Von Michael Springer
Acht Jahre unendliche Geschichte gehen weiter … .
Von Sommer 2012 bis Frühjahr 2014 tagte die erste Werkstatt zur Entwicklung des Rangier- und Güterbahnhofs Pankow. Das erste Werkstattverfahren wurde am 14. Januar 2014 mit einer Klausurtagung abgeschlossen. Die städtebaulichen Varianten »Grünes Band«, »Granitzpassage« und »Krieger Skizze«fassen die Diskussionsergebnisse der Werkstatt in städtebaulichen Skizzen zusammen. Am 7. Oktober 2014 gab es dann schon 21 Pläne zur Gestaltung des städtebaulichen Vorhabens „Pankower Tor.“
Im Jahr 2016 wurden die Verhandlungen zur Nachnutzung des ehemaligen Rangierbahnhofs Pankow mit dem Städtebaulichen Rahmenvertrags für das Pankower Tor am 16.September 2016 abgeschlossen.
Am 25.April 2018 wurde die nächste städtebauliche Grundsatzvereinbarung zum Pankower Tor unterzeichnet.
Im selben Jahr hat der Investor Krieger Handel SE einen eigenen Bürgerdialog veranstaltet und vom 23. November bis 23. Dezember 2018 eine Online-Beteiligung mit knapp 3.000 Beteiligten Nutzern durchgeführt. Ergebnis war die „Auswertung des ersten Bürgerdialogs“ durch die vom Investor beauftragte Agentur Zebralog.
Das Plangebiet für das Gesamtvorhaben „Pankower Tor“ erstreckt sich dabei ausschließlich auf die vom Investor KGG erworbenen gelb markierten Grundstücksflächen laut „Eigentümerplan-KGG“.
Der Umgang und die Nutzung des denkmalgeschützten, vom Verfall bedrohten Rundlokschuppen und den Bauten des ehemaligen Bahnbetriebswerks ist noch offen. Neben der verwaltungsgerichtlich angeordneten baulichen Sicherung des Rundlokschuppens gibt es noch kein Zukunftskonzept für den Geländeteil östlich des S-Bahnhofs Pankow-Heinersdorf. Besonders problematisch: die städtebauliche Anbindung des
S-Bahnhofs Pankow-Heinersdorf ist völlig offen. Eine Einbindung der DB AG als Grundstückseigentümer des zugehörigen Bahngrundstücks ist nach nunmehr acht Jahren Planverfahren nicht erfolgt. Für ein notwendiges Planfeststellungsverfahren für eine geplante Tram-Linie nach Weißensee fehlt damit die grundstücksrechtliche Zustimmung und Planungsgrundlage. Zugleich fehlen damit wichtige Voraussetzungen für das notwendige Bebauungsplanverfahren, weil Grundsätze der Bauleitplanung (§1 Bau GB) mißachtet werden und öffentliche und private Belange nicht ausreichend gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind.
Der Bezirk Pankow macht dabei keine gute Figur, denn die städtebauliche Planungshoheit liegt offenbar mehr beim Investor. Dies ist auch schon der Architektenkammer Berlin im Februar 2019 aufgefallen.
… die Fortsetzung der Geschichte … .
Am 11. Dezember 2020 startet das Workshop-Verfahren am Pankower Tor – Pressemitteilung Bezirksamt Pankow vom 04.12.2020 – Originaltext
„Am Pankower Tor geht es voran. Mit dem Start des Workshop-Verfahrens
wurde nach intensiven Abstimmungen nun ein weiterer wichtiger
Meilenstein erreicht. Das mehrstufige Verfahren bildet die Grundlage für
die Entwicklung des ehemaligen Rangierbahnhofs Pankow zu einem urbanen neuen Stadtquartier. Auf dem Grundstück der Firma Krieger Handel SE entstehen in den kommenden Jahren circa 2.000 Wohnungen (30 Prozent davon mietpreis- und belegungsgebunden), Einzelhandel, Büros, Kindertagesstätten, eine Grundschule, öffentliche Parks und Spielplätze.
Die geplante Radschnellverbindung „Panke-Trail“ und die neue Straßenbahnverbindung zwischen Pankow und Weißensee werden in der
Planung berücksichtigt.
Sören Benn, Bezirksbürgermeister des Bezirks Pankow: „Mir ist wichtig,
dass es ein abwechslungsreiches, an Pankower Baukulturen anknüpfendes
Quartier wird, Urbanität mit Luftigkeit verbindet, quirliges Leben wie
Ruhe- und Grünzonen bereithält. Es soll zeigen, dass Großstadt auch
autoarm und ökologisch nachhaltig gut funktionieren kann. Es soll als
Eingang zum Pankower Zentrum auch einen Beitrag zur Attraktivierung des alten Ortskerns leisten. Ich fände es gut, wenn so etwas bei dem
Workshop-Verfahren herauskommen würde.“
Vollrad Kuhn, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste:
„Ich freue mich sehr, dass wir die Vorbereitung zum Workshop-Verfahren nun erfolgreich abschließen konnten. Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Mitarbeiter:innen, die diesen Prozess so intensiv unterstützt haben. Besonders wichtig für das weitere Verfahren ist meiner Ansicht nach, dass die Erarbeitung eines ökologischen Gesamtkonzepts und deren Umsetzung in einem entsprechenden Stufenkonzept die Planungsgrundlage wird.“
Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen: „Die
Auslobung des Wettbewerbs ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg
zur Realisierung des neuen Stadtquartiers am Pankower Tor. Er bildet die
Grundlage für das Masterplanverfahren und damit für die Erarbeitung
eines Bebauungsplans, der das seit Jahrzehnten brachliegende Gelände aus
dem Dornröschenschlaf weckt. In den kommenden Jahren wird hier ein
urbanes, gemischtes Quartier mit Wohnen, Flächen für Gewerbe, einem
hohen Grünanteil und den im kinderreichen Bezirk Pankow dringend
benötigten Schulplätzen entstehen. Das ist ein großer Erfolg. Ich
bedanke mich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bei allen
Beteiligten in den Verwaltungen und ganz besonders auch beim
Vorhabenträger.“
Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: „Das
neue Quartier Pankower Tor könnte ein weit über die Stadtgrenzen hinaus
inspirierendes Modellprojekt für die Mobilität des 21. Jahrhunderts
werden: Die ÖPNV-Angebote mit der Straßenbahn sowie dem nahen Anschluss an den U- und S-Bahnhof Pankow sind sehr attraktiv. Für Radfahrende werden mit dem neu zu bauenden Radschnellweg Panke-Trail und einem riesigen Fahrradparkhaus ganz neue Angebote und Perspektiven geschaffen. Es kommt jetzt auf zukunftsweisende, klimafreundliche Entwurfsvarianten aus dem Workshop-Verfahren an, damit aus dieser Idee auch Wirklichkeit werden kann.“
Kurt Krieger (Krieger Handel SE): „POW, Schulen, Verkehr, Mobilität,
Einkaufszentrum, Wohnungen, Kreuzkröte, Zauneidechse, Panke-Trail,
Fahrradparkaus und um noch vieles mehr haben wir in den letzten zwölf
Jahren mit dem Bezirk und dem Senat gerungen. Nun sehen wir mit dem am 11.12.2020 beginnenden Workshop-Verfahren Licht am Ende des Tunnels. Wir sind stolz darauf, dass wir immer den Rückhalt aller Parteien im Bezirk hatten. Wo findet man schon über zwölf Jahre hindurch eine
Allparteienmehrheit? Uns allen ist nun aber klar: Wenn die Ergebnisse
des Workshop-Verfahrens vorliegen, steht der Projektrealisierung nichts
mehr im Wege. Wir gehen von einem zügig durchzuführenden
Bebauungsplanverfahren aus. Alle wesentlichen Parameter, wie Verkehr,
Flora und Fauna, Einzelhandel u.a. sind in den letzten Jahren schon
intensiv bearbeitet worden. Wir freuen uns auf den neuen Pankower Kiez
und seine neuen Bewohner!!“
Das Workshop-Verfahren startet am 11. Dezember 2020 mit dem Versand der Auslobungsunterlagen an die sechs teilnehmenden Planungsteams. Diese sind ASTOC Architects and Planners GmbH (Köln), Nöfer Gesellschaft von Architekten mbH (Berlin), Blocher Partners (Stuttgart), Tchoban Voss
Architekten (Hamburg Berlin Dresden), 03 Architekten GmbH (München)
sowie Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH (München). Die Büros
können Teams mit Fachplanungsbüros ihrer Wahl (insb. Landschafts- und
Verkehrsplanungsbüros) bilden.
Das Workshop-Verfahren wird in mehreren Stufen von der städtebaulichen
Gesamtkonzeption bis hin zu architektonischen Vertiefungen durchgeführt.
In einem ersten Zwischenkolloquium im Februar werden der Jury erste
Ideen und Lösungsansätze präsentiert. Unmittelbar im Anschluss gibt es
für interessierte Bürgerinnen und Bürger im Rahmen von diversen
Beteiligungsformaten die Möglichkeit, über die Vorschläge zu
debattieren.
Die Ergebnisse der Beteiligungsformate fließen in die weiteren
Planungen ein. Mitte Juni werden die Verfahrensergebnisse dann nach der
Juryentscheidung in einer öffentlichen Informationsveranstaltung
bekanntgegeben.“ – Ende der Pressemitteilung –
… die kommende Planungszukunft … .
Mit der Auswahl der qualifizierten und renommierten Architektenbüros wurden städtebauliche Entwürfe in einem „Workshopverfahren“ in Auftrag gegeben. Im Normalfall eines städtebaulichen Entwicklungsvorhabens mit über 500 Mio. Euro Gesamtvolumen wäre eigentlich ein verbindlicher „städtebaulicher Wettbewerb“ nach Richtlinien für Planungswettbewerbe RPW 2013 angemessen. Nach 8 Jahren Vorlauf wäre das wohl auch eine Selbstverständlichkeit. Offenbar gibt es aber noch noch immer grundlegende Unsicherheiten über den Umgang mit dem städtebaulich höchst anspruchsvollen Grundstück und seinen Erschließungen und seinem ambitionierten und im Detail konfliktreichen Bauprogramm.
Es liegt nun in der Hand der Architekten, ob geeignete Entwürfe entstehen, mit denen in eine vorbereitende Bebauungsplanung, ein B-Planverfahren und in eine Planfeststellung für die Tramlinien gestartet werden kann.
Das bedeutet: erst im Jahr 2022 wird man Planungssicherheit erlangen können.