folkloristische Hinterzimmer-Fiktion ambitionierter Lobbyisten aus Heimatverein, Kommunalpolitik und wirtschaftlichen Eigeninteressen.
Notwendigkeiten im Stadtmarketing wurden mißachtet, und vor allem der hohe Filialisierungsgrad wurde außer Acht gelassen. Wieso sollten etwa große Handelsunternehmen eine fiktionale Marketing-Idee aufnehmen und unterstützen, wenn sie noch nicht einmal bei Google-Maps als geografischer Begriff verankert ist?
Inzwischen ist die gesamte Berliner Allee unter Aufwertungsdruck. Häuser wechselten zu Höchstpreisen den Besitzer. Auch arabische „Investoren“ sind darunter. Bis zum Jahresende werden weitere Mietverträge auslaufen. Wettgeschäfte, Friseurgeschäfte und Nagelstudios werden dem stationären Einzelhandel nachfolgen. Aber auch Leerstand droht.
Den ehrenamtlichen Vorstand der IG City Weißensee e.V. trifft keine direkte Schuld – man ist eher zermürbt, von einer Aufgabe, die auch einen professionellen Geschäftsstraßen-Manager überfordern würde.
Die Ursachen haben mehr mit Kommunalpolitik zu tun, und mit dem Ringen um Einflußgebiete zwischen SPD und CDU, bei dem auch nicht vor Diskriminierung und Fouls zurückgeschreckt wird.
So haben etwa die Organisatoren des Blumenfestes Parteien den Stand verweigert. Umgekehrt scheint die SPD lieber den Kampf gegen Rechts zu pflegen, und lässt das traditionelle Blumenfest hängen, das von Protagonisten der CDU organisiert wurde.
Die Gesamtlage in der Berliner Allee ist grundhaft verfahren, und kann auch nicht mehr mit ehrenamtlichen Ressourcen von Einzelhändlern bewältigt werden.
Ökonomisch geht längst die Entwicklung über die „City Weißensee“ hinweg. Viele Neubürger orientieren sich neu, nutzen lieber das Smartphone, als shoppen zu gehen.
Der demografische Wandel lässt aus Lokalpatriotismus nur noch nostalgische Gefühle werden. Immobilien-Spekulation und höherwertige Wert- und Zielvorstellungen von Investoren sorgen für hohen Mietendruck – und für das Verschwinden alteingessener Händler.
Der Revolution im Online-Handel hat man nun in der Berliner Allee praktisch nichts entgegen zu setzen. Von 41 Millionen Haushalten in Deutschland haben inzwischen 17,3 Millionen Haushalte ein Amazon-Prime-Abo. Daneben sind aber auch noch Otto, Zalando und alle großen Handelsunternehmen mit ihren Omnichannel-Strategien aktiv. Und die Lieferdienste von REWE, Bringmeister und Durstexpress bedienen heute auch die kaufkräftigen Kunden der älteren Generation.
Erkennbar war diese Entwicklung schon zu Zeiten von Bürgermeister Matthias Köhne (SPD), doch seitdem hat es in Pankow keine funktionierende moderne Wirtschaftsförderung oder gar ein Stadtmarketing gegeben.
Auch der Eigentümer-Mix verändert sich. Aus einem Ladenlokal in attraktiver Lage wurde ein Wettlokal, das nun unter dem Einfluss
einer arabischen Großfamilie steht.
Nun sind auch die Immobilien-Investoren in der Mitverantwortung, denn ein wachsender Leerstand und Downtrading-Prozesse bedeuten Mietausfälle und Wertverlust. Die hervorragend durch öffentlichen Nahverkehr erschlossene Berliner Allee kann nur als Geschäftsstraße funktionieren, wenn die TRAM nicht zum „Fluchtfahrzeug“ wird, ins benachbarte Prenzlauer Berg, oder zum Alexanderplatz.
Die Frage nach der Finanzierung der Weihnachtsbeleuchtung der Berliner Allee wird möglicherweise zum Wendepunkt: ein neu zu wählender Vorstand für die IG City Weißensee e.V. muss erst gefunden werden. Doch das Einsammeln der Spenden für die Weihnachtsbeleuchtung ist jedesmal harte Arbeit, die auch eine notwendige inhaltliche und werbliche Neu-Positionierung der Berliner Allee verhindert.
Die Finanzierung der Weihnachtsbeleuchtung der Berliner Allee ist jetzt eine Allgemeinaufgabe. Auch der Einzelhandelsverband unter Leitung des Pankower Ex-Bürgermeisters Nils Busch-Petersen, muss den kleinen Einzelhändlern in Berlin zur Seite springen:
„Nicht nur große Filialisten, sondern auch Amazon, Otto und Zalando müssen für die Finanzierung der Weihnachtsbeleuchtung in der Berliner Allee (und anderen Berliner Geschäftsstraßen) angemessene Beiträge leisten. Sonst findet auch die Weihnachtsbeleuchtung künftig nur noch auf Smartphones statt!“