Montag, 07. Oktober 2024
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Regenwasser-Revision in Berlin! — Künftig Nutzung & Rückhalt vor Ableitung

Vorfluter

Die Berliner Wasserbetriebe überprüfen alle Einleitungen von Niederschlagswasser in Berlin.
In Briefen an mehr als 270.000 Abwasser-Kund:innen kündigen die Berliner Wasserbetriebe an, Tausende Einleitungen von Niederschlagswasser in die Kanalisation zu überprüfen.

Ziel ist es, die Verdunstung, Versickerung oder andere Nutzung auf den Grundstücken zu erweitern, um den Folgen des Klimawandels robuster begegnen zu können.

Die zunehmende Verdichtung und Versiegelung der Stadt und der Klimawandel verstärken sich gegenseitig. Im Sommer häufen sich deshalb lange trockene Hitzeperioden. Gleichzeitig häufen sich Starkregen-Ereignisse, weil eine warme Atmossphäre auch mehr Wasserdampf mitführt, der bei Abkühlung sehr schnell und intensiv kondensiert und abregnet.
Deshalb muss konsequent und langfristig der Wasserhaushalt der Metropole Berlin verändert werden: die Stadtoberflächen müssen mehr Regenwasser aufnehmen und speichern können. — Wegen langer Dürre- und Trockenperioden muss das wertvolle Niederschlagswasser besser genutzt werden.

Die bisherigen Richtlinien zur Gebäude- und Grundstücksentwässerung müssen verändert werden: statt der schnellen Ableitung von Niederschlagswasser, gilt künftig die Regel: „Regenwasser nutzen und rückhalten — vor Ableitung!“

Klimaanpassung: Wasserhaushaltsbilanz der Metropole verbessern
Der in der Gesamtbilanz zu spärliche Regen in unserer Region wird für die Pflanzenwelt, Grünflächen, Bäume und Parks benötigt, die das Stadtklima ausgleichen und im Sommer abkühlen. Im Boden gespeichertes Niederschlagswasser kann darüberhinaus auch das Grundwasser anreichern.
Das Konzept der „Schwamm-Stadt“ schützt künftig auch vor den negativen Folgen von Starkregenfällen

  • Überschwemmungen werden vermieden und Mulden und Rigolen abgefangen,
  • der Rückstau in Kanälen wird durch Stauraumkanäle entschärft
  • Oberflächen-Abfluß und Einspülungen von Schadstoffen, Zigarettenkippen und Schmutz wird vermieden.

Das neu Leitbild der „Schwammstadt Berlin“ hat einen echten Paradigmenwechsel bewit. Regenwasser wird neu als wichtige Umweltressource entdeckt!

Technische Normen und neue Planungsanforderungen

Bisher bildet die Grundstücksgrenze in Deutschland die Grenze zwischen der Bauordnung und dem öffentlichen Bereich. Die Zuständigkeit der Berliner Wasserbetriebe endete an den Übergabepunkten für Trinkwasser und den Einleitepunkten für Abwasser.

In der „Schwammstadt Berlin“ muss neu geplant und gedacht werden. Das novellierte Wasserhaushaltsgesetz fordert nun, das Regenwasser auf dem Grundstück zu belassen und zu versickern. Die Notwendigkeit der dezentralen Regenwassernutzung wird damit verpflichtend für jeden Grundstücksbesitzer. — Für Neu- und Umbauten auf Grundstücken wurden deshalb Ein- und Ableitgrenzen festgelegt. — Jeder Grundstückseigner muss daher künftig versuchen, den Regenwasserabfluß von seinem Grundstück zu minimieren.

Dies verändert auch perspektivisch die Rechtsbeziehung zu den Berliner Wasserbetrieben, die nun dabei helfen und beraten, die Umstellungsmaßnahmen auch auf dem Grundstück in Gang zu setzen. Die Berliner Regenwasseragentur wurde daher als Beratungsinstitut vor allem für Eigentümer:innen, Planer:innen und Behörden gegründet.

Geltende Technische Normen werden ebenfalls angepasst und müssen den Aspekt dezentrale Regenwassernutzung berücksichtigen:

  • DIN EN 12056 gilt für „Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden“. Hier müssen Abwasser und Regenwasser getrennt geführt werden.
  • Der Anwendungsbereich der DIN EN 752 „Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden“ erstreckt sich auf die Grundstücksentwässerung und die öffentliche Kanalisation bis zum Klärwerk.
  • Die in Deutschland weiter maßgebende Norm DIN 1986-100 gilt nach wie vor für die Gebäude- und Grundstücksentwässerung, das heißt bis zur Grundstücksgrenze.
  • Seit 2002 wird für Grundstücke mit mehr als 800 m² der Nachweis der „Sicherheit gegen Überflutung beziehungsweise einer kontrollierten schadlosen Überflutung“ gefordert.
  • DWA-A 138 „Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser“ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V..
  • ATV-Richtlinien A 127, A 139 und A 142 der Abwassertechnischen Vereinigung e.V..

Mit der Regenwasser-Agentur setzen die Berliner Wasserbetriebe auf das Kooperationsprinzip, das schrittweise Anpassungen erlaubt. Im Einzelfall können jedoch wasserbehördliche Auflagen in Gang gesetzt werden, um Gewässer und Vorfluter als Ableitungssysteme vor Überlastungen zu schützen.

Regenwasser-Revision: Überprüfung der Einleitungen von Niederschlagswasser

Die Berliner Wasserbetriebe prüfen ab sofort Bezirk für Bezirk, ob und auf welcher vertraglichen Grundlage von allen Grundstücken Regenwasser in die Kanalisation eingeleitet wird. So wird im Bereich der Trennkanalisation, also in den Bezirken außerhalb des Berliner S-Bahn-Ringes, immer wieder festgestellt, dass Regenwasser offen oder verdeckt in die dafür nicht vorgesehenen Schmutzwasserkanäle fließt, was diese natürlich schnell überlastet und damit temporär auch zu hydraulischen Einschränkungen des Entsorgungskomforts führen kann.

Diese Regenwassereinleitungen müssen künftig selbstverantwortlich freiwillig rückgebaut und zweckmässig verändert werden — wobei es vorwiegend um landschaftsbauliche Maßnahmen und Flächenentsiegelung geht.

Die Berliner Wasserbetriebe folgen einem großen berlinweiten Projektplan und gehen schrittweise auf die Kund:innen zu. Dabei baut das Unternehmen auch auf die Mitwirkung der Grundstückseigentümer:innen, die gebeten werden, im Vorfeld bereits für sich zu überprüfen, wohin welche versiegelten Flächen ihres Grundstücks entwässern und wie sie die Ziele einer dezentralen Regenwassernutzung künftig auf dem Grundstück selbst umsetzen können.


Weitere Informationen:

Berliner Wasserbetriebe: Regenwassernutzung

Regen als Ressource nutzen: Hinweise und Vorgaben zum Umgang mit Regenwasser für Bauverantwortliche

www.regenwasseragentur.berlin

m/s