In Pankow gibt es 218 öffentliche Spielplätze. Rund 40 Spielplätze sind jeweils teilweise oder ganz gesperrt. Auf etwa 160 Spielplätzen sind einzelne Geräte defekt und schadhaft. Wochenlang, monatelang sind Kinderspielplätze unbenutzbar, von Bauzäunen umstellt. Elterninitiativen gründen sich, und treten an die Stelle der politischen Parteien, die inzwischen offenbar zu schwach sind, um einfache kommunale Pflichtaufgaben konzertiert anzupacken und zu organisieren. Vereine springen ein, doch die Dimensionen verlangen nach einer größeren Lösung.
Es ist eigentlichn eine ganz einfache Rechnung: bei einer mittleren Lebensdauer von rund sechs Jahren bis zur ersten Grundreparatur oder Erneuerung, müßten jährlich rund 36 Spielplätze saniert bzw. neu gebaut werden. Doch Pankow hat nur etwa 1,2 Mio. € jährlich zur Verfügung. Das reicht nur für etwa vier bis fünf vollausgestattete neue Spielplätze. Das entspricht nur etwa 10 Prozent des tatsächlichen jährlich neu auflaufenden Sanierungsbedarfs.
Spielplatzinitiative in Weißensee
Die JA! Spielplatz!! Elterninitiative Weißensee hat 2018 zeitweise viel Druck gemacht und im Herbst mit einem „Bürgerantrag“ in der BVV die offizielle Parteipolitik überholt: „Wiederaufbau und langfristige bauliche Erhaltung der Spielplatzinfrastruktur“ (Drucksache VIII-0491)“.
Demnach soll der Bezirk wieder Spielplatz-Reparatur-Teams aufbauen. Und bis Mitte 2020 sollen alle 33 in Pankow derzeit gesperrten Spielplätze mindestens als Spielflächen freigegeben werden. Bis Ende 2025 sollen 90 Prozent aller Spielplätze in Berlin-Pankow in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzt werden (im September 2018: 24 Prozent).
Peinlich für die Pankower Parteien: eine Weißenseer Elterninitiative erinnert die in der BVV vertretenen Parteien daran, die Pflichtaufgaben der Kommunalpolitik in der Bildungspolitik besser wahrzunehmen.
Spielplatzinitiative in Alt-Pankow
In Alt-Pankow hat sich im Sommer 2018 eine weitere Elterninitiative gegründet, der Verein Kiezinseln e.V., vertreten durch Christoph Weyl und Anke Tiedt. Der Verein hat eine etwa 60 Personen große Initiative auf den Weg gebracht, und dem Bezirksamt Unterstützung zugesagt. Zunächst sollen ganz praktisch beschädigte Spielgeräte abgebaut werden, damit wenigstens die Fläche zum Spielen genutzt werden kann. Dies konnte auch schon in Angriff genommen werden und wurde mit Mitteln des Bezirks und durch Spenden ermöglicht. Zukünftig soll auch für neue Spielgeräte gesammelt werden.
Online-Umfrage zu Spielplätzen
Unter dem Motto „Spielplätze bewegen“ hatte der Verein Kiezinseln e.V. zu einer Online-Umfrage aufgerufen. Insgesamt 250 Erwachsene, Kinder und Jugendliche hatten sich an der Umfrage beteiligt. Der Pankower Verein präsentierte im Dezember, kurz vor Weihnachten, die Umfrageergebnisse.
„Die meisten Kinder wollen auf den Spielplatz – auch im Winter. Deshalb ist ihnen am wichtigsten, dass die gesperrten Spielplätze schnell öffnen“ sagte Anke Tiedt vom Kiezinseln e.V.. „Zum Spielen sind vorerst auch freie Flächen akzeptabel. Natürlich werden auch altersentsprechende Spielgeräte und viel Natur gewünscht“.
Christoph Weyl von Kiezinseln e.V. ergänzte: „Überrascht hat uns die unaufgefordert große Resonanz zum Thema Verkehr: Die Pankower Familien wollen viel mehr Verkehrsberuhigung für sichere Wege zu Spielplätzen und Schulen“.
Der Verein übergab die Wünsche am Freitag, dem 21. Dezember an Pankows Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste, Vollrad Kuhn (Bündnis 90/Grüne). Kuhn sagte:
„Ich freue mich sehr über das Engagement des Kiezinseln e.V. und bedanke mich herzlich für die Arbeit, die sie in ihre Umfrage gesteckt haben. Zusammen mit Beteiligungsaktionen bei konkreten Spielplatzplanungen sind die Ergebnisse für uns sehr hilfreich, um bei der Sanierung der Pankower Spielplätze zielgerichtet vorzugehen und diese an den Bedürfnissen der Pankower Kinder und Eltern zu orientieren.“
Der Verein präsentiert die Auswertung seiner Umfrage auf der Internetseite www.kiezinseln.berlin.
Kooperationsvereinbarung mit dem Bezirk Pankow
Mit einem Kooperationsvertrag zwischen Kiezinseln e.V. und dem Bezirksamt Pankow erhält die ehrenamtliche Unterstützung der Elterninitiative eine formelle Basis. In dem Papier wird u.a. auch die Verwendung zweckgebundener Spenden für direkte Zwecke geregelt.
Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit steht zunächst der Dusekespielplatz. Im Rahmen der Kooperation mit dem Bezirk lädt der Verein Kinder und Eltern im Januar zu einem Beteiligungsworkshop ein: Termin: 23.01. um 16:30 Uhr in der Kita Pankower Wichtel.
Spielplatz-Outsourcing in Pankow
Stadtrat Kuhn führt auch in diesem Kernbereich kommunaler Pflichtaufgaben Personalmangel als Grund an, weshalb man der Entwicklung hinterher hängt. „Man müsste 40 bis 50 Millionen Euro in die Hand nehmen, um Abhilfe zu schaffen“, rechnete Kuhn gegenüber der Berliner Morgenpost (26.09.2018) vor.
Das Problem: allein die Erneuerung von jährlich 36 Spielplätzen zu je 300.000 € kostet das Zehnfache der heute im Pankower Haushalt alljährlich eingestellten Investitionsmittel: rund 10,8 Mio. €.
Um das Geld zu verbauen könnte der Bezirk auch direkt freie Landschaftsarchitekten mit Projektsteuerung und Planung beauftragen, ohne erst auf eigenen Personalaufbau zu setzen. Da der Markt für Fachpersonal weitgehend leergefegt ist, sollte dieser Weg auch unverzüglich schritten werden. Denn jeder Monat Zuwarten erhöht den Sanierungsbedarf, und vergrößert die Not.
Geld ist übrigens genug um Umlauf, nur ist es falsch etatisiert. Es fehlt ein berlinweites Spielplatz-Sanierungsprogramm für fast 800 sanierungsreife Spielplätze in allen Bezirken.
Im SIWANA-Fond Berlins sind zweistellige Millionen-Beträge für Projekte reserviert, die auf die Zeit nach 2022 verschoben wurden. Der Bund hat derzeit rund 25 Millarden Euro nicht ausgeschöpfte Investitionsmittel. Und im Budget der Europäischen Union schlummern auch noch mindestens 23 Milliarden Euro nicht ausgeschöpfte Fördermittel.
Klar ist auch: „ehrenamtliches Outsourcing“ von Elterninitiativen kann Minder- und Schlechtleistungen von Politik und Kommunalpolitik nicht auf Dauer kompensieren. Ein Programm zur Verstetigung der kommunalen Investitionshaushalte muß aufgelegt werden. Das Beispiel Dusekespielplatz zeigt auch: Spielgerätefirmen sind selbst in der Lage, zusammen mit Elterninitiativen zu planen, sodass nur noch mehr Kreativität in der Finanz- und Mittelbereitstellung in Gang zu setzen ist. Eine Kernaufgabe, weshalb Parteien normalerweise gewählt werden!