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Europa – Asien – Afrika: „One belt, One road“

YIWU-LONDON TRAIN erreicht London

Der 18. Januar 2017 war ein weiterer großer Meilenstein in der vom chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping angestoßenen Seidenstraßeninitiative OBOR („one belt, one road“). Eine Lokomotive der Deutschen Bundesbahn der YIWU-LONDON-BAHN durchtrennte das Zielbanner der 12.000 Kilometer langen Eisenbahnverbindung zwischen Yiwu und dem Barking Euroterminal in London. Chinas erster direkter Frachtzug kam in London an. Der Zug hatte Yiwu am Neujahrstag verlassen, und durchfuhr während seiner 17-tägigen Fahrt neun Länder, einschließlich Kasachstan, Russland, Deutschland und Frankreich.

Damit ist die derzeit kosteneffizienteste Frachtverbindung auf dem Landweg zwischen China und ganz West-Europa hergestellt.

 

Das Ereignis wurde in China live übertragen, die deutschen und europäischen Medien haben darauf bisher nur zurückhaltend berichtet.

Chinesische Seidenstraßeninitiative OBOR versus Trans-Pacific Partership (TTP) der USA

Die chinesische Seidenstraßeninitiative OBOR wird als gigantisches Infrastrukturnetzwerk zu Lande und zu Wasser entwickelt, das künftig Eurasien und Afrika stärker zusammenführen soll. Das Infrastrukturnetzwerk ist dabei flexibel, inklusiv und auf globale Zusammenarbeit ausgerichtet. Im Oktober 2013 hatte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping die Initiative in der Nazarbayev Universität in der kasachischen Hauptstadt Astana vorgestellt, und die Idee mit dem künftigen wirtschaftlichen Schicksal Eurasiens verbunden. Xi Jinping reiste danach nach Indonesien, um die Kooperation der südostasiatischen Staaten zu der Seidenstraßeninitiative einzuladen.

Die chinesische Seidenstraßeninitiative hat zwei Hauptkomponenten: der landbasierte „Silk Road Economic Belt“ mit dem Rückgrat von Eisenbahnlinien und Infrastrukturen – und die Seeverbindungen und Container-Häfen der ozeanübergreifenden „Maritime Silk Road“. Die Seeverbindungen haben Häfen in China, Pakistan, Kenia und Südostasien. Der griechische Hafen Piräus wird die nächstgelegene europäische Anknüpfung an die Maritime Seidenstraße.

Wirtschaftspolitisch hat die chinesische Initiative die USA zu der eigenen Transpazifischen Freihandelsinitiative (Trans-Pacific Partnership TTP) herausgefordert, die mit dem Amtsantritt von Präsident Donald J. Trump per Dekret wieder aufgekündigt wurde.

Gemessen an den bereits heute bestehenden Handelswegen schafft China damit die globalen Voraussetzungen für den weltgrößten eurasischen „Binnenmarkt“ – bei dem alle ökonomischen und logistischen Skalierungsvorteile liegen.

China Railways - Longhai-Linie
Zwei Güterzüge der China Railways treffen sich auf der Longhai-Linie bei Yuanlong, zwischen Tianshui und Baoji, China. Beide Züge werden von Lokomotiven des Typs HXD1 gezogen. Foto: David Gubler CC-BY-SA 4.0

China mit dem dichtesten Eisenbahnnetz Asiens

Die Eisenbahnverbindung wurde sehr langfristig geplant und entwickelt und seit dem achten Fünfjahresplan intensiviert, der 1991 in Kraft trat und die Infrastruktur im Bereich „Energie und Transport“ als Schwerpunkt modernisieren sollte. Das chinesische Eisenbahnnetz wurde seitdem zum dichtesten Eisenbahnnetz Asiens ausgebaut.

Ab 2004 wurde auch mit dem Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnnetzes begonnen. Das China Railway High-Speed (CRH) ist der chinesischen Staatsbahn unterstellt und sieht rund 13.000 km Strecken für Geschwindigkeiten über 200 km/h vor.
Das chinesische Eisenbahnnetz wird so auf modernsten Stand gebracht, der Güterverkehr findet in China auf den meisten Bahnstrecken statt, und läuft bei den Schnellverbindungen in der Regel parallel zum Personenverkehr.

Im April 2014 wurde die Verbindung durch den Iran in Betrieb genommen. Am 09.12.2014 erreichte auch der erste YIWU-MADRID-TRAIN den Container-Terminal in Madrid-Abroñigal, und stellte mit über 13.000 Kilometen die weltweit längste Eisenbahnverbindung zwischen Ostchina und Westeuropa her.

First YIWU-MADRID-TRAIN
First YIWU-MADRID-TRAIN am 9.12.2014 – Screenshot YouTube

Drei Jahre nach dem Start der strategischen Seidenstraßeninitiative

Nur drei Jahre nach Start der Seidenstraßeninitiative haben die chinesischen Kooperationen und Investitionen gewaltig an Fahrt aufgenommen. Allein im ersten Halbjahr 2016 wurden mehr als 4.000 Projekte und Kontrakte in 60 Ländern gestartet. In den nächsten beiden Videos kann man sich einen Einblick verschaffen, und den Umfang der Investitionen und die gewaltigen Dimensionen der Seidenstraßeninitiative OBOR erfassen.

Für China ist die historische Bedeutung der alten Seidenstraßen ein wichtiger Bestandteil des heutigen Selbstverständnisse, das die gewaltigen Anstrengungen antreibt. Die Begründung der alten chinesischen Geschichte, die bis in die Tang-Dynastie reicht, und einen Austausch mit Ägypten und den arabischen Ländern belegt, zeigt auch einen wirtschaftlich-kulturellen Führungsanspruch auf. Noch bevor Jahrhunderte später Marco Polo China betrat, waren die alten Seidenstraßen bewährte Handelswege.

 

 

In der sechsteiligen TV-DOKUMENTATION des China Global Television Network (CGTN) über die „One Belt One Road“ Initiative wird auch die Strahlkraft der Vision für alle Nachbarstaaten und Kooperationspartner vermittelt, die Wohlstand und Prosperität verspricht (Links siehe unten unter „Weitere Informationen“). Doch die optimistischen Grundtöne dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch knallharte ökonomische Interessenpolitik damit verfolgt wird.

Die ökonomischen Gesetzmässigkeiten von gesicherten Rohstoffzugang, billigen Arbeitskräften und großen weit skalierbaren Produktionen und sehr großen Absatzmärkten zwingen praktisch alle globalen Partner dazu, eigene strategische Positionierungen und stabile wirtschaftliche Strategien aufzustellen.

Geostrategische Bedeutung der Seidenstraßen-Initiative Chinas (OBOR)

Thomas Wrießnig, Vizepräsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Pankow erörtert in einem aktuellen Arbeitspapier die geostrategische Bedeutung der Seidenstraßen-Initiative Chinas, und rät zu politischen und wirtschaftlichen Schlußfolgerungen in Europa.

Wrießnig sieht auch die gemeinsame Interessanlagen: „Europa teilt im Grundsatz das chinesische Interesse an einem stabilen Umfeld für den eurasischen Handelsaustausch. Auch in Afrika kann das gemeinsame Interesse an einer Stabilisierung des Kontinents Anknüpfungspunkt für eine punktuelle Zusammenarbeit mit China sein.“

Er betont jedoch die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Antwort:

„Die EU hat auf dem EU-China-Gipfel im Juni 2015 in Brüssel eine gemeinsa-me Konnektivitätsplattform mit Peking ins Leben gerufen. Hier soll eine Abstimmung der beiderseitigen Interessen beim Ausbau der Infrastruktur erfolgen. Wo die chinesischen Pläne europäischen Konnektivi-tätsinteressen zuwiderlaufen, gilt es gegenzuhalten. Das setzt allerdings ein einheitliches abgestimmtes Vorgehen auf europäischer Seite voraus. Erliegen schon die großen EU-Mitgliedstaaten zunehmend dem chinesischen Hang zum Bilateralismus, gilt das umso mehr für die institutionalisierte Zusammenarbeit der kleineren mittel-und osteuropäischen Staaten im Rahmen des 16+1-Prozesses. Hier drohen sich Abhängig-keiten herauszubilden, die ein einheitliches EU-Vorgehen zunehmend erschweren.
Gemeinsame EU-Standards und -Normen dürfen bei Investitionsprojekten mit chinesischen Partnern nicht über Bord geworfen werden; auch dürfen die Projekte einer harmonisierten Gesamtplanung, etwa zum eu-ropäischen Verkehrswegenetz, nicht zuwiderlaufen. Europäischen Vorgaben bei der Arbeitssicherheit ist genauso Rechnung zu tragen wie den Regeln für eine europaweite Ausschreibung von Projekten. Wo die Interessenlage von EU und China übereinstimmt und Synergien genutzt werden können, sollte sich Europa hingegen dem chinesischen Angebot öffnen, zumal China geneigt ist, auch bei der Finanzierung erhebliche Beiträge zu leisten.“

In Richtung Europa geht es Peking vor allem um den Ausbau der Transportinfrastruktur auf dem Landweg über Zentralasien und Russland, auf dem Seeweg durch den Indischen Ozean und den Suezkanal. Ein Ab-zweig nach Afrika soll die mit chinesischer Hilfe im Aufbau befindliche Verkehrsinfrastruktur Afrikas an den eurasischen Gürtel anbinden. In Europa kann China an bereits bestehende Transportverbindungen wie die Eisenbahnverbindung von China nach Duisburg, Europas größtem Binnenhafen, anknüpfen

Weitere Informationen:

Bundesakademie für Sicherheitspolitik Ausgabe 4/2017
Die geostrategische Bedeutung der Seidenstraßen-Initiative Chinas (OBOR) – PDF-Link

TV-DOKUMENTATION von China Global Television Network (CGTN)

CGTN: One Belt One Road Documentary Episode One: Common Fate – Link

 

CGTN: One Belt One Road Documentary Episode Two: Road of Connectivity – Link

CGTN: One Belt One Road Documentary Episode Two: Energy Ties – Link

CGTN: One Belt One Road Documentary Episode Four: Road to Prosperity – Link

CGTN: One Belt One Road Documentary Episode Five: Finance and Connectivity – Link

CGTN: One Belt One Road Documentary Episode Six: Building Dreams – Link